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 1941

Als der Zweite Weltkrieg wirklich begann


Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Preis - Leistungs - Verhältnis
Hitlers Rechnung, falls es überhaupt je eine im eigentlichen Sinn gegeben hat, war aufgegangen: Über den Blitzkrieg hatte er praktisch ganz Mittel- und Westeuropa Deutschland einverleibt. Nur Großbritannien leistete Widerstand - der Betrachter fühlt sich ein wenig an Asterix erinnert. Nicht sehr viel anders sah die Lage freilich 1940 aus, es fehlte nur der Zaubertrank, und das empfindlich.

Hier setzt das Buch des Historikers und Journalisten Joachim Käppner an. Er analysiert das Schicksalsjahr 1941, das letztlich über die weitere Geschichte Deutschlands und – das darf ohne Übertreibung behauptet werden - der restlichen Welt entschied.
In folgende Abschnitte ist das Buch gegliedert:

  • Fünf Menschen, 1941
  • 1939 – 1941: ein europäischer Krieg?
  • Hybris: 1941 – der Weg in den globalen Krieg
  • Armageddon: der Überfall auf die Sowjetunion
  • Inferno: der Zivilisationsbruch
  • Sechs Tage im Dezember: der Weltkrieg
  • "Die Flamme des Zorns": Epilog

Im Anhang finden sich Anmerkungen, Literatur und der Dank.

Nachdem bereits das für die Weltgeschichte richtungsweisende Jahr 1946 in einer Rowohlt-Veröffentlichung sehr kompetent dargelegt wurde, gibt es nun auch einen Band zum letztlich kriegsentscheidenden Jahr 1941. Mancher Leser mag erstaunt nachfragen, ob denn die Würfel bereits so früh fielen, schien sich doch die Macht "Hitlerdeutschlands" zu dieser Zeit unaufhaltsam auszubreiten; es zeigt sich jedoch anhand der Darstellung im Buch, dass die Weichen 1941 gestellt wurden: nicht zuletzt dadurch, dass die USA von ihrer Abschottungspolitik abwichen und Großbritannien, die einzige verbliebene Demokratie in Europa, zumindest ein Stück weit unterstützten. Dies hinderte Hitler daran, sich ohne eine Front im Westen auf Russland, sein eigentliches Ziel, zu stürzen. Nach einigen Terrorangriffen auf Großbritannien ging der Luftwaffe sozusagen rasch die Luft aus, und mit dem Verlust einer Enigma-M3-Verschlüsselungsmaschine im Mai 1941 an die britische Marine verlor die deutsche U-Boot-Seehoheit zunehmend ihren Schrecken.

Es gelingt dem Autor, Schritt für Schritt das sich potenzierende Grauen darzustellen. Sorgfältig präsentiert er recherchierte Hintergründe für Entscheidungen, die heute irrational erscheinen (und es zum Teil trotz aller Erklärungsversuche immer bleiben werden), und Gründe dafür, dass gestandene Männer, die teils den Ersten Weltkrieg miterlebt und –gestaltet hatten, hinter Hitlers monströsen und abstrusen Anordnungen standen und, da sie an den Schalthebeln der Macht saßen, diese durchzusetzen vermochten. Zugleich betreten immer wieder auch "normale" Menschen die Bühne dieses Buchs, zum Beispiel ein RAF-Pilot, ein einfacher jüdischer Bewohner der einst so blühenden Stadt Lemberg, eine griechische Partisanin; zugleich haben Strippenzieher, graue Eminenzen, ihren Auftritt, die in dieser kritischen Phase die Politik mehr gestaltet haben als ihre Staatschefs, exzellente und eloquente Diplomaten, überzeugte Patrioten und Demokraten.

Amerika nähert sich Großbritannien an, wo das Appeasement endgültig scheitert, und schließlich greift Japan massiv in den Krieg ein und sorgt für die Provokation, die noch nötig war, um das Fass überlaufen zu lassen: Während in Europa schon längst zum zweiten Mal die Lichter ausgegangen sind, leuchten sie nun andernorts auf und weisen der verbliebenen demokratischen Welt den Weg.

Käppner verzichtet nicht auf die in anderen Publikationen schon häufig und detailliert geschilderten Massakern an den Juden und der Zivilbevölkerung im Osten sowie den sowjetischen Kriegsgefangenen, die zu Tausenden verhungerten; auch dieser Aspekt gehört natürlich zum Schicksalsjahr 1941 und wurde so eingebunden, dass er einerseits den roten Faden weiterspinnt und zum anderen eine zutiefst bestürzende Pause vor den teils rasanten Entwicklungen an anderen Orten markiert. Die Wehrmacht kommt hier nicht gut weg; ihre Beteiligung an den Gräueln ist bekanntlich seit einiger Zeit erwiesen.

Käppner versteht es, einerseits fortschreitend von den Entwicklungen zu berichten und andererseits dort zu verweilen, wo es sich lohnt, wenn einmal ein ganz konkreter Eindruck aus einer damaligen Lebenswelt, einer repräsentativen Biografie vermittelt werden kann. Was fehlt, sind Fotografien. Viele Leser würden sich wohl einen Fotoblock im Buch wünschen (allerdings wird Kartenmaterial angeboten).

Dennoch der Eindruck: sehr lesenswert, ein wichtiger Beitrag zur Allgemeinbildung, ein Blick über den Tellerrand, eine klare Analyse, bestens verständlich auch für ein breites Publikum.

Eine Leseprobe bietet die Verlagsseite.

Regina Károlyi



Hardcover | Erschienen: 26. März 2016 | ISBN: 9783871348266 | Preis: 19,95 Euro | 319 Seiten | Sprache: Deutsch

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