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 Anna Fink, Band 1: Die Fanfare des Königs

Anna Fink, Band 1

Serie: Anna Fink, Band 1
Autoren: Boris Zatko
Verlag: Books on Demand

Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung


Der in Basel lebende Autor Boris Zatko ist als Illustrator von Bilderbüchern sowie als Zeichner von Comics wie dem Sparkassen-Magazin KNAX bekannt - mit seinem im November 2006 bei Books-on-Demand erschienenen Roman "Anna Fink - Die Fanfare des Königs" wagte er nun seinen ersten Versuch, auch als Schriftsteller fantastischer Kinder- und Jugendbücher Fuß zu fassen.

Ein halbes Jahr ist es nun bereits her, dass Anna und ihre Mutter Linda Nachricht vom Tod Hiram Finks bekommen haben, der bei einem seiner Arbeitstage als Pilot verschollen und nicht wieder zurückgekehrt war. Als wäre es nicht schon schlimm genug, dass Hiram Fink seiner Familie außer einem Koffer und einer kaputten Uhr nichts vermachen konnte, wird nur wenige Wochen nach seinem Verschwinden in die Wohnung von Anna und ihrer Mutter eingebrochen. Zu allem Übel verliert Linda Fink dann auch noch ihre Anstellung als Lehrerin.
So kann die beiden Finks nichts mehr halten, als sie eines Tages einen ominösen Brief von einem gewissen Notar Ribbeldip erhalten. Dieser schreibt Annas Mutter, dass ein Tom Trondolin ihr ein Haus in Taustadt vermacht habe. Kurzerhand kratzen Anna und ihre Mutter ihr letztes Geld zusammen und kaufen sich Zugtickets nach Taustadt, in der Hoffnung, dass dort alles besser würde. Tatsächlich scheint Linda Fink ein Haus geerbt zu haben, obwohl sie nie jemanden mit dem Namen Tom Trondolin gekannt hat, doch als Notar Ribbeldip sie zu dem ihr überlassenen Grundstück führt, werden Lindas schlimmsten Befürchtungen wahr: Das Haus ist eine einzige Bruchbude und zudem viel zu groß, um es alleine unterhalten zu können! Und dann sind da noch die Zigeuner Wilhelm Markward, Selma Buddel, Tiberius Woda und Alwin Fidelius, denen der Vorbesitzer erlaubt haben soll, in seinem sehr verwilderten Garten zu hausen. Das kommt für Linda Fink natürlich überhaupt nicht in Frage, doch nachdem der in Verlegenheit gebrachte Notar der neuen Hausbesitzerin zugesichert hat, dass ihr die Zigeuner bei der Renovierung unter die Arme greifen würden, willigt sie ein, die seltsamen Gestalten noch zumindest bis dahin bei sich wohnen zu lassen.
Anna hingegen grübelt nun schon einige Zeit darüber, in was sie und ihre Mutter da hineingeraten sind - denn dass hier alles mit rechten Dingen zugeht, glaubt sie beim besten Willen nicht mehr! Angefangen hat alles mit dem Mann, den sie aus dem Zugfenster in der Wolfsschlucht erspähen konnte und der mit einem Adler zu sprechen schien. Dann war da dieser unheimliche Mann im Bahnhofscafé gewesen, dem Haare aus den Ohren gewachsen waren. Und dann Karl, der wie aus dem Nichts in der Erde unter einer Bank aufgetaucht war, auf der sie auf ihre Mutter gewartet hatte! Karl, der ihr allerlei verwirrende Dinge gesagt und Wörter verwendet hatte, mit denen das junge Mädchen nichts anfangen kann: Grenzwächter, Späher, Negasem. Anna ist klar: Will sie das Geheimnis um diese seltsame Erbschaft lüften, muss sie sich selbst auf die Suche nach des Rätsels Lösung machen ...

