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 Kurt Landauer

Der Mann, der den FC Bayern erfand

Autoren: Dirk Kämper
Verlag: Orell Füssli

Cover
Gesamt +++++
Anspruch
Aufmachung
Preis - Leistungs - Verhältnis
Als der Drehbuchautor und Produzent Dirk Kämper 2009 seine Recherchen für die vorliegende Biografie und den gleichnamigen Film begann, musste er sehr schnell feststellen, dass Kurt Landauer bei den Verantwortlichen des FC Bayern München weitgehend in Vergessenheit geraten war. So gestand beispielsweise der aktuelle Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge, der zuvor bereits zehn Jahre als Spieler bei den Bayern tätig war, noch nie von diesem Kurt Landauer gehört zu haben. Auch in anderen Fällen erntete Kämper oft ratloses Schulterzucken oder musste sich mit wenigen Details zufriedengeben. Einzig im Umfeld der "Schickeria", der Münchner Ultra-Fan-Szene, war Kurt Landauer noch ein Begriff. Hinzu kamen sporadische Vorarbeiten aus den 2000'er Jahren. Alles in allem war die Faktenlage jedoch zunächst sehr spärlich. Dennoch war Kämper schnell fasziniert vom Leben und Geist dieses Mannes, der mit großer Umsicht einen Fußball-Club von nationalem Format formte.

Doch wer war dieser Kurt Landauer, der - so der Untertitel - "den FC Bayern erfand"? Geboren wurde Kurt Landauer 1884 bei München. Dort wuchs er als Sohn eines jüdischen Kaufmann in der Kaufingerstraße auf und entdeckte schnell seine Leidenschaft für den damals noch verpönten Fußball. Wohl auch aus diesem Grund schickte ihn sein Vater in die Schweiz, um dort in einem Bankhaus erste berufliche Erfahrungen zu sammeln. Da in der Schweiz jedoch auch viele Söhne englischer Abstammung weilten, wurde er dort nur noch mehr von der "englischen Krankheit" - so eine abfällige Bezeichnung für den Fußball in damaliger Zeit - infiziert. Mit seiner Rückkehr nach München fasste er schnell als junges Direktoriumsmitglied in die Vereinsführung des FC Bayern Fuß, bevor er 1913 schließlich zum fünften Präsidenten des Clubs gewählt wurde. Auch wenn seine Amtszeit durch einen Frontaufenthalt des Ersten Weltkrieges unterbrochen wurde, prägte er die Geschicke seiner "Bayern" mit dem Beginn seiner zweiten Amtszeit im Januar 1919 maßgeblich. Sicherlich: Nicht alles lief in diesen Anfangsjahren glatt und der Weg zur ersten Deutschen Meisterschaft war mit Steinen gepflastert. Doch 1932 durfte Landauer endlich feiern, bis sich kurze Zeit später mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten alles änderte …


Als er am 12. März 1933 beim Derby im Grünwalder Stadion steht, hat ihn noch nie ein Fußballspiel so wenig interessiert. (...) Die Wogen des Politischen sind dabei, seine sportliche Insel zu überfluten.


Bereits nach wenigen Seiten wird deutlich: Das hier ist keine staubtrockene Biografie, in der einfach die Lebensjahre chronologisch dargelegt werden. Nein, nahe am Roman erzählt Kämper hier eine faszinierende und außergewöhnliche Lebensgeschichte. Ausgangspunkt sind dabei markante Ereignisse in Kurt Landauers Leben, die er szenisch ausarbeitet. Wie in einem Roman lässt er immer wieder Leerstellen offen oder wirft den Leser mitten in eine dieser Szenen - beispielsweise als der 17-jährige Landauer sich noch heimlich auf den Fußballplätzen in Schwabing herumtrieb - hinein. Auf diese Weise kommt der Leser der Zeit und Person Landauers unheimlich nahe.

Sprachlich versiert und sehr bildhaft lässt Kämper geschickt biografische Informationen, atmosphärische Beschreibungen sowie zeitgeschichtliche Umstände ineinanderfließen und erzählt so eine fesselnde Lebensgeschichte aus den Anfängen der deutschen Fußballgeschichte. An vielen Stellen spürt der Leser dadurch nicht nur die konservative Skepsis gegenüber dem Fußball, sondern muss auch miterleben, wie mit dem Jahre 1933 ein ganzes Leben Makulatur wurde und nur noch "Überleben" bedeutete. Vor 1933 streicht Kämper vor allem die Modernität Landauers heraus, der bereits früh erkannte, dass eine internationale Ausrichtung - unter Landauers Führung bestritt der FC Bayern unzählige Freundschaftsspiele gegen ausländische Mannschaften - wichtig für die Entwicklung eines Vereines waren.


"Und wir alle sollten alle Heuchelei bekämpfen, die so tut, als würde Geld keine Rolle spielen, um zu leben. Wir brauchen den Atem, um zu leben. Aber wir leben nicht, um zu atmen."
(Kurt Landauer in einem Gespräch mit einem hochrangigen Vereinsmitglied des MSC München)


Interessant ist auch, dass trotz vieler Unterschiede zu heute, die Grundprobleme eines Fußballvereins auch damals bereits deutlich zu erkennen sind: Trainerdiskussionen, Gehaltszahlungen, Medienrummel oder auch Ausschreitungen.

FAZIT: Dirk Kämper erzählt hier eine fesselnde und packend geschriebene Lebensgeschichte eines unermüdlichen und weltoffenen Fußballfunktionärs, die wie aus einem Guss wirkt und nicht nur fußballaffinen Lesern sehr ans Herz gelegt werden kann.

Weitere Informationen zum Buch, eine Leseprobe sowie einen Blick ins Inhaltsverzeichnis finden sich auf der Webseite des Verlags.

Matthias Jakob Schmid



Hardcover | Erschienen: 1. Oktober 2014 | ISBN: 9783280055670 | Preis: 19,95 Euro | 254 Seiten | Sprache: Deutsch

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