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 Die Phönizier


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Preis - Leistungs - Verhältnis
Obwohl die Phönizier in der Antike im Mittelmeerraum eine feste Größe darstellten, sind unsere Eindrücke von ihnen eher von Vorurteilen als von Faktenwissen geprägt, was nicht zuletzt den antiken Quellen zuzuschreiben ist: Im Allgemeinen finden sich in ihnen Darstellungen von betrügerischen, falschen Kaufleuten, nicht selten jedoch gelten sie auch als Kulturbringer. Ganz in das Klischee passt die Figur Epidemais bei "Asterix".
Bärbel Morstadts Buch über die Phönizier befasst sich mit der Geschichte und Kultur dieses bei aller Präsenz schwer zu fassenden Volkes und beginnt dabei mit der "Geschichte der Geschichte", also mit dem Umgang nachfolgender Kulturen, vor allem der unsrigen, mit den Phöniziern. Es folgt ein Abschnitt über Phönizien und seine Macht-, Handels- und kulturellen Zentren wie Tyros und Sidon sowie seine Existenz unter Fremdherrschaften.
Schließlich geht es um phönizische Kolonien außerhalb des eigentlichen Phöniziens, die bekanntlich fast den gesamten Mittelmeerraum umspannten. Der letzte Abschnitt befasst sich mit dem Austausch der phönizischen mit anderen Kulturen: der ägyptischen, jenen des Orients und der hellenischen. Ein umfangreicher Anhang bildet den Abschluss.

Vorurteile zuhauf und eine recht komplexe, schwer durchdringbare Faktenlage, so präsentiert sich die geografisch uneinheitliche phönizische Welt auf den ersten Blick - und auch auf den zweiten und dritten. Der Autorin gelingt es, darzulegen, wie unterschiedlich die verschiedenen zur Verfügung stehenden Quellen wie etwa die Bibel und die gängigen griechischen und römischen Autoren über die Phönizier berichten, sodass es schwerfällt, sich ein objektives Bild von ihnen zu machen. Sofern das überhaupt möglich ist; die Autorin stellt auch heraus, wie sehr Historiker dem jeweiligen Zeitgeist unterworfen sind, wenn sie sich einem Thema annähern.
So bietet "Die Geschichte der Geschichte" einen verblüffend vielschichtigen Eindruck von den mehr oder weniger faktengestützten Erkenntnissen, die sich über die Jahrtausende zu den Phöniziern angesammelt haben, deren kaufmännisches Geschick und Engagement natürlich auch auf Neid stieß, andererseits jedoch durchaus Respekt abnötigte. Immerhin war die von Zeus entführte Prinzessin Europa eine Phönizierin.
Der zweite Abschnitt stellt anhand gesicherter Fakten die wechselhafte Geschichte jenes Volkes vor, das von der östlichen Mittelmeerküste recht rasch bis zum Atlantik siedelte, wobei Karthago eine besondere Rolle zukommt. Diese Siedlungen werden im sich anschließenden Abschnitt detailliert behandelt mit ihrer Bedeutung für die damalige Welt. Im letzten Teil erhält der Leser unter anderem eine Übersicht über die Könige der wichtigsten phönizischen Niederlassungen Byblos, Sidon, Tyros und Arwad; in den vorangegangenen Texten zeigten sich die wechselhaften Geschicke dieser Städte und ihrer Beherrscher: Zum einen waren sie Ausgangspunkte der Expansion nach Westen, zum anderen unterlagen sie immer wieder der Fremdherrschaft, etwa als Teil des neubabylonischen und des achämenidischen Großreiches.
In die Texte eingestreut finden sich etliche Abbildungen, darunter Ortsskizzen sowie Fotos von Ausgrabungsorten, Bauten, Sarkophagen, Statuen und vielem mehr, die eine gute Ergänzung und Veranschaulichung darstellen.

Thematisch schlägt das Werk einen überraschend weiten Bogen und bietet ein unkonventionelles Herangehen an eine Kultur, die in der Geschichtsschreibung immer ein wenig unterzugehen droht. Das Buch ist angenehm zu lesen, auch für Laien, und vermag nebst einer kritischen Hinterfragung der Geschichtswissenschaft als solcher sehr viele Fakten, Zusammenhänge und Eindrücke zu vermitteln.

Regina Károlyi



Hardcover | Erschienen: 2. April 2015 | ISBN: 9783805348782 | Preis: 29,95 Euro | 175 Seiten | Sprache: Deutsch

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