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 Harte Jahre


Cover
Gesamt +++++
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Gefühl
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Guatemalas demokratisch gewählter Präsident Árbenz hat in den 50er-Jahren große Pläne mit dem kleinen mittelamerikanischen Land: Er möchte daraus eine Demokratie nach dem Vorbild der USA machen. Doch gerade dort stoßen seine Pläne, die unter anderem eine umfassende Landreform und die Bildung und den Einfluss von Gewerkschaften vorsehen, auf heftige Missbilligung. Vor allem sieht die US-amerikanische United Fruit Company (heute Chiquita), die sich auf guatemaltekische Bananen und die bisherigen ausbeuterischen Verhältnisse stützt, ihre Pfründe in Gefahr.

Und so initiiert die CIA erfolgreich den Sturz von Árbenz, indem sie dafür sorgt, dass dieser als Kommunist und Steigbügelhalter der Sowjetunion gebrandmarkt wird. Das bislang weithin unbekannte Land gerät in den Fokus der weltweiten Berichterstattung. Mittels Intrigen stärkt der Geheimdienst machtgierige Marionetten, spielt alte Feinde gegeneinander aus und setzt skrupellose Handlanger ein. Schließlich ist Guatemala weiter von der Demokratie entfernt als je zuvor, und ganz Mittelamerika stürzt in ein Chaos, von dem es sich bis heute nicht erholt hat.

Diese Vorgänge sind Thema von Mario Vargas Llosas Roman "Harte Jahre". Präzise zeichnet der Autor die Ereignisse rund um den Putsch nach - einschließlich einiger Jahre Vorlauf und den Jahren danach. Er stellt dabei einerseits die historischen Abläufe in den Vordergrund, sodass sich das Werk in Teilen wie ein Geschichtsbuch liest. Andererseits gehören einige schillernde Figuren zur Ausstattung, deren Bedeutung im Rahmen des Geschehens weniger bedeutsam ist, die dennoch interessante Rollen spielten und Leidenschaft, immer wieder rasante Bewegung und durchaus auch Krimi-Elemente einbringen. Zu ihnen gehört die strahlend schöne Geliebte des durch den Putsch an die Macht gelangten Nachfolgers von Árbenz, im Buch Marta Borrero Parra genannt, die sich unmittelbar nach der Ermordung ihres Liebhabers mit einem dominikanischen Auftragsmörder absetzte und versuchte, ein neues Leben im Ausland zu starten.

Im Roman kommt es zu zahlreichen Wechseln zwischen unterschiedlichen Zeitebenen und Erzählperspektiven, weshalb der Leser der Handlung sehr konzentriert folgen muss, um nicht den Faden zu verlieren. Gewissermaßen zur Belohnung erlebt er die damaligen Ereignisse wie aus erster Hand – Mario Vargas Llosa hat sorgfältig recherchiert und jene im Geheimen geführten Dialoge, zu denen es keine unmittelbaren Quellen gibt, ausgesprochen authentisch nachempfunden. Allein die nachvollziehbaren Fakten bieten Spannung genug und machen angesichts der aktuellen US-Regierung nervös; Personen wie die erwähnte Marta Borrero Parra verleihen dem Roman eine besondere Würze und rücken ihn von einer reinen Nacherzählung empörender Ereignisse ab.
Es überrascht nicht, dass die tatsächlich in den USA lebende Frau, die als Vorbild für jene Marta dient, beim Interview mit dem Autor schließlich mauerte, als er ihre Verbindungen zur CIA ansprach. Er brauche ihr sein Buch nicht zu schicken, sie werde es nicht lesen, sehr wohl aber ihre Anwälte, war laut Autor ihre Reaktion.

An der neusten Geschichte Interessierte sollten es unbedingt lesen, selbstverständlich auch alle, die politische Romane mögen. Dieser verlangt dem Leser viel Aufmerksamkeit ab, dafür erhält er einen atmosphärisch dichten, ungeschminkten Einblick in die wegweisenden Ereignisse der 50er-Jahre in Guatemala, die ganz Mittelamerika mitprägten und sich bis heute fatal auswirken; einschließlich einiger Elemente des Spionage- und Kriminalromans. Es verwundert wohl niemanden, dass die Rolle der USA in Bezug auf die damaligen Geschehnisse von Mario Vargas Llosa äußerst kritisch und sorgfältig dargestellt wird.

Eine Leseprobe wird auf der Verlagsseite angeboten.

Regina Károlyi



Hardcover | Erschienen: 1. Januar [Value3] | ISBN: 9783518429303 | Originaltitel: Tempos recios | Preis: 24,00 Euro | 409 Seiten | Sprache: Deutsch

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