Media-Mania.de

 Sheroes

Genderspiele im virtuellen Raum

Autoren: Birgit Richard
Verlag: Transcript

Cover
Gesamt +++++
Anspruch
Aufmachung
Bildqualität
Preis - Leistungs - Verhältnis


Von der virtuellen Heldin Lara Croft hat wohl jeder schon einmal gehört. Sie ist das prominenteste Beispiel für die künstlichen Frauenfiguren der 1990er Jahre. Heute ist Lara nun nicht mehr allein, sie hat Schwestern bekommen. Die Computerspiele mit weiblichen Heldinnen zeigen, dass trotz der Existenz der kulturellen Codierung von Geschlechtern im Rahmen einer kulturindustriellen Herstellung der Spiele Variation, Veränderung und individuelle Aneignung möglich sind.

Professor Doktor Birgit Richard analysiert in ihrem Buch "Sheroes. Genderspiele im virtuellen Raum" exemplarische Computerspiele und stellt die These auf, dass in den männlich konnotierten Alltagsbildern sehr wohl Identifikationsangebote für das Weibliche existieren können: "Auch Computerspiele eröffnen polyvalente Bedeutungshorizonte und die Möglichkeit autonomer Schaulust. Die Mehrfachdeutungen sind allerdings an bestimmte Gestaltungskriterien geknüpft, die die Ausformulierung einer eigenständigen Heldin erst ermöglichen."

Die Grundlage des Buches bilden die Ergebnisse eines Forschungsprojektes mit dem Titel "Die Konstruktion von weiblichen Repräsentationsbildern in Computerspielen", das im Rahmen des Forschungsschwerpunktes "Frauenbewegungen - kultureller und sozialer Wandel" vom Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst von 1999 bis 2001 gefördert und unter der Leitung von Birgit Richard durchgeführt wurde.

Die Professorin für Neue Medien an der Goethe-Universität Frankfurt nähert sich ihrem Forschungsvorhaben in fünf Schritten. Im Kapitel eins, "Mediensprünge & Bildnachbarschaften", führt sie in das Thema ein und setzt sie in Bezug zu den Nachbarmedien wie Comic und Film.
Kapitel zwei, "Laras Schwestern: Von Tomb Raider zu Heavy Metal F.A.K.K. 2", betrachtet die weiblichen Figuren in verschiedenen Computerspielen - neben den im Titel bereits erwähnten Games zum Beispiel auch "Virtua Fighter", "Alone in the Dark", "The Longest Journey" und "The Nomad Soul".

Bei der Analyse von Sheroe April Ryan aus "The Longest Journey" schreibt Richard beispielsweise: "Der hohe Gesprächsanteil und der Ausschluss der direkten körperlichen Gewalt bei der Problemlösung sowie die ,natürlichenÂ’ körperlichen Proportionen der Protagonistin legen zunächst die Vermutung nahe, dass dies ein Spiel ,für FrauenÂ’ sei. Die Charakterisierung der Charaktere entspricht aber weitgehend einer heterosexuellen Geschlechtermetaphysik."

Kapitel drei dreht sich um die "Formen der aktiven Game-Rezeption in Netz und Real Life" und Kapitel vier behandelt "Virtuelle Weiblichkeitsmodelle". Richard schließt im letzten Kapitel, "Zur Konstruktion der Sheroes", ihr Forschungsvorhaben und findet ihre These bestätigt. Interessierte Leser finden ein ausführliches Literaturverzeichnis.

Die wissenschaftliche Abhandlung ist kurz und knapp auf 120 Seiten beschrieben und gut nachvollziehbar. Auch für Fachfremde ist die Analyse verständlich ausgearbeitet und durch den Einsatz farbiger Screenshots ansprechend gestaltet. Besonders hervorzuheben ist das auffällige Cover, das die Computerspielheldin Lara Croft - etwas provokant - im Halbporträt mit zwei großen Waffen in der Hand zeigt. Dieses Deckblatt springt dem Leser sofort ins Auge und steht im Gegensatz zu den sonst so wenig attraktiv gestalteten Einbänden wissenschaftlicher Literatur.

Der transcript Verlag hat sich mit diesem Buch eines Themas angenommen, mit dem in der deutschen Wissenschaft immer noch sehr stiefmütterlich umgegangen wird. Vielleicht inspiriert diese inhaltlich und optisch gelungene akademische Abhandlung andere Wissenschaftlicher und Studenten, sich weiter mit Computerspielen zu beschäftigen.

Nikola Poitzmann



Taschenbuch | Erschienen: 01. Oktober 2004 | ISBN: 3899422317 | Preis: 15 Euro | 120 Seiten | Sprache: Deutsch

Bei Amazon kaufen


Ähnliche Titel
Neubau ModulDas Spiel mit dem MediumDigitale Mode-Illustration mit Photoshop und IllustratorLiteratur, Film und das ComputerspielPraxishandbuch Digitale Illustration