Media-Mania.de

 Schreibdenken

Schreiben als Denk- und Lernwerkzeug nutzen und vermitteln

Serie: Kompetent lehren, Band 3
Autoren: Ulrike Scheuermann
Verlag: UTB, Stuttgart

Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Preis - Leistungs - Verhältnis
Silke Scheuermann hat eine einfache und zugleich anspruchsvolle Vision: Sie möchte das sogenannte "Schreibdenken" als Standardmethode in Universitätsseminaren etablieren. Gemeint sind damit Verfahren, in denen das Schreiben als eine eigenständige Methode verwendet wird, um Denkprozesse auf vielfältige Weise anzustoßen. Trotz der Kürze und Kompaktheit des Bandes beschränkt sich die Diplom-Psychologin jedoch nicht allein auf die Vorstellung der einzelnen Methoden, sondern skizziert zu Beginn des bereits in dritter Auflage erscheinenden Buches auch kurz die Hintergründe ihres Konzepts sowie unterschiedliche Schreibtypen samt Vor- und Nachteilen. Das Herzstück des Bandes ist jedoch der "Methodenkoffer", in dem sich gut zwanzig "Denk- und Lernwerkzeuge" finden, welche in folgende Kategorien aufgeschlüsselt werden können: Denkbilder, Schreibsprints, Denkwege, Gemeinsam schreibdenken, Notizstrategien. Mit den beiden folgenden Kapiteln gibt Scheuermann schlussendlich allgemeine Motivations- und Umsetzungshinweise beziehungsweise Anregungen, wie Schreibdenken als Form des Selbstcoachings verwendet werden kann.


Schreiben mit erhitzten Wangen, Schreiben im Fluss: Schreibdenken heißt, beim Schreiben weiterzudenken.


Seit Jahr und Tag denken viele große Intellektuelle schriftlich, indem sie Skizzen, Notizen oder Ähnliches anfertigen. Einzig in der universitären Lehre spielten derartige Methoden bislang nur eine untergeordnete Rolle. Dies heißt freilich nicht, dass der eine oder andere Student durchaus einmal auf die Idee kam, einen Gedanken mittels Papier und Bleistift zu entwickeln, was bislang allerdings fehlte, waren anregende Methoden, um diese Form des Denkens auch systematisch zu nutzen. Das ist schade, denn Silke Scheuermanns Argumente sind überzeugend. "Schreibdenken" ist nicht nur Ausdruck eines "modernen, handlungsorientierten Lehr-Lernverständnisses", welches dem reinen "Wissenskonsum" trotzt, sondern gibt auch introvertierten Teilnehmern die Möglichkeit des Nachdenkens, bevor der erste Teilnehmer bereits seine unumstößlichen Ideen in die Welt hinausposaunt.

Doch was sind nun die Methoden, die im Zentrum dieses Bandes stehen? Silke Scheuermann umschreibt diese vielversprechend mit Begriffen wie Wort-, Serien-, Gedanken oder Fokussprint beziehungsweise mit Denk- oder Textpfad. Im Zentrum steht dabei zum einen, dass deren Anwender möglichst zügig ihre Gedanken fließen lassen sollen, um so das im Unterbewusstsein Umherschwirrende ins Hier und Jetzt zu befördern. Zum anderen zielen die Methoden darauf ab, Denkprozesse in visuell sichtbare Strukturen abzubilden. Zum Teil ähneln die vorgestellten Ansätze den bekannten Cluster- oder Mind-Mapping-Verfahren und wandeln diese wie im Falle des "Denkpfades" nur etwas ab. In anderen Fällen, zum Beispiel beim "Textpfad", fügt die Autorin jedoch auch neue anregende Komponenten wie visuelle Strukturelemente hinzu. Bei den "Sprint-Methoden" erweitert Scheuermann zudem die Schreib- um eine Auswertungsphase, in der beispielsweise markante Gedanken gekennzeichnet werden. Hinzu kommen bereits einschlägig bekannte Methoden, wie das "Plakatwandern" (allgemein bekannt als "Gallery walk"), die freilich keine Neuerfindung des Rades sind, sondern allenfalls unter der in diesem Band vorgestellten Zielsetzung ein neues Anwendungsgebiet finden. Schließlich enthält der Band vereinzelt auch Verfahren, bei denen Skepsis angebracht ist. So werden etwa die in Zusammenhang mit der "Wortfigur" angefertigten Kritzelzeichnungen in der Praxis wohl eher als didaktische Spielerei belächelt werden.


Nicht länger muss Schreiben also lediglich ein Mittel zur Textproduktion für die Präsentation von Arbeitsergebnissen und Wissen sein, sondern Lehrende wie Lernende nutzen es für einen Prozess, in dem sie sich Informationen aneignen und verarbeiten.


Hervorragend sind indes die - auch grafisch hervorgehobenen - Anleitungen zu den einzelnen Verfahren, welche klar und deutlich benennen, was zu tun ist und in Einzelfällen auch Hinweise zur Aufschreibtechnik geben. Die angegebenen Zeitangaben erleichtern es, zudem den Aufwand einzuschätzen. In vielen - leider nicht in allen - Fällen verdeutlichen skizzenhafte Abbildungen zudem, wie das am Ende entstandene Schreibprodukt aussehen könnte. In vielen Fällen zeigt sich außerdem, dass Silke Scheuermann ein Buch für die Praxis geschrieben hat, in dem sie nicht nur ihre eigenen Erfahrungswerte mit einfließen hat lassen, sondern auch viele wichtige Hinweise gibt, um den Einsatz der Methoden sinnvoll anzubahnen.

FAZIT: Der Band führt in überzeugender Weise vor, warum Schreiben als Denkmethode Eingang in die universitäre Lehre finden sollte. Die über weite Strecken vielversprechenden Ansätze scheinen jedoch nicht nur für Seminare, sondern auch für Fortbildungen, Meetings oder in der Schule sehr gut geeignet zu sein.

Weitere Informationen zum Buch, ein Blick ins Inhaltsverzeichnis, eine Leseprobe sowie Zusatzmaterial finden sich auf der Webseite des Verlags.

Zudem gibt es auf der Homepage der Autorin Materialien zum Buch (insbesondere Schreibvorlagen) als freien Download.

Matthias Jakob Schmid



Taschenbuch, | Erschienen: 12. September 2016 | ISBN: 9783825247171 | Preis: 9,99 Euro | 128 Seiten | Sprache: Deutsch

Bei Amazon kaufen


Ähnliche Titel

Cover
Leben und Schreiben. Tagebücher 1951-1962Das Alphabet des DenkensSchriftlicher Sprachgebrauch - Texte verfassenStoff reduzierenDeutschdidaktik