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Geschichtliche Einordnung der Cautio Criminalis

Obwohl Friedrich von Spee angibt, dass das Manuskript schon lange vorher existiert hat, kann die Cautio Criminalis nicht vor den Jahren 1630/31 fertiggestellt worden sein, da er sich auf Schriften beruft, welche erst 1627 und 1630 erschienen sind. Die Jahre 1630 bis 1632 kennzeichnen den Höhepunkt des Dreißigjährigen Krieges (1618 - 1648), der die Verwüstung und Eroberung Deutschland mit sich brachte. In den Jahren 1630 bis 1635 herrschte der schwedisch-deutsche Krieg, da die Schweden ihr Reich unter dem König Gustav Adolf vergrößern wollten. Viele protestantische Fürsten verbündeten sich mit den Schweden gegen den deutschen Kaiser. Obwohl der schwedische König 1632 in Lützen fiel, kämpften die Schweden weiter und gewannen den Krieg unter Kanzler Axel Oxenstjerna. Durch die weitgreifende Zerstörung und Verwüstung des Deutschen Reiches herrschte im Gedankengut der Deutschen das "memento mori" - lateinisch für "Bedenke den Tod" -, das Leben auf den Tod hin.

Doch zur Entstehung der Cautio Criminalis muss man auch die Geschichte der Hexenverbrennung betrachten. Während im 11. Jahrhundert die Kirche der Auffassung war, es gäbe keine Hexen und die Hexengläubige mit einem Jahr Buße belegte, kam es im 12. Jahrhundert zum Kampf gegen neugegründete Sekten und Orden, welche als Ungläubige gebrandmarkt wurden. Es wurden jedoch nicht nur Ungläubige verfolgt, sondern auch Gläubige, welche nicht mithalfen, die Ungläubigen zu verfolgen. Da der Kampf sowohl von geistlichen, als auch von weltlichen Fürsten geführt wurde, kam es zu einer Vermischung der privaten und geistlichen Interessen und oftmals wurde die Ketzerjagd von Habgier geleitet. Um dem Missbrauch entgegenzuwirken, bekamen die Dominikaner das Amt der Inquisition ketzerischer Schlechtigkeit übertragen. Die geheimen Verfahren bargen jedoch große Gefahren, da sie aus der Öffentlichkeit verschwunden waren und das Inquisitionsgericht sowohl Kläger als auch Richter war. Ungläubige, welche von der Kirchenlehre abgewichen waren, fanden den Tod auf dem Scheiterhaufen. Da diese Art der Prozessführung jedoch ebenfalls zum Missbrauch verleitete, wurde sie 1233 vom Papst verboten. Danach gab es im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation für 250 Jahre keine Inquisitionsverfahren mehr.

In Frankreich jedoch erreichten die Verfahren im 14. Jahrhundert einen neuen Höhepunkt. Zu den durch Folter erzwungenen Aussagen gehörten unter anderem der Dämonensabbat, sexuelle Orgien unter Anleitung des Teufels und der Pakt mit dem Teufel. Dadurch wurde im 15. Jahrhundert die satanistische Weltvorstellung durch Schriftsteller wie Nicolaus Jacquier erweitert. Von nun an stand für die Menschen fest, dass Ketzer und Hexen durch den Teufel dazu gebracht werden konnten, anderen Schaden zuzufügen, wodurch die niedersten Instinkte der Menschen zur Verteidigung geweckt wurden und die Ketzer ein Todesurteil für Schadenszauber zu erwarten hatten.

1484 tritt dann der Dominikanermönch und Inquisitor Heinrich Kramer (auch genannt Heinrich Insistoris) in Erscheinung und erwirkt eine päpstliche Bulle über die Schlechtigkeit der Hexen und zur Legitimierung seiner Hexenverfolgung. Diese päpstliche Bulle, welche auch Hexenbulle genannt wird, stellt er 1487 seinem Werk "Malleus Maleficarum" voran. Dieses Buch ist das wohl schrecklichste Buch seiner Zeit und handelt von der Hexenverfolgung. Es bekam den Beinamen "Hexenhammer". Während Heinrich Kramer in den ersten beiden Teilen seines Buches den Nachweis brachte, dass es Hexen gab, die Existenz der Verbrechen mit Beispielen dem Leser versuchte glaubhaft zu machen und sich vor allem den Fragen des Schadenszaubers zuwandt, unterwies er im dritten Teil des Buches die Richter und Inquisitoren, wie man bei Hexenprozessen vorzugehen hatte und legitimierte Gerüchte und Denunziationen als Indizien. