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 Der Meister des siebten Siegels


Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Dieser Historienroman spielt im ausgehenden 16. Jahrhundert und erzählt die Geschichte vom abenteuerlichen Leben des Adam Dreyling zu Wagrain, der mit seinem Können und Wissen über den Bronzegeschützguß erheblich dazu beigetragen hat, das Königreich England auf den Weg zur aufstrebenden Weltmacht zu bringen.

Die Geschichte nimmt ihren Anfang um 1574 im österreichischen Schwaz, wo Adam Dreyling seinen Lebensunterhalt als Bergmann im Dienste der Fugger verdient. Ein Fehlurteil über die Sicherheit eines Stollens führt zu einem Grubenunglück, bei dem zahlreiche Bergleute, hier als Knappen bezeichnet, ums Leben kommen. Dies nehmen die aufgebrachten Bergleute zum Anlass, um bewaffnet nach Insbruck zu ziehen und dort bessere Bedingungen für sich zu fordern. Da er ein Mann von Stand ist, wird Adam Dreyling zum Sprecher der Knappen ernannt und soll die Forderungen mit dem Erzherzog verhandeln.
Der Knappenaufstand ist ein voller Erfolg und die Bergleute kehren als Sieger nach Schwaz zurück. Als sie jedoch um ihre Zugeständnisse betrogen werden, kommt es zum Aufruhr, bei dem Adams junge Frau das Leben verliert und er selbst vor dem tobenden Mob aus seiner Heimat fliehen muß.
Auf Büchsenhausen in Innsbruck findet er Unterschlupf bei seinem Onkel Hans Christoph Löffler, dem zu der Zeit herausragendensten Geschützgießermeister Europas. Hier beginnt er seine langjährige Ausbildung zum Bronzegeschützgießer, die jedoch niemals abgeschlossen werden soll, da sein Onkel die Geheimnisse des Geschützgusses eifersüchtig und mit brutaler Gewalt hütet. Zutiefst enttäuscht macht sich Adam Dreyling daran, nach und nach die Geheimnisse des ausgeklügelten Geschützgusses zu ergründen oder zu stehlen, den Sieben Siegeln, wie er sie für sich selbst bezeichnet. Nachdem er das letzte der Siegel geöffnet hat, flieht er bei Nacht und Nebel mit Hilfe des Kupferhändlers Willi Davido, der nicht das zu sein scheint, als was er sich ausgibt. Verfolgt von den Häschern seines Onkels führt ihn sein gefahrenvoller Weg über Venedig bis nach England, wo sich der Geheimdienst ihrer Majestät seiner annimmt. Denn er kennt das Geheimnis einer Kunst, welche die politischen Gewichte Europas entscheidend verändern kann?

Das Buch ist als ein Roman geschrieben worden, wurde aber wie ein wissenschaftliches Werk recherchiert. Zwar wird der Leser mit heutzutage nahezu unbekannten Begriffen aus dem mittelalterlichen Bergbau, dem Bronzegeschützguß oder der Schifffahrt konfrontiert, jedoch fügen sich die Begriffe in die Erzählung ein und werden durch die fortlaufende Geschichte selbst erklärt. Die Autoren verlieren sich also nicht in weitschweifigen und langweiligen Erklärungen, die mit der eigentlichen Geschichte nichts zu tun haben und dadurch zum weiterblättern anregen, wie dies zum Beispiel ganze Kapitel lang bei "Moby Dick" der Fall gewesen ist.
Der Leser bekommt ebenfalls auf diese Weise einen guten Eindruck von den politischen Geschehnissen in Europa, ohne sich an langweiligen Geschichtsunterricht erinnert zu fühlen.
Die von den Autoren verwendeten Quellen werden im Anhang im genaueren genannt, so daß der geschichtsinteressierte Leser in der Lage ist, bei Bedarf noch tiefer in die Materie einzudringen.

Der Schreibstil ist schon für ein wenig anspruchsvolleres Publikum bestimmt und verlangt nach einem geübteren Leser.

Es gibt zwei Handlungsstränge in dem Buch. Zum einen ist da die Gerichtsverhandlung im Jahre 1590, bei der Adam Dreyling der Anstiftung zum Knappenaufstand angeklagt wird, zum anderen wird seine fortlaufende Geschichte vom Jahre 1574 an immer wieder in den Vordergrund der Erzählung geschoben. Beiden Handlungssträngen kann man jedoch mühelos folgen.

Sehr schön ist die Detailgenauigkeit der Autoren, die auch mal nebensächliche Dinge beschreiben, die in anderen Büchern vor romantischer Verklärung unterschlagen werden. Seien es die Holzsplitter die eine Kanone beim abfeuern von der Bordwand losreissen und den eigenen Matrosen üble Verletzungen zufügen, oder der grauenhafte Gestank auf einer Galeere, den gut 320 rund um die Uhr angekettete Rudersklaven verursachen, die nicht mal so eben zur Toilette gehen können. Charlton Heston als Ben Hur hätte auf einer solchen Galeere wohl noch weniger Spaß gehabt, als im Film dargestellt.

Die Eigenarten der Hauptcharaktere werden dem Leser sehr gut nahegebracht, wobei auch sie wieder eher durch die fortlaufende Geschichte entdeckt, statt durch platte Personenbeschreibungen vermittelt werden.

Mir hat das Buch sehr gut gefallen, da hier geschichtliche Fakten in einer Erzählform dargelegt wurden, die einfach Spaß gemacht hat, und die mich nicht an einen trockenen Geschichts-Leistungskurs erinnerte. Ich war immer neugierig, wie die Geschichte des bemitleidenswerten Unglückswurms Adam weiterging, der vom Schicksal ständig gebeutelt wurde, nur um an anderer Stelle wieder von vorne anfangen zu müssen.

Wer sich für Geschichte interessiert und nicht unbedingt ein glückliches Ende von einem Buch erwartet, wird mit diesem Buch sicher eine gute Unterhaltung finden.

Holger Ebert



Taschenbuch | Erschienen: 1. September 2001 | ISBN: 340412586X | Preis: 12,45 Euro | 1118 Seiten

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