Media-Mania.de

Einmal Tartaros und zurück - Zorn der Titanen 3D

[PIC]Sandalenfilme, ursprünglich in der italienischen Filmindustrie beheimatet, werden bei Hollywoods Studio-Bossen derzeit gerne gesehen, bieten sie doch den perfekten Spielplatz für bombastische Schlachten, coole Bluescreen-Orgien und muskelbepackte Helden im Lendenschurz. Negative Kritiken sind für die großen Studios wie Warner Bros. kein Hinderungsgrund, Sequels vom Stapel zu lassen, solange im Box-Office-Bereich alles nach Plan verläuft. Das Remake von "Kampf der Titanen" spricht hier Bände: Von den Kritikern zerrissen, geht der Konflikt zwischen Götter und Menschen mit "Zorn der Titanen" in die zweite Runde.

Zehn Jahre, nachdem er den Kraken besiegt und Hades' finstere Pläne vereitelt hat, führt Halbgott Perseus mit seinem Sohn ein einfaches Leben als Fischer. Doch der Frieden, der seit dem Kampf gegen den Kraken besteht, bröckelt: Der Glaube der Menschen an die Götter lässt nach. Da diese ihre Unsterblichkeit aus den Gebeten der Sterblichen beziehen, nimmt die Kraft der Herren vom Olymp ab – mit fatalen Folgen: Die Götter sind nicht mehr in der Lage, den einst von ihnen die Unterwelt eingekerkerten Titanen Kronos in seinem Gefängnis zu halten. Dieser schmiedet eine Allianz mit Hades und Ares, um Zeus in den Tartaros zu entführen und die Welt zu zerstören. Zusammen mit Königin Andromeda, Poseidons Sohn Agenor und dem im Olymp in Ungnade gefallenen Gott Hephaistos muss Perseus nun in die Unterwelt eindringen, seinen Vater befreien, Kronos besiegen und den Tag retten …

In "Kampf der Titanen" schwang Sam "Perseus" Worthington zwischen zwei Monsterkämpfen lange und ach so bedeutungsschwangere Reden über Schicksal und Liebe und womit sich antike Helden sonst noch so herumschlagen müssen. "Zorn der Titanen" hingegen hält sich nicht mit hohlen Dialogen (sehr wohl aber mit hölzernen) auf und geht gleich zu Beginn in medias res: Erdbeben kündigen bereits in den ersten Filmminuten die drohende Endzeit an, Zeus führt ein kurzes, aber belangloses Gespräch mit seinem sturen halbblütigen Sohn, bevor der Göttervater flugs und mit viel Tamtam in die Unterwelt entführt wird und Hades die Menschheit mit Feuer speienden Chimären beglückt. Damit gibt Regisseur Jonathan Liebesman ("World Invasion: Battle Los Angeles", "Der Fluch von Darkness Fall") den Startschuss für seinen rund 100-minütigen lauten Spektakelmarathon, der sich entlang einer Size-zero-Handlung von Actionszene zu Actionszene, von Monsterkampf zu Monsterkampf hangelt – wobei die Handvoll Story, wie im Vorgänger, lediglich dazu dient, die einzelnen Fights und Bombastmomente zusammenzukitten. Denn eine echte Aussage hat der Film keine zu tätigen, auch wenn dieser augenscheinlich gänzlich anderer Meinung ist, wenn allerorts bedeutungsschwere Phrasen um Freiheit, Familie und Bruderliebe gebrüllt werden, während der Plot von den Drehbuchautoren permanent Logik-Abführmittel verabreicht bekommt. Weshalb blutet Perseus nach einem harmlosen Scharmützel aus allen Wunden, während er nach einem Mortal Kombat mit Ares, der den Helden als Rammbock an mehreren Säulenreihen missbraucht, aufsteht, sich kurz schüttelt und der nächsten Actionszene zuwendet? Wo sind eigentlich die anderen Götter des Olymps (eine Frage, die man sich auch in "Krieg der Götter" gestellt hat)? Und vor allem: Wenn die Kräfte der Götter dadurch schwinden, dass die Menschen langsam Gefallen am Atheismus finden, warum wenden sich diese angesichts der drohenden Apokalypse nicht an die Götter und beten, was das Zeug hält?

