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 Der fliegende Berg


Cover
Gesamt +++--
Anspruch
Aufmachung
Gefühl
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Ton


In "Der fliegende Berg" erzählt Christoph Ransmayr die Geschichte der beiden irischen Brüder Padraic und Liam, die in Tibet auf der Suche nach einem der letzten weißen Flecken der Landkarte, dem Phur-Ri oder "Fliegenden Berg", sind. Vor allem Liam ist berauscht von dem Gedanken, den Fliegenden Berg als erster Bergsteiger bezwingen zu können. Auf ihrer Expedition ins tibetische Hochland machen beide Brüder auf unterschiedliche Art und Weise Bekanntschaft mit dem Tod. Nur einer wird nach Hause zurückkehren - und später erneut den Ort der Katastrophe, an dem sein Bruder starb, aufsuchen.

Ransmayrs Roman rief 2006 ein sehr geteiltes Echo bei den Kritikern hervor. Stilistisch bemerkenswert jedenfalls war der linksbündige Flattersatz, in dem das Buch gedruckt war und der den Roman wie ein Versepos erscheinen ließ. Das Hörbuch, gelesen vom Autor selbst, unterschlägt diese Form der Darstellung natürlich. Ransmayr liest die Geschichte auch nicht mit übertriebenem Rhythmus, aus dem man die ungewöhnliche Anordnung der Zeilen erahnen könnte, sondern eben normal wie einen Fließtext. Häufig geht der Versuch, den Text vom Autor selbst lesen zu lassen, gründlich daneben - in diesem Fall zum Glück nicht. Ransmayr, als Verfasser des Werkes natürlich mit untrüglichem Gespür für die wichtigen Stellen, die richtige Betonung, die richtigen Pausen, trägt durchaus angenehm vor. Zwar klingt durch die gesamte Lesung die österreichische Herkunft des Autors, jedoch ohne unprofessionell oder gar peinlich zu wirken. Entscheidend für das Verständnis dieses Textes scheint hier vor allem die Langsamkeit des Vortragenden, und dem kommt Ransmayr nach. Es ist eine sehr, sehr ruhige und bedächtige Lesung, denn auch der vorgetragene Stoff ist ruhig und bedächtig.

Zweierlei Dinge braucht man für dieses ungekürzt im Argon Verlag erschiene Hörbuch: viel Ruhe, um sich auf die Geschichte zu konzentrieren, und Empfänglichkeit für die äußerst bildhafte und bildreiche Sprache Ransmayrs, die teilweise fast in Kitsch abgleitet, aber eben nur fast. Das erste Kapitel bietet eine fesselnde, rätselhafte Eröffnung mit den Worten "Ich starb 6840 Meter über dem Meeresspiegel am vierten Mai im Jahr des Pferdes". Dem Zuhörer wird gerade am Anfang viel Konzentration abverlangt, um in die Geschichte einzusteigen. Ist das erste Kapitel überstanden, hat man Personen und Geschehnisse zumindest ansatzweise eingeordnet, geht es zum Glück weniger kryptisch weiter, an den Anfang der Reise, nach Horse Island in Irland. In Rückblicken berichtet Ransmayr von der langen Expedition, die die beiden Bruder gemeinsam auf sich nehmen und die sich - wie es ja meist Sinn und Zweck solcher Geschichten ist - nicht nur als eine geographische, sondern vor allem als eine seelische Reise erweist. Ransmayr thematisiert neben der Selbstfindung und Sinnsuche auch die universellen Themen Liebe, Freundschaft und Tod. Greifbarer sind die Schilderungen des von chinesischen Besatzern heimgesuchten Landes Kham und der Liebe Padraics zu der Nomadin Nyema.

"Der fliegende Berg" ist keine Bergsteigerromantik und auch kein Abenteuer- oder Expeditionsroman im Sinne von Jon Krakauers oder Reinhold Messners Reiseberichten, obgleich auch hier das Bezwingen des Berges für die Erkenntnis und Suche des eigenen Ichs steht und Bergsteigen durchaus eine Rolle spielt. Eine gewisse Offenheit für Spiritualität und Poesie sollte beim Hörer vorhanden sein, sonst wird die Lesung - acht CDs mit einer Laufzeit von 565 Minuten - arg lang, zumal die Handlung an sich eher wenige Überraschungen bietet. Hier gilt eher "Der Weg ist das Ziel". Eine Kaufempfehlung ist schwierig, denn das Hörbuch findet vor allem durch seine Sprache sicherlich nicht Zugang zu jedermann. Entweder man mag Ransmayr und seine Art des Erzählens, oder eben nicht.

Christina Liebeck



CD | CD-Anzahl: 8 | Erschienen: 01. September 2006 | ISBN: 9783866101005 | Laufzeit: 565 Minuten | Preis: 34,95 Euro

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