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 Die Madonna von Murano

Autoren: Charlotte Thomas
Illustratoren: Jan Balaz
Verlag: Ehrenwirth Verlag

Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Gefühl
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung


Venedig, anno 1475: Es ist Karneval in der Lagunenstadt, prachtvoll und dreckig zugleich, und alle Welt kleidet sich bunt und trägt Masken. Ein Mädchen bahnt sich panisch seinen Weg durch die feiernden Massen auf dem Markusplatz, ständig furchtsam nach ihren drei Verfolgern Ausschau haltend, denn sie weiß, diese wollen ihren Tod. Sie ist hochschwanger und die einsetzenden Wehen schwächen ihren Körper, bis sie in einer dunklen Gasse abseits des Getümmels zusammenbricht. Ihre Verfolger holen sie ein, erstechen sie. Doch das Kind überlebt, gerettet durch den Gesellen eines Glasmachers, der ihr Leid nicht mit ansehen kann. So beginnt das Leben von Sanchia, die der Glasmacher als seine Tochter aufnimmt und die lange Zeit nicht erfahren wird, wer ihre eigentlichen Eltern waren. Erst als ihre Zieheltern sieben Jahre später umgebracht werden, wird sie mit der Vergangenheit konfrontiert. Der Geselle Pasquale versteckt sie in einem Kloster, wo das stille Mädchen aufwächst und die Hebammenkunst erlernt.
Später begegnet sie Lorenzo, dem Spross einer reichen sowie mächtigen Kaufmannsfamilie, und verliebt sich. Doch langsam muss sie erkennen, dass ihr Schicksal mit dem seiner Familie verwoben ist. Lorenzos Mutter Caterina birgt einen unergründlichen Hass auf Sanchia, sobald sie sie, die das Ebenbild ihrer Mutter ist, zu Gesicht bekommt. Erst langsam schafft Sanchia es, die Rätsel der Vergangenheit zu ergründen.

Der Roman "Die Madonna von Murano" hält zunächst nicht ganz, was der rasante Einstig verspricht. Dem düsteren, spannenden Anfang folgt nämlich die Beschreibung von Sanchias Aufwachsen in der Werkstatt des Glasmachers auf der Insel Murano und später im Kloster San Lorenzo. Erst langsam gewinnt die Handlung wieder etwas an Fahrt, als Sanchia so langsam herausfindet, was es mit der Vergangenheit und Lorenzos eher scheinheiliger Familie auf sich hat. Allerdings erscheinen die verschiedenen Ränke und Beziehungsverhältnisse, die dabei offen gelegt werden, auf Dauer etwas arg verworren und deshalb nicht immer nachvollziehbar, was jedoch der Spannung nicht unbedingt Abbruch tut.
Die verschiedenen Charaktere, die ins Spiel gebracht werden, sind zum großen Teil interessant: Zwar enttäuscht die gute Sanchia auf Dauer etwas in Sachen Vielschichtigkeit und Facettenreichtum, da sie auf die Rolle der wunderschönen, intelligenten, gutherzigen jungen Frau festgeschrieben zu sein scheint, dafür schaffen aber die Mitglieder der Familie Caloprini etwas Abwechslung: die intrigante Caterina, der strenge, machthungrige Politiker Giovanni, der weit gereiste Onkel Francesco und der undurchschaubare schwarze Sklave Rufio. Die Entwicklung der Charaktere ist dabei jedoch nicht immer schlüssig. So agiert Caterina mal als rücksichtslose, halb wahnsinnige Intrigantin, der ihr Sohn Lorenzo völlig egal ist, mal als liebevolle Mutter, die sich um sein Wohl sorgt.
Berühmte Persönlichkeiten der Zeit wie das junge Genie Leonardo da Vinci, der deutsche Maler Albrecht Dürer oder der fanatische Mönch Savonarola treten am Rande auf, werden jedoch leider nicht weiter ergründet, was wirklich schade ist. Wenn die Persönlichkeiten und politischen Verhältnisse der Zeit schon angesprochen werden, dann wären ausführlichere und einfühlsamere Portraits befriedigender gewesen. Dafür geizt die Autorin nicht mit ausführlichen Beschreibungen der medizinischen Praktiken, die mit Sanchias Tätigkeit als Hebamme und Heilerin einhergehen. Dies ist durchaus interessant, das Prinzip jedoch nicht neu und aus genügend anderen historischen Romanen hinreichend bekannt. Stattdessen wären einige weitere Informationen über die Glas- und Spiegelherstellung auf der Insel Murano vor Venedig, mit der sich nicht nur Sanchias Ziehvater Piero, sondern auch sein einstiger Geselle Pasquale befasst (und darin zum Meister seiner Kunst avanciert), interessant gewesen.
Trotz allem findet sich in "Die Madonna von Murano" eine recht farbenprächtige sowie abwechslungsreiche Inszenierung des Venedigs der frühen Renaissance. Die Autorin verfängt sich dabei nur selten in Klischees und schafft eine meist spannende, gut zu lesende Erzählung, die einige Schwächen durch viel Leidenschaft und einen gewissen Einfallsreichtum ausgleicht. Daneben ist der Roman sehr gut recherchiert und die Fülle an kleinen historischen Details erfreut das Herz des Lesers.
Die Aufmachung ist recht prächtig und angenehm gestaltet, mit einem schönen Einband und wirklich guten Illustrationen von Jan Balaz im Inneren.

Kathi Wenz



Hardcover | Erschienen: 01. Februar 2007 | ISBN: 9783431036992 | Preis: 19,95 Euro | 1040 Seiten | Sprache: Deutsch

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