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 Only Yesterday


Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Bildqualität
Extras
Gefühl
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Ton


Taeko freut sich auf ihren Landurlaub. Aber niemand aus ihrem Freundeskreis kann sie verstehen. Sie hat einen guten Job in der Stadt und in den Ferien lässt man entweder die Sonne oder neue Bekanntschaften an sich heran. Doch Taeko will bei der Ernte der Färberdisteln helfen - ausgerechnet in ihrem knappen und kurzen jährlichen Urlaub als Erntehelferin arbeiten.
Doch Taeko kann sich nichts Schöneres vorstellen, als mit netten Menschen gemeinsam auf dem Feld zu arbeiten. Der junge Ökobauer Toshio holt sie vom Bahnhof ab.
Seltsamerweise erinnert sich Taeko auf der Zugfahrt und während der anstrengenden Arbeit der Distelernte und der Gewinnung des begehrten Farbstoffs an ihre Kindheit. An die Zeit, als sie in die fünfte Klasse ging und ein wenig erfreuliches Leben hatte.
Ihre deutlich älteren Schwestern halten die Zehnjährige für geistig minderbemittelt und mögen den kleinen Störenfried nicht. Auch ihre Eltern machen sich ständig Sorgen um das zarte, oft gedankenverlorene Mädchen. So erlebt sie eine erste Liebe, die Wirren der ersten Vorboten der Pubertät und viele häusliche Streiterein wie in Trance und immer ohne das nötige Verständnis der Umwelt.
Taeko versteht nicht, warum sie ausgerechnet hier, auf dem Land bei Fremden und während der Arbeit, an eine Zeit erinnert wird, die sie lange verdrängt hat und an die sie sich eigentlich gar nicht erinnern will.
Erst Toshio hilft der jungen Frau zu verstehen, warum diese Zeit für sie so wichtig war und bis heute ist. Endlich versteht Taeko die Botschaft aus ihrem Inneren und trifft eine Entscheidung.

Der Anime "Only Yesterday", 1994 in die Kinos in Japan gekommen und dort enthusiastisch gefeiert, ist seit Juni 2006 auch auf DVD erhältlich. Leider mit wenig interessanten Extras erwartet den Zuschauer ein nicht perfektes, aber noch annehmbares Bild. Schärfe und Farbe könnten besser sein. Der Ton ist gut, aber nur für normale Boxensysteme gedacht.
Die Geschichte aber ist einfach nur lieb. Die erwachsene und die zehnjährige Taeko sind derart poetisch und dramaturgisch gelungen charakterisiert, dass es eine Freude ist, ihnen zuzusehen. Leider ist der Zeichenstil arg minimalistisch - zumindest die Personen sind sehr einfach, grob und anime-typisch überzeichnet gestaltet. Die Landschaften hingegen sind fantastisch und sehr detailreich ausgearbeitet.
Doch über allem liegt die psychologisch grandios fundierte und sehr anrührende Geschichte dieser jungen Frau. Die fragmentartigen Erinnerungssequenzen sind so exakt eingefangen, dass man sich an die eigene Kindheit erinnert fühlt. Keineswegs spart diese Geschichte mit traurigen, anheimelnden Szenen. Man muss sich einfach in dieses Mädchen beziehungsweise die junge Frau verlieben und mit ihr hoffen und sehnen, dass ihre Zukunft erfüllter sein wird als ihre Vergangenheit.
Die für einen Anime sehr lange Laufzeit von 118 Minuten ist keine einzige Minute langweilig. Es passiert zwar eigentlich in dieser Geschichte nichts, Alltag und Alltägliches ist zu sehen, aus der Zeit der 70er Jahre und der 80er Jahre, gewürzt mit zeittypischen Ereignissen, der damaligen Mode und den Sehnsüchten der Kinder dieser Zeit - zumindest in Japan, denn der Film ist sehr deutlich dort verankert. Ob es die Verhaltensweisen der Erwachsenen, der Kinder oder der Arbeiter sind, immer sind Sitten und Gebräuche deutlich anders, als es der europäische Zuschauer gewohnt ist. Dies führt nicht zu einer Fremdartigkeit des Films, sondern betont die emotionale Geborgenheit der jungen Taeko in ihrem Land.
Musik und Synchronisation sind sehr gelungen und stärken den Gesamteindruck dieses modernen Märchens. Die Geschichte dieser jungen Frau steht exemplarisch für den Traditions-Verlust der modernen Stadtbevölkerung. Im Schicksal von Taeko vermag der Regisseur die Geschichte der japanischen Gegenwart zu versinnbildlichen. Es ist ein emotional packendes Plädoyer für ein einfaches, selbstbestimmtes Leben.

Fazit: Wer über den kindlichen Stil der gezeichneten Personen gnädig hinwegsieht, erhält mit dieser DVD einen zwar sehr teuren, aber auch äußerst gelungenen Film über das Schicksal einer jungen Japanerin. Musik, deutsche Synchronisation und die Landschaftsbilder sind sehr gelungen, die fast zwei Stunden dauernde Geschichte lohnt unbedingt.
Schwache Extras und ein gelegentlich etwas unscharfes, körniges Bild sind zu verschmerzen, sollten aber bei einer so teuren, ansonsten liebevoll gestalteten DVD nicht vorkommen!

Stefan Erlemann



DVD | Disc-Anzahl: 2 | Erschienen: 01. Juni 2006 | FSK: 12 | ISBN: B000EUMLKS | Laufzeit: 118 Minuten | Originaltitel: Omoide Poroporo | Preis: 20,95 Euro | Untertitel verfügbar in: Deutsch | Verfügbare Sprachen: Deutsch, Japanisch

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