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 Das Imperium der Schande

Der Kampf gegen Armut und Unterdrückung

Autoren: Jean Ziegler
Übersetzer: Dieter Hornig
Verlag: Pantheon

Cover
Gesamt +++--
Anspruch
Aufmachung
Preis - Leistungs - Verhältnis


Einige oder auch viele kennen den Globalisierungskritiker Jean Ziegler, der bereits einige Bücher veröffentlicht hat. Auch in seinem neuen Buch "Das Imperium der Schande" macht er auf Missstände aufmerksam, streitet für die Armen und ruft zur Solidarisierung und zum Aufstand auf. Er startet seine Kritik bei der Französischen Revolution, die weitreichende Folgen auf ganz Europa hatte und dem Feudalsystem den Todesstoß versetzte. "Heute", so Ziegler, "haben sich neue Feudalsysteme herausgebildet, die unvergleichlich mächtiger, zynischer, brutaler und gerissener sind als die früheren." Die neuen Feudalherren sind die transkontinentalen Privatgesellschaften, die Ziegler Kosmokraten nennt und deren Herrschaft über den Süden - der eben nicht nur sich selbst, sondern zugleich den Norden finanzieren muss - durch die Verschuldung aufrechterhalten wird. Die Verschuldung wiederum führt direkt zum Hunger, denn sie verhindert den Aufbau von Infrastrukturen für die Landwirtschaft oder Sozialleistungen. Der Hunger in der Welt kann durch keinen Vernunftgrund gerechtfertigt werden und ist strukturell bedingt. Jeder Mensch der an Hunger stirbt, ist deshalb ein Mordopfer. In zwei längeren Fallbeispielen beschreibt Ziegler die Situation in zwei Ländern: Äthiopien und Brasilien. In Äthiopien zum Beispiel ist das wichtigste Exportgut Kaffee. Nachdem 1989 das International Coffee Agreement abgeschafft wurde, fiel auch die Regulation der Kaffeepreise weg. Während der Preis für ein Pfund Kaffee zwischen 1980 und 1990 1,20 Dollar betrug, beläuft er sich heute auf 50 Cent. Vom Elend der Kaffeebauern weiß auch der Direktor der Abteilung Landwirtschaft des Nestlé Konzerns, Hans Joehr, und bedauert dies durchaus. Verantwortlich dafür seien "die globalen Kräfte des Marktes". Er empfiehlt daher: 10 Millionen, der weltweit 25 Millionen Kaffee anbauenden Familien, sollten "bereit sein zu verschwinden."

Auf 290 Seiten analysiert Ziegler den Status quo der Welt, nennt Zahlen, um das Ausmaß des Elends und des Reichtums zu veranschaulichen, beschreibt die Mechanismen der Kosmokraten, die er an zahlreichen Beispielen erläuternd darstellt, und erzählt von ganz persönlichen Erlebnissen. Ziegler schreibt eloquent und niemals langweilig. Immer verständlich und durchweg aufrüttelnd. Er zitiert Philosophen und Revolutionäre und stellt so den heutigen Kampf gegen feudale Strukturen in einen historischen Zusammenhang. Sicher ist sein Blick nicht objektiv, sondern stets aus der Perspektive derer, die leiden. Für dieses Leid gibt es keinen anderen Grund als die Profitgier. Die auf irgendeine Art und Weise zu rechtfertigen, ist ganz sicher nicht in Zieglers Interesse. Und so ist er natürlich hin und wieder polemisch, was vielleicht einige Leser abschrecken mag oder sie an der Seriosität Zieglers zweifeln läßt. Aber die Ungerechtigkeit der Welt, an deren oberster Stelle das Elend der Ärmsten steht, ist für Ziegler kein sachlicher Gegenstand, sondern eine aufwühlende Tatsache, der er, unter anderem als UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung, immer wieder begegnet. Von verschiedenen Orten, Zahlen und Beispielen ausgehend, stößt Zieger immer wieder zu dieser Tatsache vor und wird nicht müde, die Profitgier anzuprangern, das Elend aufzuzeigen und all die Reden von "globalen Kräften des Marktes" Lügen zu strafen. Keine unsichtbaren Kräfte sind für den Hunger verantwortlich, sondern Menschen.

Wer Jean Ziegler kennt, wird sowohl ihn und seine Art und Weise als auch seine Themen in diesem Buch wiederfinden. Wer seine Bücher mag, wird sicher auch dieses mögen. Ziegler will aufrütteln. Man sollte also keine objektive Analyse der herrschenden Zustände erwarten, sondern die Subjektivität und Emotionalität mit der der Autor zu Werke geht, für gerechtfertigt halten. Denn am Ende liegt genau dort auch die Stärke: Er macht immer wieder und sehr deutlich klar, dass die Wirtschaft kein natürliches und unabänderliches Phänomen ist, sondern ein menschengemachtes und damit veränderbares.

Katja Maria Weinl



Taschenbuch | Erschienen: 01. Januar 2007 | ISBN: 9783570550199 | Originaltitel: L`Empire de la honte | Preis: 12,95 Euro | 319 Seiten | Sprache: Deutsch

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