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 Literaturdidaktik Deutsch

Eine Einführung


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Anspruch
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Preis - Leistungs - Verhältnis
Für die einen war er der Türöffner in eine ganz eigene Welt, für die anderen dagegen schlichtweg eine Qual. Die Rede ist vom Literaturunterricht in der Schule. Lange Zeit war dieser vom hermeneutischen Zirkel, einem wechselseitigen Analysieren des literarischen Textes aus unterschiedlichen Blickwinkeln, geprägt, aus dem sich ein schlüssiger Gesamtsinn ergeben sollte. Mitte der 1980er Jahre kamen dann aber vor allem auch aktivierende handlungs- und produktionsorientierte Verfahren auf, welche diese analytische Herangehensweise zu durchbrechen versuchten, indem sie den Fokus auf den individuellen Zugang legten. Hinzu kommen in jüngster Zeit auch poststrukturalistische Methoden. Diese gehen davon aus, dass die Bedeutung eines literarischen Textes im Nachhinein konstruiert wird. Genau jene drei Ansatzpunkte stehen auch im Mittelpunkt des vorliegenden Grundlagenbandes "Literaturdidaktik Deutsch", die im dritten Abschnitt des Bandes explizit anhand von drei unterschiedlichen Gattungstypen (epische Texte, Drama und Theater, Lyrik) und entsprechenden Textbeispielen ("Werther", "Marielle", "Die Stadt") exemplarisch ausgearbeitet werden.


Insofern ist die akademische Vermittlung von Fachwissen und didaktischem Wissen und deren Einbindung in die schulische Praxis unabdingbar, wenngleich für den Literatur Unterrichtenden gilt: Nur durch Lesen bildet man Leserinnen und Leser.


Zuvor erhalten die Leser bereits einen umfassenden Einblick in die Bezugsfelder, Aufgaben und die Geschichte der Literaturdidaktik. Außerdem thematisiert Christian Dawidowski, Professor für Literaturdidaktik an der Universität Osnabrück, Forschungsergebnisse und Basiswissen zur Lesetheorie und Kompetenzorientierung, zur Lese- und literarischen Sozialisation, zur Rolle des Lehrers sowie zur Textauswahl. Hinzu kommen Abschnitte, die den neuen Herausforderungen des Literaturunterricht, der Interkulturalität sowie dem Umgang mit der Medienkonkurrenz, verpflichtet sind. Nicht zufällig schließt sich daher im dritten Abschnitt ein eigenes Unterkapitel zu den Medien im Literaturunterricht an. Abgeschlossen wird der Band letztlich durch Hinweise zur Planung, Durchführung und Bewertung.

Mit diesem Studienbuch erhalten Lehramtsstudenten, Referendare, aber auch "alte Hasen" einen fachgerechten Überblick über das große, zuweilen fast schon unüberschaubare Feld der Literaturdidaktik. So verwundert es nicht, dass der Band mit rund 350 Seiten recht umfangreich ist. Die besondere Stärke des Buches liegt jedoch vor allem darin, dass es Christian Dawidowski gelingt, die Komplexität des Fachgebiets gut verständlich darzulegen, ohne dabei auf die notwendige inhaltliche Tiefe zu verzichten. Wer also einen schnellen Abriss sucht, der ist hier fehl am Platz - und das ist auch gut so, denn erst durch diese intensive Auseinandersetzung wird dem Leser die ganze Tragweite didaktischer Entscheidungen deutlich und entlässt diesen so am Ende als mündigen Literaturvermittler. Auch die angeführte Sekundärliteratur sowie die zahlreich erwähnten empirischen Forschungsergebnisse zeigen eine die Tiefe der Auseinandersetzung.


Es macht einen beträchtlichen Unterschied für die literarische Sozialisation der Kinder und ihre Einstellung zum Lesen, ob ich das literarische Lesen an das Antolin-Programm delegiere, oder ob ich Kinderbuchklassiker zum Vorlesen und als Klassenlektüre auswähle.


Immer wieder geht Dawidowski über die reine Darlegung hinaus und reflektiert bestimmte Aspekte kritisch. Besonders deutlich wird dies in den drei orientierenden Kommentaren, einer Eigenheit des Bandes, die am Ende der drei Hauptabschnitte die Inhalte unter bestimmten Gesichtspunkten wie beispielsweise "Was ist guter Literaturunterricht?" nochmals subjektiv bewerten und reflektieren. Hier scheut der Autor auch nicht vor dem ein oder anderem, zuweilen auch polemischen Seitenhieb, beispielsweise gegen die "Lehrmaterialindustrie" oder die staatssekretariellen "Kanonagenten", zurück. Zugleich sind seine Ausführungen aber auch offen und regen den Leser an, selbst eine didaktische Position zu finden. Nicht selten spricht er Dilemmas wie die didaktisch notwendige Reduzierung von Literaturepochen auf fachwürdige Merkmalsbündel an, sodass Lehrende zum selbstständigen Abwägen ihrer didaktischen Entscheidungen "erzogen" werden.

Als sehr praktisch erweisen sich vor allem die Stichpunkte neben dem Text sowie der breite Rand, der genügend Platz für eigene Notizen lässt. Nicht nur hier, sondern auch bei den (Test-)Fragen am Ende eines jeden Unterkapitels (deren Lösungen sich im Übrigen im Anhang des Buches finden) zeigt der Band, dass dieser als Studien- beziehungsweise Arbeitsbuch konzipiert ist. Mit den kommentierten Literaturhinweisen bietet er zudem genügend Ansatzpunkte für eine noch tiefer gehende Beschäftigung.

FAZIT: Statt eines schnellen Abrisses, eine intensive und dichte Auseinandersetzung mit den Grundlagen der Literaturdidaktik, die dazu anregt, Literaturunterricht kritisch zu planen und zu durchdenken.

Weitere Informationen sowie ein Blick ins Buch finden sich auf der Webseite des Verlags.

Matthias Jakob Schmid



Softcover | Erschienen: 28. Oktober 2015 | ISBN: 9783825244194 | Preis: 24,99 Euro | 356 Seiten | Sprache: Deutsch

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