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 Irrsinn

Autoren: Dean R. Koontz
Übersetzer: Bernhard Kleinschmidt
Verlag: Heyne

Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung


Eigentlich ist Billy Wiles nur ein ganz normaler Barkeeper, und dazu noch einer von der stillen Sorte. Seit seine Verlobte vor vier Jahren ins Koma fiel, hat er kaum noch Interessen. Um die Zeit totzuschlagen, widmet er sich der Renovierung seines Häuschens, und das war es auch schon. Billy ist sich bewusst, dass er immer kurz davor ist, die Grenze zwischen bloßem Hang zum Alleinsein und tiefer Einsamkeit zu überschreiten. Doch dann geschieht etwas, das Billys ereignisloses Leben von einem auf den anderen Moment in eine rasende, wahnsinnige Achterbahnfahrt verwandelt: Unter dem Scheibenwischer seines Autos findet er einen Zettel, der ihn vor eine gnadenlose Wahl stellt - geht er mit dem Zettel zur Polizei, so stirbt eine ältere Frau, die sich sozial engagiert. Geht er nicht zur Polizei, so soll eine hübsche junge Lehrerin sterben. Billy hat sechs Stunden Zeit für seine Entscheidung - und das ist nicht die erste moralische Zwickmühle, in die ein scheinbar vollkommen wahnsinniger Killer ihn bringt. Weitere Zettel folgen, und Billy wird Schritt für Schritt hineingezogen in einen Abgrund. Sein Leben wird Teil einer perversen Inszenierung, in der jeder Schritt weitere schreckliche Dinge nach sich zieht. Was soll er nur tun?

Nach dem enttäuschenden "Todesregen", das vor peinlichen Phrasen nur so strotzte und wie ein alter Schubladenroman wirkte, hat Dean Koontz mit "Irrsinn" wieder einmal einen Roman geschrieben, in dem er seine Stärke ausspielt: nämlich den Leser zu unterhalten, ihn gnadenlos bei der Stange zu halten, bis die letzte Seite umgeblättert ist und man endlich aufatmen darf. Wie Billy, der arme Protagonist dieses Buches, wird auch der Leser in einen rasenden Strudel der Ereignisse hineingezogen. Der Originaltitel "Velocity" (Geschwindigkeit) trifft die Sache wie so oft viel besser als der deutsche Titel.
Billy merkt schnell, dass die Passivität, die sein Leben bislang bestimmte, ihn nun nicht mehr weiterbringt. Er muss sich entscheiden, und das schnell. Er muss Initiative ergreifen - und das tut er, und zwar so gründlich, dass man sich als Leser bisweilen fragt, ob alle durchschnittlichen Barkeeper mit solch kalter Entschlossenheit zu Werke gehen. Das Schema ist natürlich nicht neu: Harmlose Person möchte eigentlich nur in Ruhe ihr Leben leben, wird aber durch einen Wahnsinnigen gezwungen, über sich hinaus zu wachsen und sich zu wehren. Ob das realistisch ist, sei einmal dahingestellt, hoch spannend und rasant liest es sich allemal! Und natürlich stellt man sich bei der Lektüre permanent die Frage, welche Wahl man treffen würde, bekäme man Zettel wie Billy - und müsste moralische Verantwortung für einen Mord übernehmen, perfiderweise ganz egal, wie man sich entscheidet. Ein bisschen auf der Strecke bleiben in doppeltem Sinne die Mordopfer in diesem Roman. Sie bleiben teilweise sehr gesichtslos, werden kühl abgehandelt und kaum betrauert oder bedauert, was ein ungutes Gefühl hinterlässt, so als seien sie bloß blutiges Beiwerk.

Dankenswerterweise hat Koontz in diesem Roman auf die schwülstige Bildersprache verzichtet, mit der er den Leser in "Todesregen" nahezu in den Wahnsinn trieb. Auch der Humor, der in seinem Roman "Trauma" manchmal zu viel des Guten war, fehlt hier zum Glück. "Irrsinn" ist geradlinig, sehr brutal und dient vor allem der Unterhaltung. Das Ende ist ziemlich abgedreht, ergibt aber rückblickend Sinn, so dass man mit einem zufriedenen Gefühl die letzten Seiten dieses Romans lesen kann.

Fazit: Keine allzu anspruchsvolle Literatur, aber das erwartet man bei Dean Koontz ja auch nicht unbedingt. "Irrsinn" ist eine runde Sache - spannend, schnell, brutal und furchteinflößend!

Christina Liebeck



Taschenbuch | Erschienen: 01. November 2007 | ISBN: 9783453020351 | Originaltitel: Velocity | Preis: 8,95 Euro | 420 Seiten | Sprache: Deutsch

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