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 Whisper

Autoren: Isabel Abedi
Verlag: Arena

Cover
Gesamt +++++
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Gefühl
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung


Noa hat es nicht leicht mit ihrer Mutter Kat. Die berühmte Schauspielerin sonnt sich im Glanz ihres Erfolges und ihrer Bekanntheit, die ruhige und eher zurückgezogene Noa fühlt sich in diesem Leben meistens absolut nicht wohl. Ihre Zuflucht ist Gilbert, der schwule und esoterik-begeisterte Freund von Mutter und Tochter, der auch mit in Urlaub fährt.
Nun hat ihre Mutter sich ihren neuesten Wunsch erfüllt und ein Ferienhaus auf dem Land, mitten im tiefsten Schwarzwald, gemietet. Hier will sie einmal das Leben fernab von Scheinwerferlicht und Kaviar kennen lernen. Mit ihrer Art schafft Kat es schnell, sich in die Herzen der Dorfbewohner einzubringen, vor allem Gustaf, der Wirt, mag sie sehr.
Noa ist die Art ihrer Mutter unangenehm, auch findet sie im Dorf nicht ganz so schnell Freunde. Nur David, der Sohn der Kellnerin aus dem Wirtshaus, und sein schwer behinderter Bruder Krümel schaffen es, eine Freundschaft mit ihr zu beginnen. Doch mit David verbindet Noa bald mehr, denn beide scheinen sich ineinander zu verlieben. Von dieser Seite her könnte also alles in Ordnung sein, wenn Noa nicht in ihrer Vergangenheit verstörende Erlebnisse gemacht hätte.
Ihre zwiespältigen Empfindungen und ihre Probleme mit Kat sind aber nicht die einzigen Probleme, die diesen Sommer begleiten.
Bei einer Partie Gläserrücken, die David und Noa leicht angeheitert gemeinsam spielen, machen sie die Begegnung mit Eliza, einem Mädchen, welches nach eigener Aussage vor 30 Jahren auf dem Dachboden des Ferienhauses ermordet wurde. Vor allem Noa ist schockiert, da sie schon vorher die Anwesenheit Elizas zu ahnen glaubte. Immer wieder wehte ein Frauenparfüm vorbei, was weder ihr noch ihrer Mutter gehörte, Schritte wurden laut und Krümel bekam ohne sichtlichen Grund einen fürchterlichen Angstanfall.
David und Noa beginnen Nachforschungen anzustellen, die daduch erschwert werden, dass niemand im Dorf über die Vergangenheit reden will. Doch Noa und David schaffen es mit Hilfe von Eliza, die sie in immer neuen Gläserrück-Partien befragen, den Verdächtigenkreis einzuengen. Nun scheinen sie selbst in höchster Gefahr zu schweben, scheint der Täter doch aus Kats und Noas engerem Bekanntenkreis im Dorf zu kommen. Doch um den Fall ganz lösen zu können, müssen sie erst Elizas "Juwel" finden, was zunächst gar nicht so einfach erscheint. Dieses Hindernis, von Eliza selbst gestellt, deutet an, dass Eliza ihr ganz eigenes Spiel inszeniert, welches vor 30 Jahren dramatisch aus dem Ruder gelaufen ist. Könnte die Geschichte sich wiederholen?

Dieser Jugendroman von Isabel Abedi ist wunderbar gelungen. Spürbar nimmt die geheimnisvolle Atmosphäre den Leser gefangen, die psychologischen Windungen und Inhalte des Romans sind genial. Alle Bereiche menschlicher Leidenschaften werden abgedeckt und ausgearbeitet. Sei es nun Begehren, Verlangen, Liebe, Hass oder Eifersucht, alle Abgründe der menschlichen Seele werden beleuchtet und passend eingeflochten. Fast alle der Protagonisten machen im Laufe des Sommers eine charakterliche Entwicklung durch: Noa lernt zu vertrauen, David merkt, dass er nicht allein gegen alle Widerstände des Lebens angehen muss, Kat scheint endlich aus dem Kreislauf ewig neuer Liebhaber ausbrechen zu können. Eine weitere Gemeinsamkeit der Figuren ist auch ihre dunkle und gehütete Vergangenheit. Der Leser muss sich viele Ereignisse und Traumata der Vergangenheit selbst zusammenreimen, was durch diverse Hinweise erleichtert und am Ende aufgeklärt wird. Dies grenzt den Roman von den üblichen Krimis ab, denn hier arbeitet sich der Leser nicht nur in den Fall ein, sondern lernt auch verschiedene Charaktere kennen, mit denen er sich auf die eine oder andere Weise identifizieren kann.
Der Roman spricht ernste Themen an: Liebe, Missbrauch, Behinderungen, soziale Ächtung und Mord werden ausgearbeitet, daher ist dieser Roman nicht für sehr junge Leser zu empfehlen. Ich persönlich würde es für Leser ab vierzehn Jahren empfehlen.
Das Buch ist sehr schön aufgebaut, vor allem, da am Anfang jedes Kapitels ein Ausschnitt aus Elizas Tagebuch steht, der auch diesen Charakter dem Leser näher bringt. Vor allem tragen diese Ausschnitte zur knisternden Spannung bei, die das Buch beherrscht, da sie Elizas eigene Ansicht über ihre Geschichte zeigen und auch auf die beängstigenden Parallelen zwischen den Geschichten aufmerksam machen. Sind die Geschehnisse auch durch einen Zeitraum von 30 Jahren voneinander getrennt, sie scheinen sich doch zu wiederholen.
Die Aufmachung ist ebenfalls sehr gelungen, der schwarze Schutzumschlag verdeutlicht die Düsternis, die immer wieder im Buch erscheint, die einzige Verzierung bildet Elizas rotes Juwel und der Schriftzug "Whisper". Das Buch heißt so, da Noa das Haus im Nachhinein so nennt, aufgrund seiner geheimnisvollen Ausstrahlung und der unheimlichen Erlebnisse, die sie in ihm erlebt hat.

All dies ergibt ein wunderbares Jugendbuch für alle Jugendlichen, die sich für übersinnliche Geschehnisse und für Krimis begeistern können. Doch sollte man betonen, dass nicht nur seelische Abgründe diesen Roman dominieren, auch die Freuden von Freundschaften und der ersten wirklichen Liebe werden dargestellt. Sehr positiv wirkt sich auch aus, dass die Spannung durchgehend erhalten bleibt, erst im letzten Kapitel kommt es zum überraschenden Finale.

Anja Thiemé



Hardcover | Erschienen: 01. Juni 2005 | ISBN: 9783401053691 | Preis: 13,90 Euro | 275 Seiten | Sprache: Deutsch

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