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 Nicht alle Helden tragen Gelb

Die Geschichte der Tour de France


Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Bildqualität
Preis - Leistungs - Verhältnis


Die Tour de France steckt in der Krise: Im Profiradsport wird gedopt, was das Zeug hält, und auch vermeintliche Saubermänner lassen sich erwischen. Wäre die Welt doch wieder in Ordnung wie zu Zeiten eines Fausto Coppi oder Rudi Altig!
Dieses Buch schildert vor allem die Geschichte der Tour de France über mehr als hundert Jahre, von der Vorgeschichte des Klassikers, der eigentlich aus der Konkurrenz zweier Sportzeitungen entstand, über die chaotischen ersten Jahre und die darauf folgende Routine bis hin zu den Jahren und Jahrzehnten, die von ganz großen Champions wie eben Coppi, Anquetil, Merckx, Hinault, Indurain und Armstrong geprägt wurden.
Nach einer Einführung folgt die Zusammenfassung jeder einzelnen Tour ab 1903, wobei nach Möglichkeit Besonderheiten der jeweiligen Rundfahrt herausgearbeitet werden, seien es Änderungen der Streckenführung, der Regeln oder des Profils der Route, herausragende Teilnehmer und tragische Kämpfe, Unfälle und die wenigen Todesfälle oder hier und da auch umwerfend komische Episoden wie jene von dem Tour-Teilnehmer, der in den Pyrenäen mit einem Esel kollidierte, auf dessen Rücken landete und vom Langohr auch noch in die falsche Richtung getragen wurde. Unter anderem aber wird dem Leser bewusst, dass der Profiradsport von Anfang an eng mit dem Konsum vermeintlich oder tatsächlich leistungsfördernder und schmerzlindernder Mittel verbunden war - keine heile Welt also!
Jeder der über hundert Tourberichte enthält eine kurze Übersicht über die wichtigsten Daten der betreffenden Tour: den Zeitraum, die Länge und Etappenzahl, die Anzahl der Starter und der im Ziel eingetroffenen Fahrer, Tempomittel des Siegers und die drei Ersten des Schlussklassements.
Im Abschnitt "Zwischen Start und Ziel - Geschichten um die Tour" geht es vor allem um die fast schon heiligen Berge der Tour, Doping, Technik, Organisation und die von der Öffentlichkeit weitgehend ignorierte Rundfahrt der Frauen. Auf dieses Kapitel folgt ein "Lexikon der Tour-Fahrer" mit kurzen Lebensläufen einschließlich nationaler und internationaler Erfolge. Das Buch wird von einem Statistik-Teil abgeschlossen, der die Etappen jeder Tour einschließlich Länge, Sieger und Trikotträgern angibt sowie die ersten Zehn des Schlussklassements und die Sieger der anderen Wertungen, ergänzt von Rekorden und Ranglisten rund um die Tour.

Das Buch ist durchaus dazu angetan, am "Mythos Tour" kräftig zu kratzen. Dies liegt nicht nur am allgegenwärtigen Thema Doping, von den Autoren keineswegs aufgrund seiner heutigen Aktualität (erschienen ist das Buch bereits 2006) immer wieder aufgegriffen, sondern, weil es sich wie ein roter Faden durch die Tourgeschichte zieht, auch wenn wir uns heute wundern, dass man in früheren Zeiten zu Kokain und Absinth griff oder Aufputschmittel mit Alkohol kombinierte, die vermutliche Todesursache des britischen Spitzenfahrers Simpson während der Tour von 1967. Die Autoren entschuldigen das Doping nicht, zeigen aber auf, wie die hohe Erwartungshaltung von Sponsoren, Zuschauern und Tourleitung es geradezu erzwingen; wer will schon eine Tour mit einem ungedopt machbaren Tempomittel von 25 km/h sehen und vor allem finanzieren?
Der Leser erfährt jedoch auch von anderen Schattenseiten der Tour, so vom immerwährenden Kampf zwischen Tourleitung und Sponsoren um den Grad des sportlichen und des technischen Wettstreits, von tätlichen Angriffen der Fahrer untereinander und von Zuschauern gegen missliebige Fahrer, von teils grotesken Sabotageakten und von Streckenführungen, die von der Leitung auf den gewünschten (französischen) Sieger zugeschnitten wurden. So wollte man Indurains Siegesserie durch einen höheren Anteil an Bergetappen brechen, die dem Spanier weniger lagen.
Trotzdem ist es Intention des Buchs, die Tour als sportliches Großereignis mit viel Licht und entsprechend auch etwas Schatten zu schildern. Den Autoren gelingt es, über mehr als hundert Touren packend zu berichten und die individuelle Atmosphäre jeder einzelnen "Schleife" einzufangen, sowohl aus der Frühzeit mit kläglichen Schotterpisten über die Pässe, gebrochenen Gabeln und Gangschaltungsverbot als auch aus der heutigen Zeit mit ihren vielfältigen technischen Möglichkeiten. Der Leser lernt Siegertypen kennen und eher tragische Figuren wie den "Ewigen Zweiten" Raymond Poulidor. Doch auch wer vorrangig an Zahlen, Daten und Fakten interessiert ist, wird sich mit diesem übrigens abwechslungsreich mit Fotografien illustrierten Buch rasch anfreunden.
Für Freunde des Profiradsports stellt dieses Buch somit geradezu eine Fundgrube dar, das Hintergründe und scheinbar undurchschaubare Verflechtungen transparent macht, alles nötige Wissen liefert und darüber hinaus auch noch kurzweilig und angenehm zu lesen ist.

Regina Károlyi



Hardcover | Erschienen: 01. Oktober 2005 | ISBN: 9783895335105 | Preis: 24,90 Euro | 400 Seiten | Sprache: Deutsch

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