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 The Road of the Dead


Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung


Eine Familie erfährt vom gewaltsamen Tod ihrer Tochter. Mehrere hundert Meilen weg von Zuhause wurde die 19-jährige Rachel vergewaltigt und ermordet, sie hatte eine Freundin im Dartmoor besucht. Bis der Mörder gefunden ist, kann die Leiche nicht freigegeben werden - dabei möchte die Familie ihre Tochter begraben, sie schnellstmöglich nach Hause holen.
Der siebzehnjährige Cole, der älteste Sohn der Familie, macht sich ohne Umschweife auf den Weg nach Lychcombe, um in Erfahrung zu bringen, was mit Rachel passiert ist - und um ihren Mörder zu finden. Begleitet wird er von seinem jüngeren Bruder Ruben, der so ganz anders ist als Cole - empfindsam, sensibel und klug; wo Cole kompromisslos ist und seine Gefühle einfach abschaltet, wenn es nötig ist, fühlt sich der Jüngere oft hin- und hergerissen.
Ruben ist seit jeher empfänglich für visionsartige Bilder, die ihn immer wieder überkommen, und durch die er die Gefühle und Empfindungen anderer Menschen miterlebt. So erfährt er auch von Rachels Tod - in dem Moment, in dem der Mörder zuschlägt, ist er quasi bei ihr und fühlt, was sie fühlt. Diese Bilder sind belastend, führen die beiden aber schnell auf die richtige Spur. Als Cole und Ruben im Dartmoor ankommen, erwartet sie eine Mauer aus Schweigen und Misstrauen, dann Erpressung und Drohungen, schließlich nackte Gewalt.

In "The Road of the Dead" vermischt Autor Kevin Brooks einen packenden Thriller mit ein wenig Milieustudie und einem Hauch Übersinnlichen. Dabei schafft er von der ersten Seite an eine sehr düstere, nüchtere Atmosphäre, die den Leser sofort in Alarmbereitschaft versetzt. Der Schreibstil ist klar und unprätentiös und schlägt einen von der erste Seiten an in seinen Bann. Man ahnt, dass diese Reise ins triste Dartmoor nicht gut gehen kann, dass hinter Rachels Tod mehr steckt. Später werden die beiden Brüder erfahren, dass ihre Schwester auf einer einsamen Straße ums Leben kam, die "The Road of the Dead", die Straße der Toten, genannt wird. Und man ist sich nicht sicher - bewegen sich auch Cole und Ruben auf der Straße der Toten, ebenso wie die zwielichtigen Einwohner des Dorfes? Eins führt unausweichlich zum anderen und endet in einer wahren Orgie der Gewalt, die wie ein düsterer Western anmutet.
Hier ist der Roman ebenso kompromisslos wie teilweise auch erstaunlich wenig moralisch, so wie man es ja bei typischen Jugendbüchern oft erwartet. Doch muss ein Jugendbuch eine klare moralische Empfehlung haben?
Der Autor hat die Gewalt, die hier stattfindet, mehr oder weniger gewertet - die rohe Gewalt der Dorfeinwohner wirkt plump, primitiv und schlecht, während Cole ja nur seine Schwester nach Hause bringen will und anscheinend gar keine andere Wahl hat, dabei zu ebenso drastischen Mitteln zu greifen. Die Sympathie des Lesers haben natürlich die beiden Brüder, die ein Ziel vor Augen haben und die durch ihren Hintergrund - ihr Vater ist Zigeuner und sitzt im Gefängnis - zu den Außenseitern der Gesellschaft gehören. Zudem hat der Autor eine starke emotionale Beziehung der beiden Jungen zueinander mit ins Spiel gebracht; so unterschiedlich die beiden sind, so sehr hängen sie auch aneinander, was sich darin ausdrückt, dass der Ältere den Jüngeren stets beschützen möchte. Der Roman wirkt manchmal ein wenig wie Susan E. Hintons berühmtes Buch "Die Outsider"; Ruben Ford erinnert stellenweise an Ponyboy Curtis.

Wie man als Leser dazu steht, sei einem selbst überlassen - klar ist aber, dass das Buch durch die fehlende plakative Moral, die einfach durch Realismus ersetzt wurde, und durch die sehr exemplarische Brutalität, die locker mit so manchem Erwachsenen-Film mithalten kann, für jüngere Kinder nicht geeignet ist. Wer also eine Erzählung über Moral mit einer Auflösung sucht, die am Ende alles richtig stellt und dem Leser den Weg weist, der ist hier eindeutig falsch.
Ein kaltes, hartes, ungeheuer packend geschriebenes Buch, das eine Suche beschreibt, die unausweichlich zum Rachefeldzug wird, und das den Leser atemlos bis zur letzten Seite zurücklässt. Kraftvoll und brutal - auf jeden Fall empfehlenswert.

Christina Liebeck



Taschenbuch | Erschienen: 01. März 2008 | FSK: 14 | ISBN: 9783423712866 | Originaltitel: The Road of the Dead | Preis: 11,95 Euro | 400 Seiten | Sprache: Deutsch

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