Media-Mania.de

 Call of Duty 4 - Game of the Year

Modern Warfare

Verlag: Activision

Cover
Gesamt +++++
Action
Aufmachung
Bedienung
Bildqualität
Brutalität
Extras
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Strategie
Ton


Der 2. Weltkrieg war gestern - das haben auch die Spieleschmieden so langsam mitbekommen, und statt einer Reise in die Vergangenheit serviert uns Activision nun den Krieg vor der Haustür: Mittlerer Osten, Russland und Ostblock stehen diesmal auf dem Terminkalender des Spielers.

Zur Story: Niemand erwartet von einem Shooter ausgeklügelte Handlungsstränge, einen roten Faden oder gar gute Dialoge - das muss auch nicht sein. Ein netter Handlungsrahmen, der bei der Stange hält und Wiedererkennungswert hat, reicht allemal. Erfreulicherweise hat Call of Duty zwar nicht viel mehr, aber auch nicht viel weniger zu bieten. Es geht zwar im Großen und Ganzen um die üblichen Verdächtigen, sprich Terroristen und Diktatoren, doch das alles wirkt nicht wie dreimal verdaut und wiedergekäut, sondern frisch und knackig.

Eine der ersten Szenen ist denn auch gleich eine der härtesten im ganzen Spiel: Man sieht die Welt aus den Augen von Al-Fulani, Präsident eines Staates im Mittleren Osten. Unsanft wird man von vermummten, bewaffneten Männern in ein Auto befördert und auf die Rückbank gezwungen. Eine gefühlte kleine Ewigkeit (tatsächlich dürften es fünf Minuten sein) fährt das Auto im Konvoi durch eine staubige Wüstenstadt, während der Spieler von der Rücksitzbank seinen Blick frei schweifen lassen darf. Und was man da zu sehen bekommt, ist eine Vorschau auf das Spiel selbst: Gewalt, unzensiert dargestellt und so unschön anzusehen, dass man manchmal einfach nur wegsehen will. Da tauchen zerlumpte Menschen vor einem auf, an eine Wand gepresst, die Hände über den Köpfen verschränkt, hinter ihnen ein Trupp Soldaten. Gewehre werden angelegt, der Konvoi poltert langsam über die holprige Straße an der Szenerie vorbei, und wenn man den Kopf dreht und aus dem Rückfenster blickt, hört man nicht nur, wie das Erschießungskommando seine Arbeit erledigt, sondern sieht auch alles ?
Kinder rennen vor schießwütigen Mobs davon, hechten über Gartenzäune, Zivilisten geraten in Feuergefechte und sterben. Eine ganze Welt voller Gewalt rollt an einem vorbei, und wenn das Auto irgendwann anhält, man aus dem Wagen gezerrt wird und das Letzte, was man sieht, eine Pistole ist, die einem an die Stirn gedrückt wird ? dann schluckt man erst mal und weiß ganz sicher, dass das hier kein Kinderspiel ist.

Dabei ist "Call of Duty: Modern Warfare" keine gewaltverherrlichende Schießorgie für angehende Amokläufer. Es ist brutal, laut, blutig, oft widerwärtig und erschreckend - und damit ganz einfach verdammt nah an dem dran, was Krieg in der Realität ist. Allen Eltern sei gesagt: Das Spiel ist für Kinder gänzlich unverdauliche Kost und sollte besser auch nicht in die Hände Minderjähriger geraten; für Erwachsene bietet die lebensechte, detaillierte Kulisse dieses authentischen Shooters jedoch abwechslungsreiches und rasantes Spielvergnügen.

Zum Warmwerden wird man als Neuling in ein kleines Test-Areal befördert, das mit den grundlegenden Befehlen (Waffe wechseln, Granaten werfen et cetera) und der Steuerung vertraut macht. Das Handling ist einfach, intuitiv und erfordert keine besonderen Shooter-Vorkenntnisse. Das Scharfschützengewehr feuert präzise, verreißt nicht zu stark, und auch das Schießen auf bewegliche Ziele ist schnell erlernt. Das Waffenrepertoire ist insgesamt breit gefächert und gut tauglich für jede Gelegenheit. Spielelemente, bei denen man hin und wieder ein Maschinengewehr auf einem fahrenden Wagen oder in einem Helikopter bemannt, frischen das Ganze auf und sorgen dafür, dass die Levels nicht an Spannung und Kreativität verlieren.

Auch Genre-Einsteiger sollten mit dem nicht allzu hoch angesetzten Schwierigkeitsgrad gut klar kommen, denn die meisten Missionen werden nicht auf eigene Faust bestritten, sondern im Team bewältigt, wobei hier auf die taktische Komponente komplett verzichtet wurde: Man erteilt keine Befehle und muss sich auch nicht um die befreundeten Soldaten kümmern, sondern handelt völlig autark. Dennoch wirkt sich ein solches Team natürlich positiv auf die Spieltiefe aus, wenn man sich hastig in Deckung wirft und gerade noch mitbekommt, wie zwei Kameraden wild feuernd das nächste Haus stürmen.

