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 Die Spur ins Schattenland


Cover
Gesamt +++--
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Gefühl
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Ton


Charlie und Max sind unzertrennlich, bis Max eines Tages bei einem gemeinsamen Ausflug in einem Mühlteich ertrinkt. Charlie ist sich ganz sicher, dass ihr bester Freund nicht einfach so verunglückt ist - ganz deutlich hat sie im Wasser seltsame Frauen gesehen, die Max in die Tiefe zogen und die wie aus einer anderen Welt stammten. Als Charlie ins Wasser sprang, um Max zu retten, wurde auch sie von den geheimnisvollen Frauen in die Tiefe gezogen und konnte sich in letzter Sekunde befreien.
Von dieser Version der Geschichte weicht Charlie aber schnell ab, als ihre Mutter ihr keinen Glauben schenkt. Das Mädchen wird fortan wie ein rohes Ei behandelt, besucht einen Psychologen und ist von der Schule freigestellt. Alle sind sich einig, dass Charlie den Tod von Max noch nicht verwunden hat und dass sie einfach Zeit braucht, um die Wahrheit zu akzeptieren. Nur Charlies älterer Bruder James macht sich ernsthafte Sorgen um sie, denn sie zieht sich immer mehr in sich zurück. In seltsamen Träumen landet Charlie Nacht für Nacht in einer Traumwelt, in der sie Max nahe zu sein glaubt. Sie möchte seine Spur ins Schattenland - das Land, in das er durch den Mühlteich gelangt ist - verfolgen. Bald sind die Suche nach Max und dem Schattenland das einzige, was Charlie noch interessiert. Nur James begreift, in was für einer Gefahr sie schwebt ...

"Die Spur ins Schattenland" schrieb der Autor Jonathan Stroud, der vor allem durch seine Jugendbuchtrilogie um den Dschinn Bartimäus berühmt wurde, bereits im Jahr 2001. Erst Ende 2007 erschien der Roman auf Deutsch. 2008 brachte das Random House Audio-Label "Audionauten" nun auch eine leicht gekürzte Hörbuchfassung heraus, gelesen von Gerd Köster.

"Die Spur ins Schattenland" ist ein psychologisches Verwirrspiel, bei dem Stroud stets offen lässt, ob nun Charlies Version der Ereignisse - das Schattenland, die seltsamen Frauen, die Max nach unten zogen - der Wirklichkeit entspricht, oder ob sie einfach traumatisiert ist und sich alles nur einbildet. Diese Ungewissheit hält bis zum sehr offen gehaltenen Ende an.
Abwechselnd lässt Stroud Charlie und ihren großen Bruder James zu Wort kommen. Irritierend ist hier, dass die Lesung allein von Gerd Köster bestritten wird, obwohl die Hauptfigur ein Mädchen ist. Eine weibliche Stimme wäre hier weitaus passender gewesen. Da Charlie und James beide aus der Ich-Perspektive berichten, braucht man als Hörer manchmal einige Sekunden, um zu begreifen, wer gerade spricht.

Insgesamt ist Strouds Roman aufgrund der Thematik von Tod und den damit einhergehenden Traumata nur für ältere Kinder und Jugendliche geeignet, Jüngere dürften das Meiste nicht verstehen. Die Erzählung ist bewegend und psychologisch klug, zumal Stroud teilweise verstörende Fantasyelemente einflicht, das meiste aber vage und offen lässt. Der Schwachpunkt dieser Geschichte liegt aber auch in dieser sehr offenen, vagen Umsetzung. Es passiert generell sehr, sehr wenig, was die Handlung vorantreiben könnte. Sowohl Charlie in der Realität als auch Charlie in ihrer Traumwelt erleben kaum etwas. Die fantasyartigen Elemente sind derart rar gesät, dass eigentlich fast gar keine Spannung aufkommt.

Die Lesung ist mit 265 Minuten auf vier CDs verhältnismäßig lang, und Gerd Köster unterstreicht diesen Eindruck durch seine sehr ruhige, bedächtige Lesung auch noch. Zwar liest er prinzipiell gut und mit Gefühl, aber auch nicht aufsehenerregend oder besonders akzentuiert. Ab der dritten CD schleicht sich dann auch eine gewisse Ungeduld beim Hörer ein, denn es geht kaum vorwärts, man möchte endlich wissen, woran man nun ist! Doch das Ende ist offen, es gibt keine Erklärung für das Geschehene. Das ist zwar anspruchsvoll und lädt zum Denken ein, ist aber auch sehr unbefriedigend.

Eine sehr ruhige und bedächtig erzählte Geschichte zu einem ernsten Thema, ein Grenzgang zwischen Traum und Realität. Fans der Bartimäus-Trilogie von Jonathan Stroud sollten hier keine Fantasyerzählung erwarten. Für ältere Kinder ab elf Jahren und für Jugendliche, die sich auch für die Themen Tod und Trauer interessieren, sicher interessant - aber dennoch verlangt das schön aufgemachte Hörbuch einiges an Geduld ab.

Christina Liebeck



CD | CD-Anzahl: 4 | Erschienen: 01. Januar 2008 | FSK: 11 | ISBN: 9783866048249 | Laufzeit: 265 Minuten | Originaltitel: The Leap | Preis: 19,95 Euro

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