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 Mord in mageren Zeiten


Cover
Gesamt ++---
Anspruch
Aufmachung
Gefühl
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung


Lady Harriet Wimsey versucht dem Krieg und den damit verbundenen Einschränkungen mit Gelassenheit zu begegnen. Sie lebt mit ihren zwei Söhnen und den drei Kindern von Charles Parker und Lady Mary, der Schwester ihres Mannes, in Talboys. Hier auf dem Land lässt sich Mitte 1940 der Krieg gegen Deutschland nur erahnen. Indirekt bestimmt er zwar durch zahlreiche Maßnahmen der Regierung ihr Leben, eine direkte Bedrohung existiert jedoch noch nicht. Wenn nicht der Auftrag von Lord Peter Wimsey wäre ... Er befindet sich in geheimer Mission im Ausland, Harriet wird nicht verraten wo, und sein Leben scheint in höchster Gefahr zu sein.
In dieser Situation, mitten während einer Luftschutzübung, kommt es zu einem grausamen Mord an einer jungen Frau. Sie wird brutal ermordet auf der Dorfstraße gefunden, als die Bewohner von Paggleham aus den Luftschutzräumen wieder ans Tageslicht streben.
Inspektor Kirk, Harriet durch die Ermittlungen während ihrer Flitterwochen in Talboys noch gut in Erinnerung, kann sich den Ermittlungen kaum widmen, ist er doch kriegsbedingt sehr beschäftigt. Er muss nicht nur jeder privaten Anzeige nachgehen, die irgendeine verdächtige Person der Spionage für Deutschland verdächtigt, er kann auch nur mit wenigen Beamten und Helfern seinen zahlreichen Aufgaben nachgehen. Kirk zeigt sich auch außer Stande, in Umkreis der jungen Landwirtschaftshelferinnen zu ermitteln, aus deren Mitte die Ermordete Wendy stammt. Er bittet Harriet für ihn einigen Frauen und Dorfbewohnern vorsichtig auf den Zahn zu fühlen, da sein privater Ermittler Lord Peter abwesend ist. Harriet ist einverstanden, kann sie doch so ihre Angst um Peter verdrängen und dem zunehmend anstrengenden Alltag ein wenig entkommen.
Es gibt zwar zahlreiche Verdächtige, denn die "windige Wendy", wie sie von ihren Freundinnen genannt wird, pflegte einen sehr lockeren Umgang mit den jungen Männern im Dorf zu haben, aber fast jeder war während der Luftschutzübung in einem der beiden Luftschutzunterkünfte. Harriet wird zunehmend mutloser und immer mehr missfällt es ihr, den Dorfbewohnern, Landverschickten, Flüchtlingen und Militärangehörigen "auf den Zahn zu fühlen".
In dieser Situation spitzt sich ihre private Situation dramatisch zu. Peter scheint in Lebensgefahr zu schweben und ein chiffrierter Brief von ihm, der einen Fluchtplan und den letzten Ausweg für ihn und seinen Begleiter Bunter zu beinhalten scheint, wird ihr von dem Geheimdienstmitarbeiter Bungo überbracht. Nur Harriet, so Bungo, kann ihn dechiffrieren. Nun hängt das Leben ihres geliebten Peter von ihr ab - nur hat sie, gelinde gesagt, keine Ahnung, wie ein Geheimcode funktioniert und wie sie die lange Zahlenkolonne in einen sinnvollen Text übersetzen soll. Doch Peter hat ausdrücklich "nur Harriet" hinzugefügt, wohl wissend, dass seine Botschaft von den Deutschen abgefangen werden und eine ganze Dechiffrierabteilung beschäftigen wird.

Dorothy L. Sayers, berühmte englische Kriminalautorin, hat nach dem zweiten Weltkrieg keine Zeile mehr zu Papier gebracht, die der weltweiten Leserschaft, das Schicksal ihres berühmtesten Helden Lord Peter Wimsey offenbaren würde. Die letzten Hinweise veröffentlichte sie im Jahre 1939/1940 im "Spectator", einer englischen Zeitung. In Form einiger Briefe zwischen wichtigen Charakteren ihrer Romane werden die Lebensumstände ihrer Protagonisten angerissen.
Dieses Material übergaben Bruce Hunter und Anthony Fleming, die Rechteinhaber am Werk der Sayers, Jill Paton Walsh. Die britische Autorin hatte bereits den Roman "In feiner Gesellschaft" im Namen von Dorothy L. Sayers vollendet.
Hier nun hat sie, ausgehend von einigen Briefen, einen kompletten Roman verfasst, der nicht aus der Feder von Dorothy L. Sayers stammt. Einzig einige Briefe und entlehnte Informationen stammen von Dorothy L. Sayers; Stil, Kriminalhandlung und Ausbau der Beziehungen zwischen den Charakteren stammen aus der Feder von Jill PAton Walsh.

Leider ist das viel zu wenig, um aus diesem Buch ein gutes zu machen. Die langweilige Handlung, die nervtötenden Charaktere, die öden Versuche, den Hauptpersonen neue Facetten abzugewinnen, sind ganz und gar misslungen. Hinzu kommt, dass keinerlei Spannung dem Mordfall, dem Weltkriegsscenario oder der Gefahr, in der Lord Peter steckt, abgewonnen wird. Paton Walsh schreibt so betulich und so belanglos, dass der Roman als schlechtester der Reihe rund um den sonst so charmanten und witzigen Detektiv gelten kann.
Zu keiner Zeit feselt das Buch, nie fragt man sich, was nun passieren könnte, so emotionslos spult Walsh diese Geschichte ab.
Dieses Buch verdient nicht den Namen Sayers. Es ist zu über 95 Prozent ein Roman von Jill Paton Walsh und nicht im entferntesten eines Lord Peter Wimsey würdig!

Fazit: Dieses Buch musste nicht sein - man kann es getrost in der Bücherei oder dem Buchladen stehen lassen.

Stefan Erlemann



Taschenbuch | Erschienen: 01. März 2004 | ISBN: 3499236176 | Originaltitel: A Presumption of Death | Preis: 8,90 Euro | 377 Seiten | Sprache: Deutsch

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