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 Bananenfüße

Autoren: Milena Moser
Verlag: Blessing

Cover
Gesamt +++--
Aufmachung
Gefühl
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung


"Bananenfüße" erhält man leicht, wenn man auf einen neuen Kontinent und in eine neue Stadt zieht - erst recht, wenn es sich bei dem Kontinent um Amerika und bei der Stadt um San Francisco handelt. Die Schweizer Schriftstellerin Milena Moser erklärt den Ursprung für den Titel ihres Romans gleich auf der ersten Seite. Bananenfüße hat jemand, der den rechten Schuh am linken Fuß sitzen habe und umgekehrt. "Dieser ständige Druck, den man sich nicht erklären kann, der langsam zum Schmerz anschwillt, der irgendwann nicht mehr zu ertragen ist." Und dann endlich die Erleichterung vorstellen, wenn die Schuhbändel gelöst und die Schuhe wieder ausgetauscht werden. Bananenfüße haben wohl mehrere Protagonisten der Geschichte.

Der zehnjährige Leo, sein Vater Frank und seine Stiefmutter Lily sind aus der Schweiz nach San Francisco gezogen - zusammen mit Leos Mutter Stella, die zwar schon seit sieben Jahren tot ist, jedoch beschlossen hat, ihre Familie als Schutzengel in die Neue Welt zu begleiten. San Francisco ist verrückt wie eh und je, aber auch den Helden dieser Geschichte mangelt es nicht an Extravaganz: Der ehemalige Öko-Architekt Frank steht mit Gott auf Du und Du und verbreitet dessen Gedanken als Online-Priester im Internet, seine junge Frau Lily ist ihm bedingungslos verfallen, seit sie vor Jahren als Kindermädchen in die Familie kam, und der zehnjährige Leo, der eigentlich nicht nach Amerika wollte, entpuppt sich schon vom ersten Tag an als überaus talentierter "Neu-Amerikaner". Für den Fall von kleinen Wissenslücken im "American Lifestyle" gibt es da auch noch Alice aus dem obersten Stock, ein Mädchen mit orangeroten Haaren, einer großen Klappe und dem Herzen am rechten Fleck.

Doch Leo hat nicht nur auf Erden eine Freundin. Immer bei ihm ist Stella, seine verstorbene Mutter, die als Geist bei ihm geblieben ist, um ihn zu beschützen und der kleinen Familie ab und zu auf die Sprünge zu helfen. Und die hat es auch bitter nötig, denn langsam gerät die glänzende Fassade ins Bröckeln. Frank scheint ein Doppelleben zu führen, auf Lily fällt ein schlimmer Verdacht, und dann ist da auch noch die Geschichte mit Stellas Tod, der immer noch nicht aufgeklärt ist.

Die Geschichte wird wechselweise aus der Sicht von Lily, Lea und Stella erzählt. Frank ist der einzige aus der Familie, dessen Gedankengänge dem Leser nicht zugänglich gemacht werden. Diese Erzählhaltungen aus wechselnden Ich-Perspektiven bewirken, dass die Situation von verschiedenen Seiten beleuchtet und erklärt wird. So erfährt der Leser beispielsweise, wie schwer es für Lily ist, im Schatten der verstorbenen ersten Frau zu leben. Sie sucht in San Francisco einen Neuanfang für sich und ihre Familie. Stella hat Lily selbst als ihre Nachfolgerin ausgesucht, weil sie - als Lebende psychisch erkrankt - glaubte, dass ihre Familie etwas Besseres als sie verdient habe. Leo leidet unter den Umständen, von allen Menschen immer mitleidig behandelt zu werden, weil er ohne "echte" Mutter aufwächst. Er sieht Lily schon lange als Mutter an. Sie möchte sich aber aus Respekt vor Stella nicht als solche ansprechen lassen.

Stella sieht das kleine Glück der Familie auseinanderdriften und versucht mit ihren Möglichkeiten als Engel einzugreifen, indem sie beispielsweise Leo vor einem heransausenden Auto wegzieht und jedem Familienmitglied Ratschläge zuflüstert, die diese dann als innere Stimme deuten. Die Figur der Stella ist gut gestaltet und wirkt an keiner Stelle lächerlich oder aufgebauscht. Ohne großes Tamtam ist eben eine Person in der Geschichte keine lebende Person, sondern ein Engel.

Die Geschichte ist kurzweilig und erzählt humorvoll über das neue Leben einer Schweizer Familie im Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Natürlich fehlen auch die kleinen aber liebevollen Hiebe auf die amerikanische Lebensweise nicht. Die Schwäche der Geschichte liegt in ihrem Ende, das ziemlich überstürzt kommt und auch nicht ganz logisch ist. Dieses Problem kann auch der rettende Engel Stella nicht beheben. Nichtsdestotrotz ist "Bananenfüße" ein Roman, der wunderbar als unterhaltsame Feierabendslektüre herhält.

Nikola Poitzmann



Hardcover | Erschienen: 01. Januar 2001 | ISBN: 3896670972 | Preis: 19 Euro | 320 Seiten | Sprache: Deutsch

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