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 Der Geisterzug

Eine fast wahre Geschichte

Autoren: Charlotte Habersack
Verlag: Terzio

Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung


Simon ist unglücklich. In dem kleinen Ort Kehlbach, in dem er seit wenigen Monaten mit seinem Vater - die Mutter ist vor einiger Zeit gestorben - und der unter Demenz leidenden Großmutter lebt, findet er keinen Anschluss, denn er kann aufgrund seiner Schüchternheit und seines mangelnden Mutes keine Freunde finden, er wird gefoppt und gehänselt. Deshalb möchte er ausreißen und springt auf einen Güterzug auf; als großer Eisenbahnfan kennt er die am Ort vorbeilaufende Strecke sehr genau. Doch der Lokführer erwischt Simon, lässt ihn dann aber aufgrund einer gut geflunkerten Geschichte mitfahren.
Plötzlich erhält Holger, der Lokführer, eine grauenvolle Funkmeldung vom Fahrdienstleiter der nächsten größeren Stadt, Trauberg. Dort hat sich ein unbesetzter Güterzug mit Gefahrgut "selbstständig" gemacht und rollt nun auf der eingleisigen Strecke auf Holgers Zug zu.
Zum Glück kennt Simon einen stillgelegten Schienenstrang ganz in der Nähe. Die Weiche funktioniert noch, sie können ausweichen. Aber der Geisterzug rollt mit zunehmender Geschwindigkeit auf Kehlbach zu, an dessen kurvenreichem Bahndamm viele Häuser stehen. Diese Häuser - die Bewohner sind schon gewarnt - stehen auf dem Spiel, vor allem aber muss mit einer Explosion der Tankstelle und einer Verseuchung des Orts und seiner Umgebung mit dem Gefahrstoff gerechnet werden. Kann der "Feigling" Simon das Blatt im letzten Augenblick wenden?

Diese Geschichte hat ihren Ursprung in einem Ereignis, das sich 2001 in den USA abspielte, als aufgrund eines Bedienungsfehlers ein führerloser Zug mit dem Gefahrstoff Phenol als Fracht und mit bedrohlichem Tempo durch Ohio raste. Die Helden der wahren Begebenheit waren drei Männer mittleren Alters, hier sind es der Lokführer Holger, der Fahrdienstleiter und vor allem Simon, der in der Gefahrensituation über sich selbst hinauswächst.
Relativ ruhig läuft die Geschichte an, eine typische Ausreißergeschichte, möchte man glauben, hätte man da nicht die Warnung der Autorin im Hinterkopf: "Achtung! Dies ist keine Geschichte für schwache Nerven. Jemand hat sie wirklich erlebt. Nicht genau so, aber doch fast. Und weil derjenige die Geschichte überlebt hat, werdet ihr es wohl überleben, sie zu lesen. Aber keiner soll hinterher sagen, ich hätte ihn nicht gewarnt."
Der Hinweis erfolgt zu Recht, denn die Geschichte schaukelt sich rasch zu atemloser Spannung auf. Kaum sind Holger und Simon scheinbar in Sicherheit, nämlich auf dem stillgelegten Gleis, da begreift Simon, dass der Ort Kehlbach, sein Vater, seine Großmutter und seine Quälgeister aus der Schule in Lebensgefahr schweben und nur er und Holger versuchen können, das Desaster zu verhindern.
Während der entscheidenden Minuten wechselt von einem der meist etwa dreiseitigen Kapitel zum nächsten die Perspektive zwischen Simon und verschiedenen Personen in Kehlbach hin und her, wodurch die Spannung zusätzlich steigt. An keiner Stelle wirkt die Handlung jedoch in irgendeiner Weise künstlich oder konstruiert. Auch Simons Wandlung von einem schüchternen, ungeschickten Außenseiter zu einem umsichtigen Helden erscheint völlig natürlich, zumal Simon ja seine schon eingangs erwähnten Eisenbahnkenntnisse und sein Wissen über die Tücken der vertrauten Strecke zugute kommen.
"Der Geisterzug" ist ein sehr mitreißendes, packendes Buch für Kinder ab etwa neun Jahren, vor allem für Jungen. Aufgrund der großartig konzipierten Handlung und der geschickt aufgebauten Spannungsbögen, die ihren Zenit meistens am Kapitelende erreichen, hat dieses Buch das Potenzial, auch lesefaule Jungs von Anfang bis Ende zu fesseln - obwohl es keine Illustrationen enthält.

Regina Károlyi



Hardcover | Erschienen: 01. September 2007 | FSK: 9 | ISBN: 9783898358743 | Preis: 10,90 Euro | 87 Seiten | Sprache: Deutsch

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