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 Roy Grace, Folge 1: Stirb ewig

Serie: Roy Grace, Folge 1
Autoren: Peter James
Sprecher: Frank Arnold
Verlag: Audiobuch

Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Gefühl
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Ton


Es soll ein zwar geschmacksloser, aber trotzdem umwerfend komischer Scherz zum Abschluss eines feucht-fröhlichen Junggesellenabends werden: Michael, der in drei Tagen seine Verlobte Ashley heiraten soll, wird von seinen vier Freunden lebendig begraben - lediglich mit einem Porno-Heftchen, einer Flasche Whiskey, einer Taschenlampe und einem Walkie-Talkie ausgestattet. Nur ein kleiner Luftschlauch verbindet Michael, der von dem bösen Scherz selbstverständlich vorher nichts ahnte, mit der Außenwelt. Seine vier johlenden Freunde machen sich auf den Weg zur nächsten Tabledance-Bar, mit dem festen Vorsatz, Michael nach wenigen Stunden aus seiner misslichen Lage zu befreien. Doch dann geschieht das Unvorstellbare: Auf dem Weg zur Bar verunglückt der Lieferwagen der vier betrunkenen jungen Männer schwer, stößt frontal mit einem Betonmischer zusammen und wird nahezu zermalmt. Pete, Robbo und Luke sind auf der Stelle tot, lediglich Josh wird schwerstverletzt auf die Intensivstation gebracht.

Ohne Umschweife steigt das Hörbuch direkt in dieses Horrorszenario ein, das wohl nicht nur Klaustrophobikern den Angstschweiß auf die Stirn treiben dürfte. Peter James spielt mit dem Zuhörer, lässt kurz und gemein Hoffnung aufkeimen, als das Walkie-Talkie, Michaels einzige Chance zur Rettung, in einem Gebüsch am Unfallort gefunden wird. Die Hoffnung zerschlägt sich umgehend: Davey, der Finder, ist ein geistig behinderter junger Mann, der das Gerät einsteckt, ohne die drohende Gefahr zu erkennen. Auch sonst strapaziert der Autor ziemlich gnadenlos die Nerven seines Publikums: Warum wusste Michaels Freund und Geschäftspartner Mark, der dem Junggesellenabend aufgrund eines verspäteten Fliegers nicht beiwohnen konnte, nichts von dem Scherz? Weiß er wirklich nicht, wo Michael steckt - oder spielt er ein falsches Spiel? Welche Geheimnisse hat die schöne Ashley, Michaels Verlobte? Während diese Fragen quälend langsam aufgeworfen werden und immer wieder neue Hinweise und falsche Fährten entstehen, wird in Michaels Sarg die Luft knapp - und das Grundwasser in dem Erdschacht beginnt unaufhaltsam zu steigen … Aufgepasst: Bei diesem Thriller möchte man sich als Zuhörer ständig die Haare raufen, an den Fingernägeln kauen oder alles gleichzeitig - leidet man doch mit dem lebendig begrabenen Protagonisten mit.

Sprachlich ist James’ Werk nicht herausragend, bisweilen recht seicht - er benutzt allen Ernstes Ausdrücke wie "Brüste, für die man einen Waffenschein braucht" -, passt sich damit aber einem Thriller an, der den Anspruch hat, zuallererst und durchgängig für nervenzerreißende Spannung zu sorgen, was ihm unbestritten gelingt. Irritierend ist der irgendwie US-amerikanische Einschlag, der der Yuppie-Clique und der gesamten Handlung anzuhaften scheint, obwohl "Stirb ewig" in Sussex, England spielt. Die Charaktere sind allesamt erfolgreich, smart oder beides, die Frauen sind schlank, sehen umwerfend aus und tragen niedliche Namen wie Ashley und Sandy, der ermittelnde Inspektor Roy Grace ist vom Schicksal gebeutelt … man vermisst ein wenig den schrulligen Charme, den viele Werke von britischen Autoren in sich tragen. Ein paar mehr Ecken und Kanten hätten dem Roman unter Umständen gut getan, stattdessen gibt es mehr Action und einen Hollywood-würdigen Spannungsbogen. Vielleicht spielt hier eine Rolle, dass der Autor Peter James lange Jahre selbst in den USA lebte und dort unter anderem Drehbücher schrieb. Unbestritten ist "Stirb ewig" ein sehr unterhaltsames Thriller-Lehrstück mit fiesen, hinterhältigen Wendungen, das für Hochspannung sorgt, indem es den Zuhörer direkt in die Handlung hineinwirft, ihn atemlos mit Michael in seinem Grab mitfiebern lässt und ihn ständig zu Spekulationen über die Motive der undurchsichtigen Charaktere anregt. "Stirb ewig" arbeitet nicht subtil, sondern weckt in jedem die Urangst, lebendig begraben zu sein.

Das hier rezensierte Hörbuch aus dem Audiobuch-Verlag umfasst insgesamt sieben CDs mit einer Gesamtspiellänge von 503 Minuten; es handelt sich um eine gekürzte Lesung der Romanvorlage. Die CDs sind in zwei Jewel-Boxes (also den klassischen CD-Hüllen aus Plastik) untergebracht und haben alle eine andere Farbe, was optisch gelungen wirkt. Leider gibt es keinerlei Booklet - warum, bleibt ein Rätsel. Zumindest ein paar Informationen über den Autor hätte man als Hörer gerne gehabt. Überzeugend gelesen wird "Stirb ewig" von Frank Arnold. Gekonnt verstellt der geborene Berliner, bekannt als Schauspieler, Dramaturg, Regisseur und Rundfunksprecher, seine Stimme und mimt so zum Beispiel die betrunkenen Freunde von Michael.

Fazit: Packend, temporeich und unterhaltsam in allerbester Thriller-Manier, kein Hörbuch für schwache Nerven und Leute mit Platzangst! Eine allzu tief gehende Handlung sollte man nicht erwarten, aber der Anspruch - nämlich spannend zu unterhalten - wird hier sehr gut erfüllt.

Christina Liebeck



CD | CD-Anzahl: 7 | Erschienen: 01. März 2006 | ISBN: 3899641787 | Laufzeit: 503 Minuten | Originaltitel: Dead Simple | Preis: 29,95 Euro

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