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 Kissing the Rain


Cover
Gesamt +----
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung


Kevin Brooks hat mit seinen Jugendkriminalromanen schon den einen oder anderen Preis abgeräumt, "Kissing the Rain" ist sein neustes Werk. Und dabei geht es mal nicht um Polizist oder böser Bube, sondern um den wichtigsten Zeugen.

Michael, von allen nur Moo gerufen, ist fünfzehn und fett. Sein einziges Hobby ist es, auf einer Autobahnbrücke zu stehen, und den Verkehr zu beobachten. Eines Tages beobachtet er ein Rennen, ein Auto drängt ein anderes ab. Die Fahrer springen gerade mal zwanzig Meter von ihm entfernt aus ihren Wagen und prügeln sich. Kurze Zeit später kommen aus dem einen Auto noch mehr Leute, ein Mann fällt um, erstochen. Moo hat das ganze Gewusel beobachtet, die Polizei, die erstaunlich schnell ankommt, nimmt seine Personalien auf und macht ihn zum Zeugen.

Binnen weniger Tage ändert sich Moos Leben. Sein größter Peiniger in der Schule, der Sohn eines Polizisten, hält plötzlich seine schützende Hand über ihn. Niemand lacht mehr über ihn, niemand schubst ihn, niemand schlägt ihn. Bald stellt sich heraus, dass seine Aussage einen bekannten Verbrecher deckt, dem ein Mord offenbar in die Schuhe geschoben werden soll. Aber Moo hat nicht nur Vorteile durch die freundliche Aufmerksamkeit des Verbrechers Vine, dessen Erzfeind Inspektor Callan will, dass Moo seine Aussage ändert, dass er die Wahrheit ein bisschen verbiegt. Moo gerät zwischen die Fronten ...

Moo ist nicht nur der Ich-Erzähler dieses Buches, er lässt auch noch seine Gedanken treiben und bemüht sich quasi um Joyce’sche Dimensionen. Dementsprechend spielt auch Übersetzer Uwe-Michael Gutzschhahn mit der Orthographie, dass es eine Freude ist - allerdings nicht für den Leser. Moo schreibt eine verstümmelte Sprache, und er macht das völlig unmotiviert. Es hilft dem Buch nicht, es stört. Außerdem ist er immer unglaublich schlecht drauf - nach Meinung von Kevin Brooks können Dicke offenbar keinen Spaß haben und denken ständig darüber nach, "fett" zu sein - da verwundert es nicht, dass Kevin Brooks selbst laut Foto sehr schlank ist. Moo hört böse Musik, Heavy Metal, natürlich auch nur, weil es ihm ja so schlecht geht. Keith Vine, der böse Verbrecher, ist genau das, ein böser Verbrecher. Inspektor Callan ist dafür ein hartgesottener Polizist. Die anderen Polizisten sind korrupt, Moos Eltern sind schwach - in diesem Buch gibt es nur Klischees, und in Rezensionen sollte man eigentlich nicht verallgemeinern.

So hochgelobt, wie Brooks wird, so schwach ist dieses Buch. Zu wenig Spannung, zu ätzende Stimmung - wer braucht das? Und - nein - es ist nicht originell, Fremdworte zu vergewaltigen, das ist einfach nur anbiedernd und plump. Hier hat jemand versucht, den Krimi neu zu erfinden, und hat prompt alles auf einen Haufen geworfen, was er an Klischees gefunden hat. Über das adipöse Problem des Protagonisten macht Kevin Brooks sich eher lustig, als dass er sich in irgendeiner Weise hilfreich damit auseinandersetzt. Über den Schaden, den dieses Buch bei einem übergewichtigen Pubertierenden anrichten könnte, darf auch nicht geschwiegen werden. Hiermit kann man Menschen in ein riesiges Selbstbewusstseinsproblem schleudern.
Ein arrogantes, schlechtes Buch, bitte im Buchladen schön daran vorbeigehen!

Holger Hennig



Taschenbuch | Erschienen: 01. März 2007 | ISBN: 9783423712118 | Originaltitel: Kissing the Rain | Preis: 12 Euro | 448 Seiten | Sprache: Deutsch

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