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 Tschernobyl!

Alles über die größte Atomkatastrophe der Welt

Regisseure: Thomas Johnson
Verlag: Polyband

Cover
Gesamt ++++-
Action
Anspruch
Aufmachung
Bildqualität
Brutalität
Extras
Gefühl
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Ton


Jedem dürfte er bekannt sein: der Reaktorunfall von Tschernobyl, eine der größten nuklearen Katastrophen des letzten Jahrtausends. Als am 26. April 1986 nach einem missglückten Test der Reaktor 4 des ukrainischen Kernkraftwerks explodierte, wurden große Mengen radioaktiven Materials in der Atmosphäre freigesetzt. Die gesamte Bevölkerung der nahe gelegenen Stadt Pripjat musste wegen der stark erhöhten Strahlungsbelastung evakuiert werden, Tausende von Helfern wurden von der Armee herbeigeschafft, um den Schaden einzudämmen. Denn die Gefahr war noch lange nicht gebannt, das geschmolzene Material im Reaktor brannte noch weiter und drohte, bis zum Grundwasserpegel durchzuschmelzen, was eine noch größere Katastrophe zur Folge gehabt hätte.

Die Dokumentation "Tschernobyl!" des Discovery Channel zeigt eine detaillierte Chronologie der Ereignisse, mit dem Reaktorunfall beginnend und den anschließenden Reigen aus Rettungseinsatz, Evakuierung und Vertuschung bis ins Detail aufschlüsselnd. Dabei bekommt man einige eindrucksvolle Filmdokumente zu sehen, etwa einen Hubschrauberflug über das explodierte Kernkraftwerk hinweg, das zu diesem Zeitpunkt noch gefährliche Strahlung in die Atmosphäre absonderte. Oder Bilder von den verzweifelten Maßnahmen, mit denen das Graphitfeuer und die andauernde Strahlung bekämpft werden sollten. Dazu gibt es erläuternde Interviews mit den verantwortlichen Militärs, mit Journalisten, Arbeitern, Bewohnern von Pripjat und mit Herrn Michail Gorbatschow selbst. Wenn man von der Katastrophe bisher also nur die grundsätzlichsten Fakten wusste und vor allem über die Folgeschäden unterrichtet war, so zeigt diese Dokumentation eine durchaus spannende Chronik, die nahezu das volle Ausmaß des Unfalls abdeckt. Nun, der Film heißt ja auch "Tschernobyl!" - mit einem Ausrufezeichen wohlgemerkt! Das heißt, die Fakten scheinen zwar einwandfrei recherchiert zu sein, gelegentlich schwenkt die dramatische Überhöhung des Stoffs jedoch fast schon ins Geschmacklose, etwa wenn in den ersten Minuten die Explosion des Kernkraftwerks (schlecht) am Computer simuliert wird oder die Gefahr eines weiteren Unfalls durch das brennende Graphit unbedingt mit einer imposanten nuklearen Explosion unterstrichen werden muss. Immerhin erfüllt die Dramatisierung ihren Zweck und so bleibt diese Dokumentation über weite Strecken tatsächlich anregend und interessant.

Vor allem klagt der Film die katastrophale Herangehensweise der Situation durch die Behörden an: Die austretende Strahlung wurde weit unterschätzt und Helfer ohne Schutzbekleidung wurden enormen radioaktiven Belastungen ausgesetzt - der Film schätzt die Zahl der Menschen, die bei der Eindämmung der Katastrophe halfen und dadurch potentiell der Strahlung ausgesetzt waren, auf 800.000. Viel gravierender ist jedoch die Vertuschungsstrategie der Sowjetunion, die angeklagt wird, kritische Werte gefälscht und weit nach unten korrigiert zu haben, die die offizielle Zahl der Todesopfer als 56 angibt, obwohl mittlerweile durch Krebserkrankungen wahrscheinlich mehr als 10.000 Menschen als direkte Folge des Unfalls ihr Leben lassen mussten. Schade, dass der Film hier nicht kurz über den Tellerrand guckt und beispielsweise den Unfall von Kyschtym erwähnt, der noch wesentlich gravierender als der von Tschernobyl war, jedoch erst 1989, 32 Jahre später, bekannt gegeben wurde - Gründe für gerechten Zorn gibt es genug.

"Tschernobyl!" erscheint - auch wenn der Film den 20. Jahrestag des Unglücks um ein Jahr verpasst - genau zur richtigen Zeit, denn die Atomdebatte tobt immer noch. Doch auch wenn einige der Horrorszenarien, die der Film beschreibt, ein wenig überzogen scheinen, so zeichnet der Bau des Sarkophagus, der das Werk nun umgibt und der die Strahlung des Kernkraftwerks auf Tausende Jahre hinweg eindämmen muss, ein eindeutiges und vor allem unheimliches Bild. Tschernobyl wird dadurch zum ultimativen Mahnmal vor der Kraft der nuklearen Energie - und der Film wird dem trotz aller Polemisierung gerecht.

Genauso karg wie die verbotene Zone um Tschernobyl herum ist übrigens auch die DVD selbst. Bild und Ton genügen zwar mittleren Ansprüchen, die Ausstattung ist jedoch - abgesehen von einem kleinen Booklet - schlicht und einfach nicht existent. Es gibt keine Zusatzinfos, keine chronologischen Übersichtstafeln der Ereignisse, keine Extra-Interviews, keine Fotogalerie, keine Features - es gibt nicht mal mehr eine sonst so übliche Trailershow (kein Verlust an dieser Stelle), ja nicht mal mehr Untertitel für Hörgeschädigte. Das muss erst mal jemand unterbieten!

Julius Kündiger



DVD | Disc-Anzahl: 1 | Erschienen: 01. März 2007 | FSK: 12 | ISBN: B000LPR25A | Laufzeit: 95 Minuten | Preis: 20 Euro | Untertitel verfügbar in: - | Verfügbare Sprachen: Deutsch

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