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 Der Club der Nobelpreisträger

Wie im Harnack-Haus das 20. Jahrhundert neu erfunden wurde

Autoren: Michael Kröher
Verlag: Knaus

Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Bildqualität
Preis - Leistungs - Verhältnis
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts blühten nicht zuletzt in Deutschland die Naturwissenschaften. Es zog viele aufstrebende und bereits arrivierte Vertreter der verschiedenen Disziplinen nach Berlin. 1911 wurde die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften gegründet. Künftig konnten herausragende Forscher unter deren Dach eigene Kaiser-Wilhelm-Institute gründen und finanziell unabhängig sowie bei freier Themenwahl ihren Untersuchungen nachgehen.

Auf diese Weise entstand in Berlin-Dahlem ein bedeutender Forschungs-Campus. Das nach dem langjährigen Präsidenten der Gesellschaft benannte Harnack-Haus in dessen Zentrum bildete einen Ort der Begegnung für hochkarätige Wissenschaftler aus dem In- und Ausland. Es bildet den Aufhänger für die zahlreichen Anekdoten im hier besprochenen Buch, das die dort ein und aus gehenden Persönlichkeiten, ihre Lebensumstände und rund ein halbes Jahrhundert deutsche Wissenschaftsgeschichte beleuchtet.
"Der Club der Nobelpreisträger" besteht aus vier chronologisch geordneten Teilen. Im Anhang finden sich ein Zeitstrahl, ein Literaturverzeichnis, ein Personenregister, der Bildnachweis und eine Danksagung.

Im ersten Teil des Buchs werden die Jahre von der Gründung der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft (KWG) 1911 bis 1933 betrachtet. Mitte der 20er-Jahre entstand das Harnack-Haus mit Räumlichkeiten für Vorträge, Verköstigung, Feiern, Konferenzen und vieles mehr; es gab auch Zimmer und Wohnungen für Gäste. Es gelingt dem Autor, die sehr positive, aber auch extrem elitäre Atmosphäre dort wiederzugeben, Verständnis für die Motivation und das Wirken der Forscher zu wecken und ein facettenreiches Bild vom Leben auf dem und um den Campus zu zeichnen.

Es schließt sich ein Abschnitt über die ersten zehn Jahre unter dem Hakenkreuz an. Sensibel zeigt der Autor auf, wie verdiente jüdische Wissenschaftler aus der KWG ausgeschlossen wurden, welche Wege die Leitung suchte, um möglichst viele von ihnen noch zu halten oder sie notfalls zu retten, etwa Lise Meitner. Gleichzeitig beschreibt Kröher anschaulich, wie immer mehr regimetreue, aber nicht unbedingt herausragende Wissenschaftler Schlüsselpositionen in der KWG erhielten. Dies setzt sich im dritten Teil fort, der die letzten drei Kriegsjahre behandelt. Ein trauriges Kapitel darin gehört den Menschen und Gruppen rund ums Harnack-Haus, die im Widerstand tätig waren und zu einem guten Teil ihr Leben verloren.
Im Teil "Ausblick" geht es darum, wie das Harnack-Haus nach der Wiedervereinigung und langen Umwegen seiner alten Aufgabe erneut zugeführt wurde.

Eine bewegte Zeit mit großen Verwerfungen, aber auch herausragenden Forscherpersönlichkeiten und eben Nobelpreisträgern wie Max Planck, Werner Heisenberg und Otto Hahn wird dank diesem Buch lebendig. Bei Persönlichkeiten wie Fritz Haber, ebenfalls mit dem Nobelpreis bedacht – für ein revolutionäres chemisch-technisches Verfahren -, der jedoch im Ersten Weltkrieg zum engagierten Vater des Gaskriegs wurde, beleuchtet der Autor beide Seiten sorgfältig. Er untersucht auch, inwiefern die Wissenschaftler sich schuldig gemacht haben und wo sie, meist dezent, versucht haben, das System zu untergraben; spannend ist diesbezüglich nicht zuletzt Heisenbergs Rolle beim deutschen Atomwaffenprogramm im Zweiten Weltkrieg. Hierzu nutzt Kröher aktuelle Forschungsergebnisse.
Viele Kapitel werden von einem aussagekräftigen Foto eingeleitet, sodass auch ein visueller Eindruck von Personen, Örtlichkeiten und Begebenheiten entsteht. Ein fesselndes Buch zu einem besonderen Ort der Wissenschaftsgeschichte.


Ein Blick ins Buch wird auf der Verlagsseite angeboten.

Regina Károlyi



Hardcover | Erschienen: 2. Oktober 2017 | ISBN: 9783813507263 | Preis: 20,00 Euro | 317 Seiten | Sprache: Deutsch

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