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 Wald ohne Hüter

Im Würgegriff von Jagdinteressen und Forstwirtschaft


Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Bildqualität
Preis - Leistungs - Verhältnis


Peter Wohlleben, von Beruf Förster, berichtet in seinem Buch "Wald ohne Hüter" von den desaströsen Zuständen in den deutschen Wäldern. Einst wurde Deutschland von riesigen Buchenwäldern bedeckt, bevor der Mensch die mächtigen Bäume fällte, um das Holz seinen vielfältigen Verwendungszwecken zuzuführen. Da die Nachfrage aber ungebrochen war und die Buche erhebliche Zeit benötigt, um nachzuwachsen, wurde nach Alternativen geschaut. Das ist ein Grund, weshalb wir in Deutschland riesige Monokulturen mit Fichte und Kiefer haben, die nicht nur kränklich aussehen, sondern es auch häufig sind.

Das Buch gliedert sich in drei Kapitel. Im ersten Abschnitt "Buchenwald und Buchenleben" beschäftig sich Wohlleben mit der "Mutter des Waldes", wie die Buche auch bezeichnet wird. Anschaulich wird dem Leser nicht nur das Heranwachsen eines solchen Baumes erklärt, auch die Erziehung im gesunden Wald und Beziehungen zwischen den einzelnen Pflanzen und Baumindividuen werden erläutert. Dass dabei so manche Theorie ein wenig esoterisch angehaucht erscheint, zum Beispiel die innige Freundschaft oder Liebe zwischen zwei einzelnen Bäumen, und dass die Buchen häufig vermenschlicht werden, verdeutlicht die Verbundenheit des Autors mit seinem Beruf.
In der Darstellung eines Buchenlebens geht Wohlleben systematisch vor und schreibt unter anderem auch über diverse Krankheiten und Parasiten, die dem Baum im Laufe seiner Existenz zusetzen können. Hier wird offensichtlich, dass dem Buch, welches sehr populärwissenschaftlich aufgemacht ist und sich auch, oder gerade, an interessierte Laien wendet, entsprechendes Bildmaterial fehlt. Otto Normalverbraucher beziehungsweise der gewöhnliche Spaziergänger wird sicherlich mit der Beschreibung einer Buchenwollschildlaus wenig anfangen können.
Im zweiten Kapitel, "Jagdlust", wird auf die deutsche Jägerzunft und deren Auswirkungen auf den Wald eingegangen. Der Autor, selbst Jäger, nutzt dieses Buch nicht, um Jäger anzufeinden, sondern schildert seine Sichtweise sehr differenziert. Tatsachen werden hinterfragt und Legenden geschickt widerlegt. Neben dem leidigen Thema der Trophäenjagd wird hier insbesondere auf die sehr einseitige Katalogisierung des Tierreiches in "nützlich" und "schädlich" eingegangen. Äußerst anschaulich ist dabei das Beispiel mit der Waldameise, die unbedingt als nützlich angesehen wird und somit geschützt werden muss. Dass die Waldameise auf ihren Beutezügen aber auch die Raupen gefährdeter und vom Aussterben bedrohter Schmetterlingsarten frisst, wird geflissentlich übersehen.
Im letzten Abschnitt schließlich geht Peter Wohlleben auf die Missstände in der Forstwirtschaft ein und belegt, dass die BRD in Sachen Forstwirtschaft mittlerweile zu einem Entwicklungsland geworden ist. Vor allem die voranschreitende Mechanisierung und Technisierung in der Forstwirtschaft wird von dem Schriftsteller und Förster heftig kritisiert. Dauerhafte Bodenschäden sind die Folge, wenn ein einziges Mal ein Harvester (Vollerntemaschine) den Waldboden befahren hat. Gutgemeinte Ansätze und Strategien, den Wald wieder in seine ursprüngliche Form zu bringen und vermehrt heimische Laubbaumarten, wie eben die Buche, anzusiedeln, schlagen bedauerlicherweise häufig fehl. Doch Wohlleben kritisiert nicht nur, er hat auch Lösungsvorschläge parat und ermutigt jeden einzelnen Bürger die Augen offen zu halten und örtliche Politiker und Forstbeamte auf die schlechten Verhältnisse in deutschen Wäldern aufmerksam zu machen. Leider ist das recht dünne Buch mit knapp 130 Seiten nicht gerade günstig und beinhaltet, wie oben bereits erwähnt, auch keine Fotos oder Abbildungen, welche einige der Behauptungen gut hätten untermauern können.

Der Umschlag des Buches wurde natürlich in einem ansprechenden Grün gestaltet und zeigt einen herbstlich gefärbten Buchenwald sowie einen von Sturmschäden gebeutelten Fichtenbestand. Treffender hätte man die katastrophalen Verhältnisse und die Kluft zwischen Soll- und Ist-Zustand nicht darstellen können.

Peter Wohlleben hat mit "Wald ohne Hüter" ein sehr wichtiges und leicht verständlich geschriebenes Buch verfasst, welches nicht nur dem Laien die Augen öffnet, sondern auch so manchen Forstkollegen zum Nachdenken anregen und zum Handeln ermutigen wird.

Florian Hilleberg



Taschenbuch | Erschienen: 1. Februar 2008 | ISBN: 9783940461018 | Preis: 12,90 Euro | 131 Seiten | Sprache: Deutsch

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