Ohne überhaupt erst bei Kinder- und Jugendbuchverlagen vorstellig zu werden, hat sich der Schweizer Autor Boris Zatko dazu entschlossen, seinen Debütroman unter eigener Regie bei Books-on-Demand zu veröffentlichen. Diese Vorgehensweise machte es dem Autor unter anderem möglich, sein Buch selbst zu gestalten und eine eigene Coverillustration dafür zu entwerfen - eine Aufgabe, die Zatko als engagierter Illustrator und Comic-Zeichner mit Erfolg gemeistert hat, denn das Layout des Covers überzeugt in seiner kindgerechten Gestaltung auf den ersten Blick.
Doch die Veröffentlichung bei Books-on-Demand bringt für den Leser von "Anna Fink - Die Fanfare des Königs" auch Negatives mit sich. So sind die rund 320 Seiten des Romans randvoll bedruckt, wodurch sich ein ohnehin schon langsamer Leser zu Beginn Mühe geben muss, das Gefühl, auf der Stelle zu treten, zu unterdrücken. Neben der Tatsache, dass man während der Lektüre der fantastischen Geschichte viele verlorengegangene Buchstaben vermisst und diese an anderer Stelle überflüssigerweise wiederfinden muss, verwendet Boris Zatko zudem ab und an leider Ausdrücke und Bezeichnungen, die man vielmehr der Umgangssprache denn einem literarischen Werk zuschreiben muss und die durch ein professionelles Verlagslektorat hätten ausgemerzt werden können. Als letztes darf wohl auch der Preis des Taschenbuches nicht unerwähnt bleiben, der mit 19,90 Euro sicherlich eine Hemmschwelle für den einen oder anderen interessierten Käufer darstellt - allerdings muss man dem Buch zugestehen, dass es sehr stabil und robust geklebt ist und zudem auf hochwertiges, festes Papier gedruckt wurde.
Viel mehr jedoch wird der Leser an "Die Fanfare des Königs" nicht aussetzen können und so kritisch sich die angeführten Punkte auch anhören mögen - angesichts dessen, was Boris Zatko während des Verlaufs seiner Erzählung aus dem Hut zaubert, sind alle anderen Mängel erfreulicherweise zu vernachlässigen, muss man doch im gleichen Zuge berücksichtigen, dass es sich um Boris Zatkos Debütwerk im schriftstellerischen Bereich handelt und alle Arbeit zudem allein auf seinen Schultern lastete.

Obwohl Boris Zatkos Protagonistin Anna bereits auf den ersten Seiten merkwürdige und unerklärliche Beobachtungen macht und sich zahlreiche mysteriöse Dinge ereignen, beginnt die Erzählung "Die Fanfare des Königs" sehr ruhig und gemütlich. Mit viel Liebe zum Detail beschreibt der Autor die Landschaft und das Ziel der beiden Finks, lässt die Wolfsschlucht und Taustadt vor dem inneren Auge des Lesers plastisch werden. Schnell jedoch verdichten sich die Ungereimtheiten, stolpert Anna über immer neue Rätsel und durchlebt ein abenteuerliches Ereignis nach dem anderen. Denn hier lässt Zatko seinen Ideen freien Lauf und zeichnet mit viel Liebe Charaktere, die bizarr und unterhaltsam, gleichermaßen aber auch ernstzunehmen und keineswegs albern sind. Im gleichen Zuge, wie auch Anna Fink immer neugieriger und verwirrter wird, möchte auch der Leser endlich erfahren, wie all die seltsamen Andeutungen, Geschehnisse und Vorfälle, die sich im Laufe der Geschichte ereignen, denn nun in Verbindung zueinander stehen und welche Bedeutung sie für Anna und ihre Mutter haben. Doch Boris Zatko versteht es, diese Spannung gekonnt bis zum Schluss seiner Erzählung aufrechtzuerhalten und dem erwartungsvollen Leser erst gegen Ende des Buches die Lösung zu all seinen Fragen und Rätseln stückchenweise zu enthüllen. Und obwohl man hierbei als älterer Leser das eine oder andere sicherlich bereits vermutet oder geahnt hat, kann man nichtsdestotrotz über die stimmigen Details der Auflösung staunen.
Auch die Darstellung seiner Hauptakteurin mit all ihren Gefühlen, Zweifeln und Gedanken gelingt dem Autor die meiste Zeit über glaubhaft und nachvollziehbar. Nur selten kommt es hier vor, dass Boris Zatko auf augenscheinlich klischeehafte Verhaltensweisen und Charakterzüge zurückfällt, von denen er sich glücklicherweise immer wieder schnell abwenden kann. So zeichnet der Autor ein sowohl sehr tief- als auch nahegehendes Bild der zwölfjährigen Anna.

