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 Am Ende kommen Touristen


Cover
Gesamt ++++-
Action
Anspruch
Aufmachung
Bildqualität
Brutalität
Extras
Gefühl
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Ton


Filme über die nationalsozialistische Vergangenheit Deutschlands und den Holocaust gibt es viele. Aber kann man auch Filme über die Auswirkungen machen? Über den Alltag heute, abseits vom Grauen der Konzentrationslager? Newcomer Robert Thalheim beantwortet die Fragen mit "Am Ende kommen Touristen".

Darin geht es um den Zivildienstleistenden Sven (Alexander Fehling), der eigentlich in einer Jugendherberge in Amsterdam eine Stelle bekommen wollte, stattdessen aber in Auschwitz landet, um dort Jugendgruppen zu betreuen und ehemaligen Häftlingen im Alter zur Hand zu gehen. Zunächst fällt ihm der Einstieg schwer - er kennt niemanden, und ein wirkliches Interesse an Vergangenheitsbewältigung hat er auch nicht. Auch Svens Arbeit mit dem verschlossenen KZ-Überlebenden Krzeminski (Ryszard Ronczewski) gestaltet sich schwierig. Erst als er die deutsch sprechende Fremdenführerin Ania (Barbara Wysocka) kennenlernt und sich in sie verliebt, bekommt er einen Einblick in das echte Leben in Auschwitz, das heute Oswiecim heißt. Doch wird er sich an diese seltsame Stimmung gewöhnen können, in der manchmal das nicht Gesagte wichtiger erscheint als das Ausgesprochene?

Das ehemalige Konzentrationslager Auschwitz ist ein Ort der Geschichte, an dem der Schrecken der Vergangenheit vielleicht so greifbar ist wie nirgendwo anders. Robert Thalheims "Am Ende kommen Touristen" thematisiert deshalb natürlich die deutsche Geschichte. Jedoch liegt das Augenmerk des Films weniger auf der Frage, wie das ungeheure Verbrechen an der Menschheit hier geschehen konnte, sondern vielmehr darauf, wie sich die Gräueltaten der Vergangenheit auf das Leben in der Gegenwart des 21. Jahrhunderts auswirken. Thalheim porträtiert das Leben in der Nähe dieses Ortes ganz nüchtern, unsentimental und unerwartet alltäglich. Die Touristen kommen und gehen, aber manche Menschen bleiben. So wie Sven, der von Alexander Fehling überzeugend gespielt wird, oder Ania, die Barbara Wysocka mit schüchterner Zurückhaltung und Verletzlichkeit verkörpert. Sie sind Beispiele dafür, wie die Menschen in Oswiecim damit umgehen, was vor nunmehr fast siebzig Jahren dort geschah. Der Film bezieht seine Spannung aus dem Gegensatz von übermächtiger, allgegenwärtiger Geschichte und dem Versuch, trotzdem ein normales Leben zu führen. Die Annäherung der Kulturen bleibt in der neuen Generation, die die NS-Zeit nicht miterlebt hat, dennoch schwierig. Sie läuft behutsam ab, wie die nicht immer reibungslose Beziehung zwischen Sven und Herrn Krzeminski und wie die aufkeimende Liebe von Sven und Ania, die von einer echten Romanze weit entfernt ist. "Am Ende kommen Touristen" ist ein bedächtiger, still beobachteter Film, der gar nicht erst versucht, mehr als eine Momentaufnahme zu sein. Er ist niemals rührselig oder verklärt, immer fesselnd und nur an wenigen Stellen leicht konstruiert. Das Ende kommt abrupt und lässt vieles offen, was dem einen oder anderen Zuschauer nicht sonderlich gefallen wird. Trotzdem passt es zum Gesamtkonzept eines kurzen Einblicks, der nichts lösen, sondern nur Möglichkeiten aufzeigen kann. Insgesamt überzeugt der Film mit einer durchdachten Geschichte, guten Darstellern und einer ruhigen, fast dokumentarisch wirkenden Regie.

Das Bild der "X Edition"-DVD von Warner Home Video ist gut, weist jedoch eine leichte Körnung auf, die vermutlich von den verwendeten Kameras herrührt. Der Ton ist klar und gibt Dialoge und Musik deutlich wieder. Die Extras bestehen aus einem Trailer zum Film, zwei Interviews, entfernten Szenen und einem Kurzfilm. Das ist nicht besonders viel, und auch qualitativ hätte man sich etwas mehr Mühe geben dürfen, gerade bei den abgehackt wirkenden Interviews.

Fazit: Ein anspruchsvoller, bisweilen melancholischer Film über ein fast normales Leben an einem ganz und gar widersprüchlichen Ort, der trotz trauriger Momente nie hoffnungslos wirkt.

Marc Zeller



DVD | Disc-Anzahl: 1 | Erschienen: 01. Februar 2008 | Laufzeit: 82 Minuten | Preis: 18,95 Euro | Untertitel verfügbar in: Deutsch | Verfügbare Sprachen: Deutsch

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