Dennoch – und das muss an dieser Stelle betont werden – stampft "Zorn der Titanen" seinen Vorgänger in Grund und Boden. Freilich, an sinnloser Action und hohler Phrasendrescherei steht Liebesmans Affenliebe zum hirnlosen Bombast "Kampf der Titanen" in nichts nach – weshalb auch? Der Zuschauer opfert schließlich seine hart erarbeiteten Euronen auf dem Altar der berechnenden Filmindustrie, weil er Sandalen tragende, muskelbepackte Heroen der Generation "300" und "96 Hours" dabei beobachten will, wie sie sich allerlei mythologisches Ungetier zur Brust nehmen. Die griechische Mythologie bietet schließlich eine Fülle faszinierender Fabelwesen und Kreaturen, die wie für hoch budgetiertes Hochglanz-Blockbusterkino erdacht wirken. Und so sprintet Perseus drehbuchhörig von einem Fight zum nächsten, verkloppt Chimären, Minotauren, Zyklopen – und natürlich Kronos, den magmatischen Titan, der kilometerhoch in den Himmel ragt und ganze Armeen mit einem Wink seiner Lava-Hand von der Landschaft tilgt (Ähnlichkeiten zu Disneys "Herkules" sind gewiss rein zufällig). Die CGI-Elemente wirkten in "Kampf der Titanen" zwar einen Zacken glänzender und teurer, dafür entpuppen sich die Action-Choreografien in "Zorn der Titanen" weitaus glatter. Zwar kränkelt der Film an Liebesmans Vorliebe für Wackelkamera und Stakkato-Schnitte, worunter stellenweise auch der 3D-Effekt leidet. Dennoch wirkt das Endprodukt trotz aller Hektik bei Weitem nicht so kopflos und gehetzt wie das Action-Kuddelmuddel in "Kampf der Titanen", das wie das Resultat eines handfesten Streits im Editing Room wirkt.

Stichwort 3D: Warner setzt auch bei "Zorn der Titanen" auf das modische Zaubermittel der dritten Dimension, spendiert dem Film jedoch erfreulicherweise natives 3D. Der Unterschied zu "Kampf der Titanen" ist deutlich: Wo das Remake mit einer schleißigen Konvertierung zusätzlich belastet worden ist, profitiert das Sequel von einem ordentlichen 3D-Effekt – egal ob im Tartaros, bei den Angriffen der vierarmigen Makhai-Lavawesen oder beim Showdown mit Kronos. Besonders zur Geltung kommt das 3D, wenn Perseus und seine Gefährten durch das sich ständig verändernde Labyrinth der Unterwelt irren ("Das verrückte Labyrinth" lässt grüßen!) und Torbögen mit rasanter Geschwindigkeit über ihre Köpfe hinweg gleiten.

Der Cast ist wie in "Kampf der Titanen" ein zweischneidiges Schwert: Bei Sam Worthington ("Avatar – Aufbruch nach Pandora") ist zwar auch weiterhin jeder Schauspielunterricht verschenkt, er wirkt aber doch eine Spur sympathischer als im Vorgängerfilm. Was vielleicht auch daran liegen mag, dass er seinen Marine-Haarschnitt aus "Kampf der Titanen" gegen eine David-Hasselhoff-Gedächtnis-Haarpracht eingetauscht hat. Toby Kebbell ("Gefährten", "Rock N Rolla") bemüht sich sichtlich, dem nichtsnutzigen und aufschneiderischen Sohn Poseidons Leben einzuhauchen, und Bill Nighy ("Underworld", "Operation Walküre") als schizophrener Hephaistos sorgt für einige Schmunzler. Im Gegenzug setzen Liam Neeson und Ralph Fiennes ihr enttäuschendes Schauspiel aus "Kampf der Titanen" fort; besonders der Sinneswandel, den Hades im Laufe des Films durchmacht, ist alles andere als glaubwürdig. Gemma Arterton ("Ein Quantum Trost") als Halbgöttin Io hat es aus Termingründen nicht ins Sequel geschafft, sodass ihre Figur zu Filmbeginn kurzerhand für tot erklärt wird. Die alten narrativen Tricks sind doch immer noch die besten …

Was ist nun von "Zorn der Titanen" zu halten? Ein erstklassiger Genrefilm ist Regisseur Liebesman bestimmt nicht gelungen, denn die unmotiviert aneinandergereihten Actionszenen sind alsbald wieder vergessen und man wendet sich dem nächsten Blockbuster-Fast-Food aus Hollywood zu. Dennoch unterhält der Film über mehrere Strecken, wenn man mit der richtigen Einstellung ins Kino geht: Wer intelligentes Fantasy-Monumentalkino erwartet, ist so fehl am Platze wie Michael Moore im Wahlkampfteam von George W. Bush. Der Film hat seine Schwächen und das nicht zu knapp. Aber coole Effekte, ordentliche Action und ein gutes Creature Design (mit Ausnahme des Minotaurus, der sah einfach nur grottig aus!) sollen und müssen den Karren herausreißen, und streckenweise funktioniert das recht gut. Das Ergebnis ist brauchbar, – besonders für Genre-Fans –, kann neben dem Vorgängerfilm regelrecht brillieren und legt auch andere Blockbuster der letzten Jahre, die sich an der griechischen Mythologie vergangen haben, auf die Matte – allen voran die völlig missratene "Percy Jackson"-Verfilmung. Und wie diese beglückt uns auch das "Clash of the Titans"-Franchise bald mit einem weiteren Sequel, für das Warner bereits Monate vor dem Kinostart von "Zorn der Titanen" grünes Licht gegeben hat.

Offizielle Website zum Film: http://wrathofthetitans.warnerbros.com/index.html

Kinoplakat: © Warner Bros.

Michael Höfel, 22.04.2012