Grenzwächter, Späher, ein fliegender Koffer, eine fantastische Parallelwelt, Mooszwerge, zauberhafte Tränke, fremde Früchte, versteinerte Wesen - Boris Zatko hält für seinen Leser ein Feuerwerk an Einfällen bereit, die zwar nicht alle völlig neu sind, die der Autor jedoch zu einem überzeugenden und - was noch viel wichtiger ist - spannenden sowie unterhaltsamen Ganzen zusammensetzt. So entwickelt sich eine abenteuerliche Geschichte, die ihrer Protagonistin keine Ruhe gönnt, sondern die sie stattdessen in Kapiteln von zehn bis fünfzehn Seiten von einem Erlebnis in das nächste stürzen lässt. Während der Großteil der Handlung sich in unserer Welt abspielt, gelangt Anna Fink erst zum Finale der Erzählung in die geheimnisvolle Parallelwelt, deren Existenz sie im Laufe der Geschichte entdeckt. Somit hat der Leser also erst einen kleinen Bruchteil der fantastischen Welt Negasem kennengelernt, deren Name in der Sprache der Menschen so viel wie Fabelwelt bedeutet. Erst auf den letzten Seiten des Buches wird deutlich, welche Arten- und Formenvielfalt diese Parallelwelt tatsächlich in sich beherbergt, welche zahllosen Abenteuer und Entdeckungen vermutlich noch auf Anna Fink warten. Denn dass es weitergeht, ist gewiss, denn obwohl "Die Fanfare des Königs" als in sich abgeschlossene Geschichte bestehen kann, ist die Reihe um Anna Fink als Trilogie konzipiert - und der zweite Band ist bereits in Arbeit.

Fazit:
Was man bei "Anna Fink - Die Fanfare des Königs" an Setzfehlern, sprachlichen Mängeln oder holprigen Momenten während des Handlungsverlaufs finden kann, gleicht Boris Zatko durch eine einfallsreiche und liebevoll komponierte Geschichte sowie tiefgründige Charaktere wieder aus und legt auf diese Weise ein schönes Debüt vor, dem nicht zuletzt bereits deswegen Respekt und Aufmerksamkeit gebührt, weil der Autor all sein Herzblut in das Projekt fließen lässt.

Hinweis:
Weitere Informationen zur "Anna Fink"-Trilogie sowie ein Blog, der vom Autor beständig mit Neuigkeiten auf dem Laufenden gehalten wird, finden sich unter www.annafink.com.

Nachtrag:
Für sein Debüt als Kinderbuchautor wurde Boris Zatko mit dem "BoD AutorenAward 2007" ausgezeichnet. "Der Award zeichnet nicht nur literarische oder sachliche Textqualität aus, sondern honoriert neben kreativer Cover- und Buchgestaltung auch innovative Marketingstrategien", schreibt der Verlag auf seiner Homepage.

Valentino Dunkenberger



Taschenbuch | Erschienen: 01. November 2006 | ISBN: 9783833462191 | Preis: 19,90 Euro | 322 Seiten | Sprache: Deutsch

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