2012. Kommissar Van Veeteren gilt immer noch als Ermittlerlegende, obwohl er längst den aktiven Dienst quittiert hat und auf seinen 75. Geburtstag zusteuert. Dieser belastet ihn sehr - am liebsten würde Van Veeteren ihn ausfallen lassen, fürchtet er doch in Anbetracht dieser Lebensjahreszahl Verfall und Tod. Um Feiern zu entgehen, täuschen er und seine Frau eine Reise nach Neuseeland vor, fahren stattdessen jedoch nur ans heimische Meer.
Zuvor aber hat er von einem ehemaligen Kollegen erfahren, dass ein Fall aus dem Jahr 1991 neu aufgerollt werden muss. Damals war im kleinen Küstenort Oosterby spätnachts ein Hotel abgebrannt, und es wurden die Leichen von vier Gästen geborgen. Das Personal hatte längst zuvor die fünf gemeldeten Gäste versorgt und war nach Hause gegangen. Der unauffindbare fünfte Gast galt alsbald als Mörder, zumal die Opfer ganz offensichtlich vor dem Brand so betäubt worden waren, dass sie nicht fliehen konnten.

Nun aber wurde die Leiche des fünften Gastes entdeckt, ganz in der Nähe des damaligen Tatortes, und anscheinend kam die Person zur selben Zeit ums Leben wie die anderen Opfer. Was bedeutet, dass Van Veeteren und seine Kollegen bei diesem Fall versagt haben und ein Mörder noch frei herumläuft, sofern er nicht innerhalb der vergangenen gut zwanzig Jahre verstorben ist oder wegen eines anderen Verbrechens festgenommen wurde.
Van Veeteren, der sowieso nicht weit vom Tatort seinen Nicht-Neuseeland-Urlaub antritt, scheut sich zunächst davor, in der alten Sache neu zu ermitteln, doch seine Frau drängt ihn voller Neugier und Tatendrang dazu. Und dann wird eine weitere, womöglich mit dem Delikt in Verbindung stehende Leiche gefunden. Allerdings in Schweden.

Für Liebhaber des Genres ist Van Veeteren definitiv eine Institution, und Håkan Nesser hat es verstanden, seinen Protagonisten glaubwürdig altern zu lassen. Mit Humor zeigt er auf, wie der sonst so unerschrockene Van Veeteren sich vor seinem 75. Geburtstag fürchtet, als begännen unmittelbar danach Demenz, Inkontinenz und bald auch die Agonie.
Eigentlich müsste es dem Kommissar a. D. willkommene Ablenkung bieten, dass er eingeladen wird, bei einem zwanzig Jahre zuvor fälschlicherweise abgeschlossenen und nun neu zu beleuchtenden Mordfall mit zu ermitteln, doch er hat sein nun offensichtliches damaliges Versagen zu klar vor Augen. Da aber seine Frau nicht locker lässt, begibt er sich zusammen mit einem früheren Kollegen, seinem Nachfolger und dem aufgrund nach Schweden führender Indizien hinzugerufenen, aus anderen Nesser-Romanen bekannten Ermittlerpaar Barbarotti/Backman auf Spurensuche. Nach und nach entspinnt sich eine komplexe Geschichte, die mit einem von ein paar Kindern mit identischem "Handicap" gegründeten Club ihren Anfang nimmt, dem Verein der Linkshänder.

Mit gewohnter sprachlicher Eleganz und handwerklich so sicher wie eh und je gestaltet Håkan Nesser seinen Roman. Die bei Nesser üblichen unterschiedlichen Zeitebenen und Erzählperspektiven kommen ebenso zum Einsatz wie Van Veeterens philosophische Betrachtungen. Diese – und nicht nur sie – erzeugen allerdings beim "Verein der Linkshänder" immer wieder Längen, die dem "großen Ganzen" nicht guttun. Sprich, es zieht sich, und das leider nicht ganz selten. Auch kristallisiert sich bereits lange vor Schluss heraus, wer hinter den Morden steckt. Das stört allerdings nicht sonderlich, weil sich die Story dennoch immer weiter auffaltet und der Autor ihr Facetten hinzufügt, die überraschend abgründig daherkommen. So entwickelt sich aus einem eigentlich harmlosen Jugendlichen-Club in einem verschlafenen Nest etwas Vielschichtiges, Komplexes mit "Hotspots" zu recht unterschiedlichen Epochen – den Fünfziger-Jahren, den späten Sechzigern, 1991 und schließlich 2012. Dies erfordert einige Raffinesse, wenn Authentizität angestrebt wird, und natürlich kann Nesser sie bieten; ebenso wie sehr viel Atmosphäre und interessante Charakterstudien. Wer, wenn nicht er.

Insgesamt also ein klassischer Håkan Nesser, eher tief- und wie erwähnt abgründig als action-betont, auf allmähliche Entwicklung in gut sechshundert Seiten ausgerichtet. Wer das schätzt, wird diesen literarisch anspruchsvollen, auf seine Weise durchaus fesselnden Kriminalroman mögen und an seinem beträchtlichen Umfang nicht ermüden.

Eine Leseprobe wird auf der Verlagsseite angeboten.