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 Die Geständnisse des Grafen Dracula

Autoren: Fred Saberhagen
Übersetzer: Malte S. Sembten
Verlag: Festa, Leipzig

Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Gefühl
Humor
Spannung


Wer kennt ihn nicht, den berühmtesten Vampir aus Literatur und Film: Graf Dracula. Mit dem blutsaugenden Fürsten aus Transsilvanien hat Bram Stoker einen großartigen Bösewicht erschaffen. Fred Saberhagen hat sich nun des Grafen angenommen und lässt ihn die berühmte Geschichte aus seiner Sicht erzählen, was ein völlig neues Licht auf die Ereignisse wirft und ihn zum Antihelden der Extraklasse stilisiert.

Ungefähr 80 Jahre nachdem die schicksalhafte Jagd des Grafen durch van Helsing und dessen Gefährten stattgefunden hat, spricht Dracula selbst die Geschichte auf mehrere Tapes auf. Eine Abschrift dieser Tapes liegt nun in "Die Geständnisse des Grafen Dracula" vor. Und wie anders stellt sich die Geschichte doch aus der Sicht des Verfolgten dar!

Dracula empfängt Jonathan Harker auf seinem Schloss. Der Graf will ein Haus in London erwerben und Immobilienmakler Harker soll ihm alle Informationen persönlich überbringen. Der alte Vampir hat sich nämlich vorgenommen, wieder in einer mit Menschen gefüllten Metropole zu leben und sich aus der Einsamkeit seines Schlosses zurückzukehren. Er bemüht sich, Harker so gut wie möglich zu versorgen und ihn von den drei Vampirbräuten fern zu halten, die mit ihm im Schloss leben. Natürlich kann er ihn nicht offen vor den weiblichen Blutsaugern warnen, aber er spricht das Verbot aus, verschlossene Zimmer zu betreten, denn dort treiben diese ihr Unwesen. Leider hält sich Harker nur zu Anfang daran und es kommt, was kommen muss. Die Vampirbräute saugen ihm etwas Blut aus, doch Dracula kann Schlimmeres rechtzeitig verhindern. Außerdem sieht Harker den Grafen die Schlossmauern erklettern und bemerkt sein fehlendes Spiegelbild. Dracula wünscht sich, dass Harker seine Höflichkeit fallen lässt und ihn gerade heraus nach den Ereignissen fragt. Er hofft, dass er ihm sein Vampirleben in kleinen Schritten verständlich machen kann, ja er will sogar als angesehener Bürger nach London übersiedeln.

Doch wer das Original kennt, der weiß, dass ihm dieses Unterfangen nicht gelingen soll. Harker interpretiert in viele Geschehnisse falsche Absichten des Grafen und sein Geist vermag all diese seltsamen Dinge nicht wirklich aufzunehmen.

Saberhagen nimmt in seiner Dracula-Version viele Originalpassagen aus dem Roman von Stoker zu Hilfe. Gespräche werden teilweise Wort für Wort wiederholt, aber durch den neuen Protagonisten in einem völlig anderen Licht dargestellt. Einige Ereignisse wurden auch weggelassen, wie das Bild von Mina, das Dracula im Schloss bereits sieht. Dafür sind einige wirklich komische Elemente in die Geschichte eingeflossen. Besonders originell ist die "draculasche Spülmaschine". Da Dracula kein Personal hat, kocht er selber für seinen Gast. Er will aber nicht übermäßig viel arbeiten, darum entscheidet er sich dafür, das gebrauchte Geschirr einfach aus dem Fenster zu werfen. In einigen Jahrhunderten wird sich das Gold von selber gereinigt haben und er braucht es nur wieder einzusammeln.

Genau wie das Original in leicht holprigem Englisch geschrieben wurde ist auch dieser Roman in einer zum Protagonisten passenden Sprache verfasst. Sie mutet leicht altertümlich an, ist aber trotzdem modern. So, wie man es von einem mehrere Jahrhunderte alten Vampir erwarten würde. Zwar passt er sich der modernen Umwelt an, kann sich seinen Sprachwurzeln aber nicht vollends entziehen.

Außerdem zeigt dieses Buch einen sehr menschlichen, sympathischen Dracula. Wer hier zum Bösen wird, das sind van Helsing und die anderen Männer, die Dracula jagen und hetzen. Lucy stirbt letztendlich durch die drei verschiedenen Bluttransfusionen, die sie bekommt. (Vor über 100 Jahren waren Blutgruppen noch unbekannt.) Und van Helsing ist ein übereifriger Professor, der durch Unwissen mehr Schaden anrichtet, als dass er hilft.

Um den Roman voll auskosten zu können, sollte man allerdings das Original von Bram Stoker kennen oder wenigstens eine der bekannteren Verfilmungen gesehen haben. Sonst versteht man viele Anspielungen nicht und die Kunst, einen Roman aus der Sicht des "Feindes" zu schreiben, wird nicht so gut nachvollziehbar sein.

Fazit: Eine wirklich spannende Neuinterpretation des Vampir-Klassikers "Dracula", die sich sehr am Original orientiert. Für alle Vampir-Fans eine absolute Pflichtlektüre. Für Neueinsteiger des Genres allerdings nicht unbedingt geeignet, denn ein Grundwissen zur Dracula-Geschichte sollte vorhanden sein, dann steht dem spannenden Lesevergnügen aber nichts mehr im Wege.

Bine Endruteit



Taschenbuch | Erschienen: 01. Juni 2006 | ISBN: 3865520332 | Originaltitel: The Dracula Tapes | Preis: 12,95 Euro | 252 Seiten | Sprache: Deutsch

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