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 Fundsachen: 7-5-3 Rom schlüpft aus dem Ei

Eselsbrücken für alle Lebenslagen


Cover
Gesamt ++---
Anspruch
Preis - Leistungs - Verhältnis
Eselsbrücken sind Merksätze, die sich oftmals reimen oder Assoziationsketten bilden, mit deren Hilfe man sich Reihenfolgen besser einprägen kann, wie etwa "Mein Vater erklärt mir jeden Sonntag unsere neun Planeten". Bei diesem Satz bilden die Anfangsbuchstaben der Wörter auch die Anfangsbuchstaben der Planeten in der richtigen Reihenfolge, ausgehend von der Entfernung zur Sonne. (Der Satz ist allerdings mit Vorsicht zu genießen, seit dem Pluto im August 2006 der Planetenstatus aberkannt wurde, ein neues Satzende gibt es bislang scheinbar nicht.) Der Journalist Stefan Strixner hat in dem Buch "7-5-3, Rom schlüpft aus dem Ei" eine Vielzahl an Eselsbrücken für die Fundsachen-Reihe des Grondrom-Verlags zusammengetragen und erläutert sie. Er beginnt mit Merksprüchen, die das Erlernen von deutscher - inklusive neuer Rechtschreibung -, englischer, französischer und lateinischer Grammatik erleichtern sollen, danach präsentiert er Eselsbrücken zu Naturwissenschaften und Geschichtsdaten. Am Ende gibt er "Tipps für eigene Schnellmerker-Eselsbrücken" und erläutert Lernstrategien und Gedächtnistraining.

Die aufgeführten Eselsbrücken sind oder waren scheinbar allesamt in Gebrauch, allerdings klingen viele von ihnen sehr merkwürdig. Reime wie
"Am 18.1.1871 hat unverdrossen
Bismarck das Deutsche Reich beschlossen."
sind zwar inhaltlich richtig, aber dadurch, dass die Zahl der Silben in den Versen verschieden ist, wird der Satz arhythmisch, was der Merkfähigkeit eigentlich entgegen wirkt. Bei diesem Beispiel kommt aber noch etwas anderes hinzu: Der Satz hilft in keinster Weise dabei, sich das Datum einzuprägen, dieses muss man wie eine Vokabel immer noch separat lernen, und wofür braucht man dann noch die Eselsbrücke?
Für all das kann der Autor nicht, der hier ja nur bereits existierende Eselsbrücken zusammenträgt. Aber kritische Beleuchtung findet nur selten statt, wird jeder Merksatz als hilfreich dargestellt. Und die Erläuterungen zu den Sprüchen fallen allzu oft zu umfangreich aus. Strixner bemüht sich dabei um einen lockerflockigen Ton, dennoch ist es fraglich, ob eine ausführliche anderthalbseitige Erklärung zur Gründung des deutschen Reiches mit Zitat aus einem Urteil des obersten deutschen Gerichts von 1973 wirklich notwendig ist. Für "Vorsilben für Mengen" werden sogar dreieinhalb Seiten aufgewendet, um neben wirklich fragwürdigen Merksätzen für die Vorsilben "Deka", "Dezi", "Zenti" und andere auch noch zu erläutern, was es mit dem Urkilogramm und dem Internationalen Einheitssystem auf sich hat. Stattdessen hätte ein guter Teil des Buches mit weiteren Eselsbrücken aus anderen Bereichen gefüllt werden können. So berührt es nur Schulfächer und keineswegs alle Lebenslagen, wie der Untertitel verspricht, allerdings werden Schüler etwa über den Satz
"Wer aus einer Summe kürzt
- wird ins Binger Loch gestürzt!"
ebenso verwirrt sein wie der Autor, dem der Zusammenhang des Binger Lochs mit der Bruchrechnung "wohl auf ewig ein Geheimnis bleiben" wird. Was das Binger Loch ist, lässt sich bei Wikipedia oder besser noch im Lexikon nachschlagen, den Zusammenhang zur Bruchrechnung kann man sich dann eigentlich sehr leicht zusammenreimen. Dennoch scheint eine Eselsbrücke wenig sinnvoll, wenn man sich über eigentlich völlig unwichtige Elemente darin zusätzliche Gedanken machen müsste.
Kurz gesagt, es handelt sich bei dem Buch um eine schlichte Zusammenführung verschiedenster Merksätze, deren mnemotechnische Kompetenzen selten angezweifelt werden. Einige davon sind nützlich, andere würde man sich heutzutage gar nicht merken wollen, weil der Satzbau ganz furchtbar unter der Notwendigkeit eines Paarreimes leidet. Das führt denn zu der klügsten Aussage dieses Buches im letzten Kapitel. Da heißt es, man könne sich grundsätzlich jene Eselsbrücken am besten merken, die man sich selber zusammengebastelt hat. In diesem Zusammenhang ist das vorliegende Buch vielleicht eine gute Hilfestellung und Inspirationsquelle, aber daraus allein ergibt sich nicht die Notwendigkeit, es sich anzuschaffen. Die Hilfestellungen zur Konstruktion einer eigenen Eselsbrücke sind überdies leider nicht sonderlich ausführlich, ein wenig mehr Ausführlichkeit hätte dem Kapitel sehr gut getan.
Setzt man sich nun zuhause hin und prägt sich Grammatik ein, oder prägt man sich einen Merksatz ein, in dem die Grammatik enthalten ist? Würden Eselsbrücken nicht ihren Zweck erfüllen, hätten sie nicht die Jahrhunderte überdauert. Aber manche sind halt irgendwann nicht mehr zeitgemäß. Am ehesten vermittelt das Buch, dass viele alte Eselsbrücken den modernen Esel nicht mehr tragen würden. Strixner hätte sich besser an seinen Hinweis im letzten Kapitel gehalten und eigene Brücken gebaut.

Stefan Knopp



Hardcover | Erschienen: 1. Januar 2007 | ISBN: 9783811229440 | Preis: 5 Euro | 160 Seiten | Sprache: Deutsch

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