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 Horror im Orient-Express 2

Von Paris in die Alpen


Cover
Gesamt ++++-
Aufmachung
Leitbarkeit
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
In Band 1 der "Orient Express"-Kampagne erhielten die Spielercharaktere in London den Auftrag, die über ganz Europa verstreuten Teile des mysteriösen Sedefkar-Simulakrums zu suchen. Die beste Möglichkeit, die entsprechenden Orte zu bereisen, ist mittels des legendären Orient-Express, der zwischen Paris und Konstantinopel verkehrt und somit Orient und Okzident vereint. Bevor sie sich jedoch auf den Weg machen konnten, erlebten sie an Bord eines Geisterzuges eine Reise der besonderen Art. Nach diesem Prolog nimmt nun auch die Kampagne in dem vorliegenden zweiten Band ordentlich an Fahrt auf.

Die Aufmachung unterscheidet sich nicht wesentlich von Band 1, was für eine schöne Kontinuität im Bücherregal sorgt. Anstelle des rötlichen Grundtons auf dem Cover des ersten Bandes wurde nun ein blauer Farbton verwendet. Auch der Zug auf dem Cover ist zur besseren Unterscheidung aus einer anderen, diesmal frontalen Perspektive abgebildet. Nachdem die Klebebindung von Band 1 nicht überzeugen konnte, macht der vorliegende Band einen stabileren Eindruck, der auch intensiverem Lesen standhält.

Das Buch selbst ist in drei Teile gegliedert: den Abenteuerteil, den Regionalbeschreibungsteil und den Anhang. Die Beschriftung der Seiten mit Uhrzeiten anstelle von Seitenzahlen wurde beibehalten, was aus ästhetischen Gesichtspunkten eine wunderschöne Idee darstellt, sich für den Meister jedoch als unnötige Erschwernis beim schnellen Nachschlagen von Informationen erweist. Ansonsten ist das Inhaltsverzeichnis mit sämtlichen Untertiteln samt Einrückungen sehr übersichtlich gestaltet.

Teil I: Von Paris in die Alpen gliedert sich in die zwei Kapitel Paris und Lausanne, die beiden relevanten Stationen des Orient-Express in diesem Teil der Kampagne. Jedes dieser Kapitel weist wiederum zwei Abenteuer auf, die an den entsprechenden Orten stattfinden. Darauf soll im Folgenden näher eingegangen werden.

Nach Abschluss der Abenteuer des ersten Bandes sind die Charaktere von London aus nach Paris gereist, um in der französischen Metropole den legendären Orient-Express besteigen zu können. Bevor es jedoch soweit ist, sollten sie in der renommierten "Bibliothèque Nationale" Nachforschungen über den Verbleib der einzelnen Teile des Sedefkar-Simulacrums anstellen. Le Fleur Du Mal, das erste Abenteuer des Bandes, handelt von eben diesen Bemühungen. Schon bald stoßen die Charaktere auf eine heiße Spur, die sie zum ersten Teil des okkulten Kunstwerks führen könnte. Im Rahmen ihrer Recherchen besuchen sie dabei auch eine Nervenheilanstalt, was für den weiteren Verlauf der Kampagne von großer Bedeutung ist. Cthulhu-Feeling ist schon aufgrund der Schauplätze dieses Abenteuers garantiert. Der Plot ist geradlinig, ohne die Spieler zu sehr an der Leine zu führen. Gerade durch den Umstand, dass die Anforderungen an die Charaktere noch nicht sehr groß sind, eignet sich das Abenteuer gut als Einstieg in den Hauptplot der Kampagne.

Das Mädchen im Schnee ist weniger Abenteuer denn Stimmungsszenario. Von Sixt Wetzler als Bonusmaterial für diesen Band geschrieben, hat es die Intention, den Zeitraum der Recherchen in Paris stimmungsmäßig etwas aufzulockern. Das Szenario steht in keinem Zusammenhang mit dem Rest der Kampagne und kann daher leicht ausgelassen werden. Wer jedoch Wert auf stimmungsvolles Rollenspiel legt und seine Spieler in den Genuss von ein wenig düsterer Romantik kommen lassen möchte, sollte die gebotene Chance nutzen. In der Hauptsstadt der Liebe entspinnt sich unter den Augen der Charaktere eine tragische Romanze, welche die Frage aufwirft, ob Gefühle wie Liebe tatsächlich nur in der Welt der Lebenden existieren oder ein universales Prinzip repräsentieren.

