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 Taj Mahal

Autoren: Reiner Knizia
Verlag: Abacusspiele

Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Glück
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Spielregel
Strategie


Das Taj Mahal ist das schönste Mausoleum der Welt. Im 17. Jahrhundert ließ es der indische Großmogul Schah Jarah zum Gedenken an seine verstorbene Frau erbauen, weswegen es auch lyrisch als "eine Träne auf der Wange der Zeit" bezeichnet wurde. Ein wundervoller Hintergrund, und - typisch Reiner Knizia - er hat absolut gar nichts mit dem hier vorliegenden Brettspiel zu tun. Laut Einführungstext der Regeln geht es im Spiel "Taj Mahal" um das im 18. Jahrhundert zerfallene Indien, in dem die Spieler um Einfluss und Macht kämpfen. Das ist entschieden unromantisch, aber alles andere als ein schlechtes Spiel.

Der wunderschön gestaltete Spielplan zeigt zwölf Provinzen im Nordwesten Indiens, um die sich die drei bis fünf Spieler in ebenso vielen Runden rangeln werden. Zu Beginn des Spiels werden den Provinzen zufällige Nummern von eins bis elf zugewiesen und sie damit in eine bestimmte Reihenfolge gebracht. Die zwölfte Provinz ist immer die mit der Stadt Agra, dem eigentlichen Standort des Taj Mahal. Jede Provinz besteht aus vier Städten, die miteinander verbunden sind. So ergibt sich ein großes Netz aus miteinander verbundenen Städten über den gesamten Spielplan.
Am Anfang bekommt jeder Spieler zufällige Handkarten in vier verschiedenen Farben, die verschiedene Symbole wie Elefanten, Großmogule, Mönche oder Prinzessinnen zeigen und seinen Machteinfluss in der aktuellen Provinz abstrakt darstellen. Der eigene Zug läuft dann sehr simpel ab, da man nur zwei Möglichkeiten hat. Entweder man spielt Karten aus oder man zieht sich zurück (passt) und wertet die aktuelle Provinz für sich aus. Wenn man dran ist, darf man nur eine Farbkarte spielen und diese durch eine weiße Sonderkarte unterstützen. Außerdem ist man in kommenden Zügen dieser Runde gezwungen, Farbkarten derselben Farbe zu spielen. Zieht man sich zurück, schaut man, ob man die meisten Symbole einer Sorte hat, beispielsweise die meisten Elefanten oder die meisten Mönche. Sollte das der Fall sein, ergeben sich daraus Belohnungen für den Spieler. Hat man zum Beispiel die meisten Elefanten, bekommt man das Plättchen der aktuellen Runde, das meistens zwei Waren zeigt, die Siegpunkte wert sind. Je mehr Waren eines Typs man besitzt, desto mehr Siegpunkte erhält man dafür. Mit den anderen fünf Symbolen kann man Paläste in den Städten der aktuellen Provinz bauen. Dabei versucht man, eine "Straße" aus möglichst vielen Palästen über mehrere Provinzen hinweg zu bauen, um seine Siegpunktausschüttungen zu maximieren. Nach der zwölften Runde und der letzten Provinz hat der Spieler mit den meisten Siegpunkten gewonnen.

Wichtig ist beim Kartenspielen und Zurückziehen, dass man in einer Symbolsorte nichts bekommt, wenn ein Gleichstand mit Mitspielern herrscht. Deswegen ist das Kartenlegen in "Taj Mahal" so etwas wie ein abstrahierter Bietmechanismus. Man versucht, seine Konkurrenten in den gewünschten Symbolsorten - deren Gewinn sich übrigens auch in Form besonders starker Sonderkarten rentieren kann - zu überbieten. So kann es passieren, dass zwei Spieler gerne das Warenplättchen der aktuellen Provinz haben möchten und sich deswegen mit Elefantensymbolen immer weiter hochtreiben. Dabei ist die äußerst begrenzte Anzahl der Handkarten und die Regel, dass man bei einer einmal angespielten Farbe auch bleiben muss, jedoch eine deftige Beschränkung. Man muss sich ganz genau überlegen, ob man jetzt die Schlacht um mehrere der sechs Bereiche unerbittlich weiterführt und dabei wertvolle Karten opfert oder ob man sich sofort zurückzieht und dabei vielleicht nur eine geringe Belohnung erhält, was den Gegner erheblich stärken kann. Manchmal kommt es vor, dass man sich mit einigen bereits gelegten Karten zurückziehen muss, ohne irgendwas zu bekommen - dann wird es bereits sehr brenzlig. Am wichtigsten ist es in "Taj Mahal" also, ein perfektes Timing zu haben, gut vorauszuplanen, in wichtigen Schlüsselprovinzen gute Karten vorweisen zu können, an den richtigen Momenten zu passen und möglichst noch an der besten Stelle in der Spielerreihenfolge zu sitzen. Und genau das macht den hohen Reiz von "Taj Mahal" aus: Reiner Knizia hat mal wieder einen äußerst simplen Mechanismus - Karten legen oder passen - genommen und ihn so modifiziert, dass sich daraus allerhand schwierige Entscheidungen für den Spieler ableiten, genau wie es sich für ein sehr gutes Strategiespiel gehört. Zwar mag man in "Taj Mahal" mit Karten hantieren, was einen gewissen Glücksfaktor nicht ausschließt, aber man merkt bei einer Partie ganz genau, wer dieses Spiel schon einmal gespielt hat und wer noch neu ist, denn das richtige Abstimmen von Weiterbieten und Passen verlangt einiges an Erfahrung.

Nichtsdestotrotz ist das Spiel aber auch einfach genug, dass Anfänger und Gelegenheitsspieler viel Freude an dem Titel finden werden, nicht zuletzt wegen der schönen Ausstattung. Das Spielbrett und die Karten sind mit wundervollen Grafiken versehen, die Anleitung ist gut bebildert und klar strukturiert und angesichts der 100 farbigen Mini-Taj-Mahals aus Plastik ist man eh hin und weg. Das Spiel mag zwar einen sehr abstrakten Mechanismus und mit Indien nicht wirklich viel zu tun haben - aber wenigstens an dieser Stelle findet sich das schönste Mausoleum der Welt doch noch wieder.

Julius Kündiger



Brettspiel | Erschienen: 01. Februar 2007 | FSK: 12 | Preis: 35 Euro

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