So authentisch, extrem detailliert und unglaublich lebensnah kommt nur selten ein Shooter daher. "Call of Duty 4" stellt in Sachen Realismus so ziemlich alles in den Schatten, was davor kam. Ob man im weitflächigen Außengelände unterwegs ist oder sich durch verschachtelte Häuser oder Ruinen kämpft, alles klingt wie echt, sieht aus wie echt, fühlt sich an wie echt. Man kriecht durch hüfthohes Gras, die Halme biegen sich sanft, nur ein paar Handbreit entfernt drücken sich die Sohlen der Gegner in den Matsch. Schatten von im Wind gebeugten Bäumen tanzen verspielt auf zerbröckelnden Wänden. Monströse Panzer rollen röhrend vorbei, während man sich tief ins Gras duckt und hofft, von der übermächtigen Feindesschar nicht entdeckt zu werden. Am Horizont taucht die Silhouette eines längst toten Riesenrads auf, während man seinen verwundeten Kameraden durch ein atomar verseuchtes, ruinenhaftes Tschernobyl schleppt.
Beeindruckend: In einer beklemmenden Szene robbt man aus den Trümmern eines abgestürzten Hubschraubers, richtet sich auf und hat noch eine gute Minute Zeit, den schrecklich nahen, schrecklich schönen Atompilz zu bewundern, der den Horizont ausfüllt, während ein radioaktiver Wind durch die zerstörten Straßen weht.

Grafisch ganz klar einer der bisher schönsten Shooter auf der PS3, der eine neue Messlatte setzt, an die es erstmal heranzukommen gilt.

Die Atmosphäre ist so dicht, dass man von Anfang an mittendrin statt nur dabei ist, so intensiv, dass der Herzschlag rast, wenn man auf leisen Sohlen in einem dunklen Haus an Feinde heranschleicht.
Sind manche Missionen zwar eher linear gehalten, so gibt es doch einige, bei denen die weitflächige Umgebung ein gewisses Gefühl von Handlungsfreiheit aufkommen lässt. Die Feuergefechte arten, wenn man nicht gerade mit einem Scharfschützengewehr außer Reichweite hockt, meist in chaotische Schlachten aus, bei denen einem die Kugeln nur so um die Ohren pfeifen. Wer sich verschanzt, wird vom Gegner schnell mit Granaten aus der Deckung getrieben, und auch sonst beweisen die Feinde eine ausgeklügelte künstliche Intelligenz, stürmen oder umrunden gerne mal und sind oft für die eine oder andere Überraschung gut.

Wie auch beim Rest des Spiels wurde beim Sound geklotzt statt gekleckert; die Waffen knattern authentisch und laut, die Feinde schreien, Querschläger schlagen neben einem in der Wand ein, kurzum: Der Sound harmoniert perfekt mit dem Rest des grandiosen Spiels.

Die Kampagne im Einzelspielermodus benötigt, je nach Erfahrungsgrad, zwischen 6 und 12 Stunden und ist somit von der Dauer her eher im unteren Bereich angesiedelt. Nicht ganz so schlimm, denn dieses Spiel wird man vermutlich nicht nur einmal durchzocken.

Per Splitscreen können außerdem bis zu vier menschliche Spieler in verschiedensten Varianten am selben Bildschirm gegeneinander oder miteinander kämpfen.

Herausragend ist bei "Call of Duty: Modern Warfare" nicht zuletzt der Online-Modus, in dem es dutzende von Spielmodi und Landkarten gibt und der durch ein gut ausgetüfteltes Belohnungssystem glänzt: Die eigene Figur startet mit Level 1 und einem begrenzten Zugriff auf Waffen; je mehr man sich verdient macht, desto mehr Waffen und Ausrüstung werden freigespielt.

Fazit:
Kaufen. Für Shooterfreunde ist der Titel sowieso unumgänglich, und Interessierte machen garantiert nichts falsch. Wer sich allerdings mit sehr heftig in Szene gesetzter Gewalt nicht anfreunden kann, sollte die Finger von dem Spiel lassen.

Die "Game of the Year"-Edition des Spiels kommt mit vier zusätzlichen Mehrspieler-Landkarten daher, die aber auch online zu erwerben sind - Besitzer der normalen Version tun deshalb gut daran, die neuen Karten einfach im PSN-Shop zu kaufen. Alle anderen dürfen zwar bei der GotY-Edition zugreifen, müssen aber nicht: Vier zusätzliche Karten rechtfertigen nicht den erhöhten Preis für diese Sonderedition und verpassen dem neu aufgelegten Spiel damit einen leicht schalen Beigeschmack.

Dirk Wonhöfer



DVD | Disc-Anzahl: 1 | Erschienen: 1. April 2008 | FSK: 18 | PS3

Bei Amazon kaufen


Ähnliche Titel
Far Cry 2BioshockAlone in the dark 5 - InfernoLegendaryLegendary