Ein Brief aus Le Fleur Du Mal führt die Charaktere zur nächsten Station des Orient-Express. Endlich an Bord des legendären Luxuszuges angekommen, geht die Reise nach Lausanne, wo sich in Nocturne ein Kampf um eine der Schriftrollen des Sedefkar-Simulakrums entspinnt. Hier nimmt die Kampagne erstmals surreale Züge an, wenn die Charaktere in einer Traumversion der Stadt auf einen gnadenlosen Gegner treffen, dem jedes Mittel recht ist, um in den Besitz der Schriftrolle zu gelangen. Im Gegensatz zu den beiden Abenteuern in Paris sind die Ansprüche an Spieler und Spielleiter Nocturne um einiges höher. Glücklicherweise sind in dem Band ausführliche Hinweise zum Meistern des Abenteuers enthalten, welche die Arbeit des Spielleiters erleichtern.

Hoffentlich erfolgreich aus Lausanne entkommen, schließt sich auf der Reise nach Venedig mit Das Band der Welten von Peer Kröger das zweite zusätzliche Szenario an. Es lässt sich bei Nichtgefallen leicht aus der Kampagne streichen, da es mit den Ereignissen um das Sedefkar-Simulakrum in keinerlei Zusammenhang steht. An Bord des Orient-Express werden die Charaktere mit den unheimlichen Forschungen eines mysteriösen Reisenden konfrontiert, die den gesamten Zug samt Personal und Passagieren ins Unglück zu reisen. Das Szenario ist sehr variabel und lässt sich daher auch gut modifizieren, allerdings besitzt seine Grundidee eine gewisse Ähnlichkeit mit den Ereignissen des vorangegangenen Abenteuers. Es ist daher eine Überlegung wert, Das Band der Welten an dieser Stelle der Kampagne auszuklammern und an einem anderen Zeitpunkt einzufügen, oder komplett losgelöst von den Ereignissen um den Orient-Express mit einem anderen Zug als Handlungsschauplatz zu spielen.

Die zweite Hälfte des Buches ist der erste Teil der angekündigten Regionalbeschreibungen, welche die "Orient Express-Kampagne" gleichzeitig zu einer Art von Mitteleuropa-Quellenbuch machen sollen. In dem vorliegenden Band 2 werden Frankreich und die Schweiz behandelt, eben jene Länder, durch welche die Kampagne in diesem Buch führt. Überblickshaft wird im Folgenden auf Geographie und Geschichte beider Staaten eingegangen, wobei der Schwerpunkt auf solchem Material liegt, das für den Cthulhu-Spielleiter von Relevanz ist. Den Texten gelingt es dabei sehr gut, das Flair der einzelnen Regionen und ihrer Bevölkerung wiederzugeben. Natürlich darf auch ein Überblick über Sagen und Legenden der entsprechenden Landstriche nicht fehlen. Den Städten Paris und Lausanne sind separate Abschnitte gewidmet, wobei vor allem das Kapitel über die Seine-Metropole umfangreiches Material zum Pariser Flair der 1920er enthält. Epochenspezifische Karten von Frankreich und Schweiz runden die Regionalbeschreibungen ab, wobei man sich hier koloriertes Material ähnlich dem der Deutschland-Box gewünscht hätte, da die Karten im Schwarz-Weiß-Druck teilweise schwer zu lesen sind.

Teil III: Anhang enthält die notwendigen Werte der NSCs sowie Kopiervorlagen der Handouts in gewohnter Qualität. Als zusätzliche Beigabe sind zwei Hefte enthalten: ein wunderschön gestalteter, historischer Zugbegleiter, den man seinen Spielern als Handout aushändigen kann, sowie 34-seitiges Heft für den Spielleiter, das eine Vielzahl an Nichtspielercharakteren enthält, die man dazu nutzen kann, den Zug mit Leben zu erfüllen. Gerade letzteres erweist sich als sehr sinnvoll bei einer Kampagne, die einen Großteil ihrer Zeit in dem Mikrokosmos Zug spielt.

Horror im Orient-Express 2: Von Paris in die Alpen zu bewerten, ist kein leichtes Unterfangen. Das vorliegende Material ist liebevoll aufgemacht und kann mit den von Pegasus selbst gesetzten Qualitätsansprüchen problemlos mithalten. Dennoch bleibt ein zwiespältiges Gefühl. Für Spielleiter, welche die Kampagne leiten möchten, ist der Band ein Pflichtkauf und aufgrund seiner umfassenden Informationen absolut empfehlenswert. Wer sich jedoch nur für den Regionalteil des Bandes interessiert, zahlt dafür einen verhältnismäßig hohen Preis, da etwa die Hälfte des Inhalts für ihn irrelevant ist.

Markus Goedecke



Softcover | Erschienen: 1. Januar 2005 | ISBN: 3937826203 | Originaltitel: Horror on the Orient Express | Preis: 24,95 Euro | Sprache: Deutsch

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