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 Mit Rechten reden

Ein Leitfaden


Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Preis - Leistungs - Verhältnis
Kaum eine politisch-strategische Frage wird in unserer Gegenwart wohl so stark diskutiert, wie der Umgang mit den Rechten. Der Erfolg neuer rechter Parteien und Bewegungen stellt die politische Linke vor Herausforderungen, auf die sie anscheinend nicht vorbereitet ist.

Das knapp zweihundertseitige Buch "Mit Rechten reden - Ein Leitfaden" plädiert nicht für eine bestimmte Strategie, sondern ist der Versuch, den bisherigen Diskurs zwischen rechts und links zu analysieren, zu verstehen und daraus Schlussfolgerungen zu ziehen. Dazu werden in sechs Abschnitten mit unterschiedlichen literarischen Mitteln der bisherige Diskurs analysiert und Empfehlungen für die Zukunft abgeleitet.

"Mit Rechten reden - Ein Leitfaden" ist ein Titel, der durchaus falsche Erwartungen an den Inhalt des Buches weckt. So ist der Text kein Leitfaden für Gesprächssituationen mit Rechten. Es geht nur wenig darum, sich gegen rassistische oder demokratiefeindliche Aussagen zu wappnen oder Verschwörungstheorien etwas entgegensetzen zu können. Vielmehr geht es auf einer ganz grundsätzlichen Ebene darum, was zurzeit eigentlich vor sich geht, wenn Rechte mit Linken reden und warum der Diskurs so vergiftet ist.

Dabei wird nicht nur analysiert, wie Rechte provozieren, sich als Opfer einer angeblichen Meinungsdiktatur oder eigentliche Demokraten versuchen zu inszenieren, sondern auch was auf der linken Seite eigentlich geschehen ist, dass die Rechte so erfolgreich damit ist. Über weite Teile liest sich das Buch wie eine Darstellung zweier Gesprächsteilnehmer, die sich versuchen gegenseitig zu besiegen, aber doch voneinander abhängig sind. Ohne die Linke keine gibt es keine Rechte, ist einer der immer wiederkehrenden Sätze des Buches.

Für die Linke wird herausgearbeitet, dass sie anstatt einer wirklichen politischen Analyse und Strategie zu folgen nur noch moralisierend agiere und sich mit allen Schwachen und Opfern, wer auch immer darunter sei, solidarisiere und vor allen Tätern sich fürchte, selbst wenn sie nur vermeintlich stark seien. Genau dies würde die Rechte mit ihrer provozierenden und demonstrativ irrationalen Agitation ausnutzen. Ihre eigene inhaltliche Schwäche würde sie durch rhetorische Stärke übertünchen und sei so wieder erfolgreich geworden.

Daraus folgt nicht zuletzt, dass es gar nicht so sehr um die konkrete Frage geht, ob mit Rechten gesprochen werden sollte, dies wird sowieso tagtäglich getan inzwischen, so die Autoren, sondern darum wie. Die Linke muss sich inhaltlich neu aufstellen und wieder zu einer Stärke kommen, die sie Position beziehen lässt, die über eine reine moralisierende Opfer-Solidarisierung hinausgeht. Auch raten die Autoren zu mehr Gelassenheit, die nur im Bewusstsein eigener Stärke gelebt werden kann.

Diese Gelassenheit soll auch in diesem Buch selbst gezeigt werden. So ist es eben keine schwere politikwissenschaftliche Analyse, sondern es wechseln sich gut lesbare Textformate ab. So ist etwa der Abschnitt "wie Rechte mit uns reden" eine lange Metapher, deren Darstellung einem ehemaligen Rechten in den Mund gelegt wird. Auf zwanzig Seiten wird hier ein ausgedachtes Theaterstück mit einer bildreichen Sprache nacherzählt. Außerdem ist das ganze Buch immer wieder durch Scherze und auflockernde Zwischenbemerkungen geprägt, die ein Leser wohl nicht erwartet bei einem Buch über Rechte.

Dieser Ansatz ist in jedem Fall mal etwas Neues. Der Text liest sich tatsächlich flüssig und unterhaltsam. Der Leser kann sich an vielen Stellen an den Autoren reiben, sowohl über die inhaltlichen Aussagen als auch über die gewählten Textgattungen. So wird ein interessanter Diskussionsbeitrag zum gegenwärtigen politischen Diskurs im Allgemeinen und zum Umgang mit der rechten im Besonderen geboten. Allerdings strahlt der Text mit dieser überspitzen Formenvielfalt, einigen gar nicht so witzigen Randbemerkungen und selbstironischen Scherzen eine intellektuelle Selbstverliebtheit aus, die stellenweise auch mal die Grenze zum Nervigen überschreitet.

Dennoch lohnt sich die Lektüre, weil die Autoren einen unterhaltsam und zugleich nachdenkenswerten Text verfasst haben, der sicher jedem Leser einige Anregungen für die eigene Sicht auf die derzeitige politische Lage bietet.

Eine Leseprobe gibt es auf der Verlagswebsite.

Andreas Schmidt



Taschenbuch | Erschienen: 3. November 2017 | ISBN: 978-3608961812 | Preis: 14,00 Euro | 183 Seiten | Sprache: Deutsch

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