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 Kein Science Fiction


Cover
Gesamt +----
Action
Anspruch
Aufmachung
Bildqualität
Brutalität
Extras
Gefühl
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Ton


Marius ist Leiter eines Motivationsseminars und ein professionelles Arschloch - rücksichtslos, selbstsüchtig und sexistisch. Jörg ist ein Teilnehmer in MariusÂ’ Seminar und das genaue Gegenteil von ihm - schüchtern, unsicher, ohne jedes Selbstbewusstsein. Marius beißt sich in seiner Veranstaltung an Jörg ziemlich die Zähne aus. Als er ihm zeigen möchte, wie man eine Tür mit Schwung und Selbstsicherheit öffnet, landen die beiden auf einmal in einem Paralleluniversum, in dem niemand sie zu kennen scheint. Dort machen die beiden die Entdeckung, dass jede Person sie sofort vergisst, wenn eine Tür hinter ihnen zufällt.
Frei von jeder Verantwortung finden Marius und Jörg so bald schon Spaß an ihrem neuen Leben, in dem das Schließen einer Tür reicht, um alle Erinnerungen an sie zu löschen. Doch da lernt Jörg die nette Anja kennen, an der auch Marius schon bald Interesse zeigt. Dabei ist es gar nicht so leicht, eine Frau für sich zu gewinnen, wenn diese einen nach kurzer Zeit schon wieder vergessen hat.


Immer und immer wieder zeigen Independentfilmer auf der ganzen Welt, dass man mit ganz wenig Geld, einer guten Idee, mit Talent und Durchhaltevermögen tolle Filme machen kann. Und dann kommt ein Film wie "Kein Science Fiction" und zeigt, dass man mit noch weniger Geld, einer netten Idee, ohne Talent aber immerhin mit Durchhaltevermögen auch absoluten Schrott produzieren kann.
Der wahrscheinlich einzige Grund dafür, dass dieser Film einen Verleih gefunden hat, ist der Hauptdarsteller Jan Henrik Stahlberg, der vor einigen Jahren mit dem Überraschungserfolg "Muxmäuschenstill" - einem guten Independentfilm - bekannt wurde. Wahrscheinlich wird er "Kein Science Fiction" für immer als den Tiefpunkt seiner Karriere betrachten müssen.

Der Film scheitert bereits auf seiner basalsten Ebene, der Technik. Ausschließlich mit einer digitalen Handkamera und ohne jede künstliche Beleuchtung gedreht, liegt die Bildqualität noch unter der jedes Dogma 95-Films. Der Unterschied zur Machart der Filme jenes Manifests liegt jedoch darin, dass die nicht vorhandene Ausleuchtung, die wacklige Kamera und die größtenteils haarsträubend schlecht gewählten Perspektiven eindeutig nicht im Konzept der Produktion begründet sind, sondern im Mangel an Finanzen.
Nun gut, eine grottige Kameraführung wäre noch zu verkraften, wenn der Film denn eine schöne Geschichte zu erzählen hätte. Und tatsächlich klingt die Idee ganz witzig, dass sich beide Hauptdarsteller in einem Paralleluniversum wiederfinden, indem sie andauernd vergessen werden. Doch wie das in deutschen Filmen nun mal so ist, konzentriert man sich weniger auf die moralischen oder hintergründigen Fragen, die diesem Konzept zugrunde liegen, sondern beschäftigt sich lieber mit irgendeinem ollen Beziehungsdreieck, das im Laufe der Geschichte aufgelöst werden will. Wird nun der liebe Jörg mit der netten Anja vereint und wird der ruchlose Marius bis zum Ende doch noch geläutert? Oh, die Spannung!
Ehrlich, wer "Kein Science Fiction" länger als 20 Minuten schauen kann, ohne dass sich sein Gehirn vor verzweifelter Langeweile selbst abschaltet, der verdient größten Respekt für seine Standfestigkeit. Denn über die quälenden 115 Minuten hinweg strotzt der Film nur so vor redundanten und unnötigen Szenen, idiotischen Dialogen und einem Vakuum an Handlung. Es scheint fast so, als würde "Kein Science Fiction" selbst aus einem kafkaesken oder LovecraftÂ’schen Terroruniversum stammen.

Regisseur Franz Müller zeigt im Audiokommentar zum Film, dass er durchaus ein technisches Verständnis für das Medium besitzt - mit Talent hat das freilich nichts zu tun, denn davon spürt man während des Films rein gar nichts. Das Drehbuch ist größtenteils improvisiert, die einzelnen Szenen hektisch und unter Zeitdruck gedreht. Die drei Hauptdarsteller sind zwar Profis, aber ihnen wird keine Chance gegeben, den Bildschirm mit Leben oder Chemie zu füllen.
Es ist zwar - wie bei den meisten Independentproduktionen - beeindruckend, dass so ein Film unter dermaßen schlechten Bedingungen überhaupt zustande gekommen ist. Aber wenn man das Ergebnis betrachtet, muss man sich eingestehen, dass die verantwortungsvollste Handlung nicht gewesen wäre, für dieses Projekt zu kämpfen und es auf Biegen und Brechen durchzubringen, sondern es lieber fallen zu lassen und gar nicht zu realisieren als unter diesen Produktionsbedingungen.
So sehnt man sich als Zuschauer letzten Endes nur danach, irgendwo eine Tür zu schließen und "Kein Science Fiction" in irgendein armes Paralleluniversum zu verbannen, auf dass der Film in dieser Welt seligem Vergessen anheim fallen möge.

Julius Kündiger



DVD | Disc-Anzahl: 1 | Erschienen: 01. Juni 2008 | FSK: 12 | Laufzeit: 115 Minuten | Preis: 18 Euro | Untertitel verfügbar in: Deutsch, Englisch | Verfügbare Sprachen: Deutsch

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