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 Die Wüstenkönigin

Der Richter in Angola


Cover
Gesamt +++--
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Spannung
Dies ist nun der zweite Band der Reihe um den Richter aus Paris.

Jacques Ricou wird für seine eigenmächtigen Aktionen von seinen Vorgesetzten degradiert: Er soll eine illegale Rave-Party verhindern und die jugendlichen Raver verhaften. Sein Freund und Kollege Jean Mahon und er observieren den Wohnwagen eines jungen Mannes, in dem später Drogen mit sehr hohem Marktwert gefunden werden. Der Mann wird sofort verhaftet. Doch mit dieser Verhaftung hat Jacques Ricou in ein Wespennest gestochen: Der junge Raver und Drogendealer ist kein Geringerer als der Sohn Alain Lacostes, der einige politische Ämter in Frankreich bekleidet. Unter Anderem ist er der Chef der Sofremi, der Genehmigungsbehörde für Waffenhandel. Und dieser setzt in seiner Position natürlich alles daran, seinen missratenen Sohn Didier zu befreien.
Doch eine Sache, mit der Lacoste nicht gerechnet hat, ist, dass Didier noch einen tiefen Hass auf ihn hat, da er die Mutter ständig betrügt. Didier packt aus und belastet seinen Vater schwer. Da ist auch die Rede von einem geheimen Wandtresor mit Unmengen an Bargeld, von lukrativen Geschäften und einer Verschwörung mit anderen hochrangigen Politikern.
Alain Lacoste und sein Freund und Geschäftspartner Sotto Calvi müssen Hausdurchsuchungen über sich ergehen lassen, bei denen mehr belastendes Material gefunden wird.
Um ihre Haut zu retten, setzt Sotto Calvi Lyse, eine wunderschöne Angolanerin, auf den Untersuchungsrichter an, der für Aufmerksamkeiten von Frauen überaus empfänglich ist. Es kommt, wie es kommen muss: die beiden beginnen eine Affäre. Dabei ist es unklar, was Lyse eigentlich spielt. Ist ihre Hingabe echt oder heuchelt sie nur, um Jacques Ricou dazu zu verleiten, brisante Details über den Verlauf der Ermittlungen preis zu geben? Was hat es mit dem Rätsel um ihre Herkunft auf sich? Wieso fehlt ihr der linke kleine Zeh? All dies sind Fragen, die Jacques Ricou bei Gelegenheit klären will.
Doch momentan hat er dringlichere Sorgen: Sotto Calvi hat sich nach Angola abgesetzt, Didier Lacoste ist unauffindbar und Alain Lacoste scheint unangreifbar zu sein.
Die Ermittlungen ziehen immer größere Kreise, Diamantenhandel, Korruption, Waffenhandel, Bestechung und Öl fügen sich zu einem Labyrinth aus Verbrechen zusammen, in dem sich Ricou und seine Kollegen langsam verlieren.
Um das Verfahren zu retten, reist Ricou nach Angola, um Sotto Calvi zu verhören. Nichts kann ihn zurückhalten, auch nicht das Flehen Lyses, die in ihrer Heimat einen Hinterhalt für den Richter vermutet ?

Dieses Buch hat mir, ehrlich gesagt, Kopfzerbrechen bereitet. Es ist ein sehr gut recherchiertes und packendes Buch, dennoch verliert der Leser leicht den Überblick. Dies geschah in meinem Fall vor allem, weil so viele verschiedene Verbrechen vermischt wurden. Von Bestechung geht es über zu Korruption, zu Mordanschlägen, zu Steuerhinterziehung, zu Verstümmelungen, zum Kampf um Öl, zu Folter, zu Kindersoldaten. Diese Sprünge sind nicht immer logisch aufgebaut, manchmal fragt man sich wirklich, wie man hier noch den Überblick behalten soll. Dabei ist jedes einzelne Thema für sich allein genommen schon ungeheuer interessant und schockierend.
Diese Themen garantieren auch die Spannung, die immer wieder aufkommt, dies vor allem, als Jacques Ricou in Angola ermittelt. Zwischendrin gibt es aber immer wieder Passagen, die ein wenig langatmig wirken. Diese werden aber spätestens in Angola wieder wett gemacht.

Eine Sache, die ich als störend empfand, waren die wechselnden Frauengeschichten des Richters. Eine Liebesgeschichte gehört heutzutage zu einem Roman oder Krimi schon dazu, aber in diesem Fall ist es doch zu viel. Einerseits hat der gute Jacques Ricou eine Freundin auf Martinique, dann wiederum seine Exfreundin, seine Exfrau, und zwischendrin Lyse, die immer mehr in sein Leben und seine Gefühlswelt eingreift. Wenn Wickert sich auf Lyse, die eine wunderbar beschriebene Figur ist und für sich allein schon eine geheimnisvolle Geschichte garantiert, konzentriert hätte, wäre ich begeistert gewesen. So aber bin ich unschlüssig.

Ein Pluspunkt hingegen ist die gut recherchierte Geschichte Angolas. Hier werden nicht nur die bloßen Fakten des Bürgerkriegs mit Leben gefüllt, auch Einflüsse aus den Mythen und Sagen dieses afrikanischen Landes finden ihren Platz in der Handlung.
Auch die sozialen Missstände in Angola führt Ulrich Wickert dem Leser gnadenlos vor Augen.

Der Schutzumschlag ist einer Zeichnung aus Angola, Lyses Heimat, nachempfunden und passt daher sehr schön zum Krimi. Was ebenfalls positiv auffällt ist, dass Ulrich Wickert es anscheinend nicht für nötig hält, mit Lobeshymnen aus diversen Zeitschriften zu prahlen. In Folge dessen findet sich lediglich auf der Rückseite ein Zitat, welches das Buch lobt.

Dieses Buch würde ich für alle empfehlen, die sich schon mit der Reihe um den Richter aus Paris beschäftigt haben (obwohl die Lektüre des ersten Bandes für das Verständnis des zweiten nicht notwendig ist) oder für Leser, die sich für kriminelle Machenschaften in der Politik interessieren.

Anja Thiemé



Hardcover | Erschienen: 1. August 2005 | ISBN: 3455081517 | Preis: 21,00 Euro | 302 Seiten | Sprache: Deutsch

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