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 Wer mit dem Teufel tanzt

Autoren: Bernd Schumacher
Verlag: KBV

Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung


Der Verlag KBV hat sich auf spannende Regionalkrimis spezialisiert. Eines dieser Bücher war http://www.media-mania.de/index.php?action=rezi&p=5&id=4587" target="_blank">"Februarblut", dessen Nachfolger jetzt mit "Wer mit dem Teufel tanzt" erhältlich ist.

Im politisch sowie wettermäßig heißen Sommer 1969 scheint die Jugend des Örtchens Rheinbach komplett der Musik verfallen zu sein. Sie treffen sich abends, musizieren zusammen oder hören die Musik ihrer Idole. Einer dieser Abende wird der jungen Ursula zum Verhängnis: Auf dem Heimweg wird sie von einem Unbekannten verfolgt und ermordet.
Kommissar Seibold beginnt sofort zu ermitteln, auch wenn er dies eigentlich gar nicht dürfte, ist das Opfer doch eine entfernte Verwandte von ihm und zudem die beste Freundin seiner sechzehnjährigen Tochter.
Der Hass der Öffentlichkeit richtet sich schnell gegen einen entflohenen Häftling aus der nahe gelegenen Haftanstalt, der praktischerweise wegen Morden an Frauen verurteilt ist und kurz nach seinem Ausbruch versuchte, eine Frau zu überfallen. Doch Kommissar Seibold glaubt nicht an diesen Zufall und ermittelt weiter. Hat möglicherweise die lokale Band "The Troops" etwas mit dem Mord zu tun? Wie sieht es mit einer Verbindung zum Lied "Sympathy for the Devil" der Rolling Stones aus, das die Jugendlichen als ihre eigene Hymne entdeckt haben und das sich wie ein roter Faden durch die Handlung zieht? Als weitere Morde geschehen, gerät die Polizei zunehmend unter Druck, doch in welchem Umfeld soll sie suchen? Bei den Rockern, bei den Mönchen, bei den Häftlingen, oder ist hier vielleicht doch der Teufel am Werk ? lange tappen der Kommissar und mit ihm die Leser im Dunkeln.

Bernd Schumacher nimmt den Leser mit in eine spannende Zeit: Die Röcke der Mädchen werden immer kürzer, die Musik härter, die älteren Generationen immer hilfloser ob dieser Unmoral. Sehr schön wird der Zwiespalt dargestellt, in dem sich auch Kommissar Seibold als Vater befindet: Soll er seiner Tochter die Mode, die Musik, die Jungs verbieten oder ihr ihre Freiheiten lassen, die ihr so am Herzen liegen? Kann man sein Kind überhaupt schützen, wenn es nicht beschützt werden will? Durch diese Fragen entwickelt sich der Roman nicht nur zu einem normalen Krimi, sondern auch zu einer spannenden Stellungnahme im dauernden Zwist der Generationen.
Spannend ist auch, wie Bernd Schumacher es versteht, immer wieder Passagen aus Sicht des Mörders zu schreiben, ohne zu früh preiszugeben, in welchem Umfeld sich dieser befindet und wer er überhaupt ist. Dadurch bleibt der Leser bei der Stange, fiebert mit, rät mit, verzweifelt gemeinsam mit Seibold, wenn eine weitere Leiche gefunden wird und wird auch von Wut erfüllt, wenn die Ermittlungen wieder in eine Sackgasse führen und man sich wieder hilflos fühlen muss im Angesicht der Gewalt.
Die Charakterzeichnung ist äußerst gelungen, alle Handlungen erscheinen nachvollziehbar, sogar die des Mörders, wenn man mal außer Acht lässt, dass sein Tun grausam und falsch ist. Dabei beschränkt sich der Autor nicht darauf, nur den Protagonisten greifbar zu machen, sondern lässt alle auftretenden und handelnden Figuren mehr oder weniger greifbar werden.
Vor allem für Kenner der Gegend wird die Portion Lokalkolorit ein Lesespaß sein - da gibt es den alten Bonbonladen, der Kindheitserinnerungen wecken kann oder aber Schilderungen von verschiedenen Schauplätzen. Am Ende finden sich eine Stellungnahme des Autors zu Fiktion und Realität und eine Empfehlung für einen Spaziergang auf den Spuren des Buches.

Die Auflösung aller Handlungsstränge geschieht allerdings gegen Ende fast ein wenig zu rasch, da wirkt es, als wären dem Autor nicht genug Seiten zugestanden worden, um all seine Ideen so verknüpfen zu können, wie es möglich gewesen wäre. Zum einen gibt es die Handlung um den entflohenen Häftling, die Erklärung seiner Flucht, dann den Strang, der sich der Jugend des Städtchens und ihren Unternehmungen verschrieben hat, die Handlung der Ermittlungen des Kommissars, zum anderen sein Leben als Privatmensch und Familienvater, der Alltag in den kirchlichen Schulen im Ort, die Sorgen und Nöte der Pädagogen und natürlich die Beweggründe des Mörders.
All das ist viel, was da in den letzten Kapiteln zu Ende geführt wird. Dennoch, es ist ein befriedigendes Ende, das den Leser innehalten und nachdenken lässt. Dabei muss man die ausgehenden 60er Jahre nicht selbst erlebt haben, um sich in die Charaktere hinein zu versetzten, immer wieder finden sich Parallelen - in der Rebellion der Jugend gegen ihre Eltern ist wohl jede Generation ähnlich.

Anja Thiemé



Taschenbuch | Erschienen: 1. März 2008 | ISBN: 9783940077257 | Preis: 9,50 Euro | 240 Seiten | Sprache: Deutsch

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