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 Zehn vor Zwölf


Cover
Gesamt +----
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung


Die deutsche Phantastik-Szene hat in den letzten Jahren enorm an Schwung gewonnen, was zum Teil auf das Wechselspiel zwischen den "alten Hasen" und den aufstrebenden Newcomern zurückzuführen ist. Die Leser registrieren, dass es fernab des von angloamerikanischen Bestsellerautoren dominierten Buchmarktes auch Schreiberlinge "im eigenen Land" gibt, die zu lesen es wert sind. Wie alles auf der Welt hat aber auch diese Medaille zwei Seiten oder anders ausgedrückt: Nicht jeder Newcomer ist in der Lage, die Ansprüche der Leserschaft zu befriedigen - so auch Richard Norden nicht.

"Zehn Mal spannende Unterhaltung für alle Freunde der phantastischen Literatur" wirbt Books on Demand im Klappentext der vorliegenden Sammlung - und führt damit eben besagte Fans in die Irre, denn Unterhaltung sucht man hier vergebens. Nordens jüngste Veröffentlichung versammelt zehn Kurzgeschichten, die zwar im Umfang variieren, nicht jedoch in ihrem Grundtenor: fehlender Spannungsaufbau und angestaubte Stereotypen. Die Geschichten "Das Dorf der Verlorenen", "Die Jagd" und "Der Fluch" erzählen von Konflikten mit Vampiren oder Werwölfen, während "Der Ring der Unsterblichkeit" sich um die Suche eines elfischen Meisterdiebes nach eben besagtem Ring dreht. Drei weitere Geschichten sind im Horror-Genre anzusiedeln, während sich Norden in "Der Tempel" und "Nachtpatrouille" an der Science Fiction versucht hat. Die Krönung dieser enttäuschenden Storykollektion bildet "Feuertod", eine dreiseitige Geschichte, die jeglicher phantastischen Elemente entbehrt, von Spannung ganz zu schweigen.

Der größte Teil der Geschichten fand seine Erstveröffentlichung in Internetforen wie Drachental.de oder Horrorfantasy.net; lediglich "Der Tempel", "Nachtpatrouille" und "Feuertod" sind für die vorliegende Kollektion neu verfasst worden. Da manches Forum jedoch eingestellt worden ist und die dort veröffentlichten Geschichten sich damit außerhalb der Reichweite von begierigen Lesern befinden, erscheint eine Veröffentlichung in Buchform durchaus nicht abwegig. Leider wird damit ein zusätzliches Gewicht in die Waagschale jener Publikationen geworfen, die ihr Geld einfach nicht wert sind. Der Autor scheitert an dem Versuch, seine Geschichten spannend und ansprechend zu gestalten, vielmehr wirken die Stories lieblos und in aller Eile zu Papier gebracht. Sie greifen auf vielfach abgenutzte Stereotypen und Klischees der Fantasy-, Horror- und SF-Literatur zurück, ohne sie jedoch nahtlos einfügen zu können. Während andere Schriftsteller altbackenen Motiven durchaus neue Perspektiven abzugewinnen und diese mit einer persönlichen Note zu versehen wissen, präsentiert "Zehn vor Zwölf" zehn unreif wirkende Geschichten, welche den erfahrenen Leser in keiner Weise zu beeindrucken wissen. Die Zeichnung der Protagonisten erfolgt über zur Gänze abgenützte Schablonen, Tiefe und ausgearbeitete Hintergründe sucht man vergebens. Die Pointen der Geschichten gehen infolge der fehlenden Spannung unter, die Auflösungen sind vorhersehbar. Nordens Stil ist einfach gehalten, sodass der Leser, der mit jeder weiteren Seite seinem Geld nachweint, schon bald die Achterbahn aus Enttäuschung und Missvergnügen hinter sich hat.

Wer schon in den Genuss mehrerer bei Books on Demand publizierten Bücher gekommen ist, der weiß, dass es sich bei der Existenz eines Lektorats nur um ein Märchen aus tausendundeiner Verlagsgeschichten handeln kann. Die Zahl der Fehler ist in den Bereichen Rechtschreibung, Interpunktion und Layout höher, als dem Leser lieb ist. Der Satz wirkt unprofessionell, wie fünfzig am Computer doppelseitig ausgedruckte Blätter. Auch in der Wahl des Formats wäre eine andere Entscheidung von Vorteil gewesen: Mit einer Größe von 21,8 x 17 x 0,8 Zentimetern wirkt das hundert Seiten umfassende Werk eher wie ein Heft, ein kleineres Format mit einer höheren Seitenzahl würde angenehmer in der Hand liegen und sich besser im Regal machen. Das Cover ist unscheinbar und weist nicht den geringsten Bezug zu einer der Geschichten oder dem Werk als Ganzes auf. Auch die zweiseitige Leseprobe zu Nordens neuem Roman "Nimrod - Im Schatten der Zehn" kann am Gesamtbild der Sammlung nichts zum Positiven hin ändern.

Letzten Endes stellt sich "Zehn vor Zwölf" als belletristische Bruchlandung par excellence heraus. Richard Norden vereint grob gezeichnete Charaktere nach dem stereotypischen Schwarz-Weiß-Schema mit ideenlosen Handlungsgerüsten zu einer Sammlung gänzlich unspektakulärer Kurzgeschichten, in welchen die Langeweile zu Hause ist und die den Preis von 7,90 Euro in keiner Weise rechtfertigen.

Michael Höfel



Taschenbuch | Erschienen: 01. November 2007 | ISBN: 9783837005400 | Preis: 7,90 Euro | 100 Seiten | Sprache: Deutsch

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