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 ConHex


Cover
Gesamt +++++
Anspruch
Aufmachung
Glück
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Spielregel
Strategie


Fernab bunter Plastikfigürchen und farbiger Holzmodelle, abseits aufwändig gestalteter Spielpläne und lustiger Kartenspiele gibt es ein großes Kontingent an abstrakten Spielen, die meist in einer tristen Schwarz-Weiß-Welt leben und lediglich auf ihre Grundmechaniken reduziert wurden. Diese kargen Brettspielwelten sind Spielern am ehesten mit Spielen wie Schach, Mühle oder Go bekannt und auf dem heutigen Markt komplexer, bunter Strategiespiele häufig wenig attraktiv. Dabei hat vor kurzem die beliebte Gipf-Serie mit Titeln wie "Yinsh" oder "Dvonn" gezeigt, dass es auch anders geht, dass die Verschmelzung von elegantem Design mit Simpelstmechaniken und strategischer Tiefe sogar die eigentliche Stärke abstrakter Brettspiele ist. Mit "ConHex" gibt es jetzt einen besonders empfehlenswerten Titel dieses Genres.

Das Brett von "ConHex" zeigt 41 überwiegend sechseckige Felder, die am Rand jeweils drei kugelförmige Ausbuchtungen haben und im Mittelfeld jeweils sechs. Die beiden Spieler sitzen sich nicht gegenüber, sondern um 90 Grad versetzt. Ziel für die Spieler ist es, ihre Seite des Spielbretts mit der gegenüberliegenden zu verknüpfen, indem sie Kontrolle über die einzelnen Felder erlangen und so eine durchgehende Linie zur anderen Seite bilden, die die des Gegners durchbricht. Der Zug eines Spielers besteht lediglich darin, ein Kügelchen seiner Farbe in eine der vielen Ausbuchtungen auf dem Spielbrett zu legen, danach ist der nächste dran. Sobald die Hälfte oder die Mehrheit der Ausbuchtungen bei einem Feld von einem Spieler belegt sind, erlangt er Kontrolle über es, indem er einen Marker seiner Farbe rauflegt. So versucht er dann, eine Reihe aus seinen Markern zu bilden und seine beiden Seiten zu verbinden. Und das ist alles, mehr Regeln gibt es nicht. "ConHex" ist selbst für ein abstraktes Spiel so einfach, wie es nur geht. Da stellt sich die Frage, ob es nach einigen Partien überhaupt noch reizen kann - und wie! Die ersten Spiele wird man zunächst erkunden, wie man auf diesem Brett überhaupt vorgeht, wie man richtig auf den Gegner reagiert, wie man den Weg abschneidet und Dominanz über bestimmte Bereiche ausübt. Nach und nach lernt man, sich immer weniger auf einzelne Abschnitte des Bretts zu konzentrieren und stets die gesamte Spielfläche im Auge zu behalten, vorauszudenken und zu lernen, wann ein Vorhaben, beim Gegner durchzubrechen, gescheitert ist und wann es erfolgreich war. Dafür, dass "ConHex" so einfach zu lernen ist, besitzt es eine enorme strategische Tiefe, die bei zwei Profispielern zu schachähnlichem Grübeln führen dürfte. Erfahrene Spieler können dann auch die sogenannte Kuchenregel anwenden, die den Startvorteil des ersten Spielers signifikant abschwächt. Gehandicapt werden kann das Spiel ebenfalls sehr einfach, wenn man einem schwächeren Spieler einfach mehrere Kugeln Startvorteil spendiert.

Das Interessante bei der Strategie von "ConHex" ist, dass dessen Brett, anders als bei den meisten anderen abstrakten Brettspielen, seine Stärken nicht in der Kontrolle der Mitte, sondern in der Kontrolle der Seiten hat, da man dort wesentlich weniger Kugeln braucht, um seine Verbindung zustande zu bekommen. So entstehen erst an den Seiten kleine Kämpfe um die wichtigen Randfelder, die sich dann immer weiter in die Mitte ausdehnen, bis schließlich irgendwann ein Gewinner feststeht, der manchmal sehr verschlungene Pfade von Seite zu Seite geht. Denn einen Gewinner muss es geben, ein Unentschieden ist in diesem Spiel einfach nicht möglich - sehr elegant gelöst!

Spielerisch ist "ConHex" in seinem Rahmen einwandfrei und macht selbst dann Freude, wenn man normalerweise gar nichts für abstrakte Spiele übrig hat. Optisch ist die Version des Clemens Gerhards Verlags ebenfalls ein Hochgenuss. Das Spielbrett aus Buchenholz ist sehr massiv und präzise ausgesägt, die 50 Kugeln aus echtem Halbedelstein passen perfekt dort hinein - wenn sie auch dank ungeschickter Finger häufig den Hang haben, unter Sofas und Tische zu rollen -, die Holzmarker fügen sich in das edle Gesamtbild mit ein. Da bekommt selbst die etwas abgedroschene Phrase von der echten deutschen Wertarbeit wieder richtig Substanz. Freilich darf man sich diese dann auch ordentlich etwas kosten lassen, an die 50 Euro muss man für dieses edle Stückchen Spiel schon berappen. Auf dem heimischen Kaffeetisch macht sich "ConHex" dann freilich auch recht elegant und lädt immer wieder zu einer neuen Partie ein, die selten länger als eine Viertelstunde dauern wird. Jedoch bleibt es meistens nicht nur bei einem Spiel, häufig werden gleich drei oder vier Partien hintereinander ausgetragen. Wenn man sich also vom Preis nicht abschrecken lässt, ersteht man mit "ConHex" ein wunderschönes, strategisch für lange Zeit forderndes Spiel, das als Vorreiter für zeitgenössische abstrakte Titel gelten darf.

Julius Kündiger



Brettspiel | Erschienen: 01. Oktober 2006 | FSK: 10 | Preis: 50 Euro

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