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 Friedrich Ebert


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Vor fast einhundert Jahren kam es zur ersten gesamtdeutschen Demokratie. Ihr erster Präsident war ein Sozialdemokrat. Friedrich Ebert war die vielleicht wichtigste Figur der Gründung der Weimarer Republik, er war das erste demokratisch gewählte Staatsoberhaupt Deutschlands. Dennoch ist der breiten Bevölkerung wenig von ihm bekannt. Das kollektive Gedächtnis hat ihm bisher keine herausragende Position zugestanden trotz seiner Bedeutung.

Walter Mühlhausen versucht in seiner gut 180-seitigen Biografie die Bedeutung Eberts zu vermitteln, wobei er besonderen Wert auf seine Jahre als Reichspräsident in der ersten Hälfte der 1920er Jahre legt. Die ersten zwei Abschnitte behandeln seine ersten Lebensjahre, seinen Aufstieg in der SPD und schließlich die Weltkriegsjahre. Der dritte Abschnitt, etwa so lang wie die beiden vorangegangenen, stellen sein Wirken als Präsident bis zu seinem Tod 1925 dar.

Ergänzt wird der Text durch zahlreiche Schwarz-Weiß-Fotografien, sowie einem Anmerkungsapparat, einem Quellen- und Literaturverzeichnis und einem Personenregister.

Walter Mühlhausens neueste Biografie über Friedrich Ebert ist eine kurze Zusammenfassung seiner bisherigen Forschung und Veröffentlichungen zu dem Thema. Das kleine Büchlein ist schnell gelesen und hat sowohl von der Länge her als auch vom Schreibstil, der eher locker, wissenschaftlich nicht ganz so streng gehalten ist, einen einführenden Charakter. Auch fehlt stellenweise die kritische Distanz. Diese Einführung will Ebert letztlich mehr würdigen als kritisch beleuchten.

Das ist grundsätzlich auch in Ordnung, da der erste demokratisch gewählte Präsident Deutschlands, egal wie der Leser zu ihm steht, bisher nicht den Platz im öffentlichen Gedächtnis hat, der ihm eigentlich zusteht. Eine gut lesbare Einführung, die stellenweise die kontroverse und kritische Diskussion in der Wissenschaft in den Hintergrund rücken lässt, um die faktische Bedeutung Eberts hervorzuheben, dürfte der Bekanntheit dieser Figur und ihres Wirkens erst einmal nur gut tun.

So ist Mühlhausens kurze Biografie eine empfehlenswerte Lektüre, insbesondere wenn der Leser wenig bis kein Vorwissen mitbringt. Der Autor schreibt fokussiert aufs Wesentliche konzentriert, nie zu weit ausholend, um dem interessierten Laien einen umfassenden ersten Eindruck nahe zu bringen. Zahlreiche Fotografien lockern den Text sehr gut auf. Die Lektüre bereitet auf jeden Fall Spaß und der vermittelt einen Eindruck davon, welche Rolle Ebert in der deutschen November-Revolution spielte und für die erste deutsche Demokratie.

Aus einer wissenschaftlichen und kritischen Perspektive gibt es dennoch ein paar Fragezeichen an dem Text. So erwähnt Mühlhausen zwar immer wieder die von Zeitzeugen und Historikern geübte Kritik an Eberts Haltungen und Entscheidungen, aber an zu vielen Stellen weist er die Kritik ohne wirklich Gründe anzuführen einfach zurück. Da stellt sich die Frage, warum der Autor sich nicht des Urteils enthält, wenn er wegen der Kürze des Textes sowieso nicht ausführlich seine Sichtweise begründen kann?

So weist er beispielsweise die Behauptung zurück, Ebert sei durch aktives Betreiben Mitschuld an der Ermordung Liebknechts und Luxemburgs gewesen, mit dem Hinweis darauf, dass er ja selbst eine Untersuchung zu den Morden beauftragt hat, und fragt dann einfach rhetorisch, würde ein Schuldiger dies tun? Dieser suggestive Stil ist trotz aller prägnanten Kürze dann doch zu unwissenschaftlich.

Andere Beispiele für diese verkürzten Argumentationen bieten die Stellen, bei denen es um die Frage geht, ob Ebert die Revolution abgewürgt und es versäumt habe, Gegner der Demokratie aus Beamtenschaft und Militär zu entfernen. Beides aus Sicht der Ebert-Kritiker eine schwere Hypothek für die Weimarer Republik. Mühlhausen weist zwar darauf hin, dass diese Kritik Berechtigung habe, aber zu oft verteidigt er unkritisch Eberts Agieren mit zu kurz greifenden Hinweisen, die noch dazu auch Ebert selbst anführen würde. So wird der Hinweis auf mögliche chaotische oder "sowjetische Zustände" gegeben, die angeblich gedroht hätten bei einem härteren Durchgreifen gegen die alten Eliten. Der Leser hat daher immer wieder den Eindruck, Mühlhausen sei nicht nur ein Apologet der Bedeutung Friedrich Eberts, sondern eben auch seiner Entscheidungen und Haltungen. Diese an sich prägnante und gut lesbare Einführung hat dadurch aber leider einen etwas subjektiv-ideologisch gefärbten Grundton, der leicht hätte vermieden werden können.

Empfehlenswert ist diese einführende Biografie dennoch, allein um dem ersten demokratisch gewählten Staatsoberhaupt Deutschlands und wichtigem Mitbegründer der ersten gesamtdeutschen Demokratie die angemessene Würdigung in der Öffentlichkeit zukommen zu lassen.

Eine Leseprobe gibt es auf der Verlagswebsite.

Andreas Schmidt



Taschenbuch | Erschienen: 11. Dezember 2017 | ISBN: 978-3801242480 | Preis: 10,00 Euro | 184 Seiten | Sprache: Deutsch

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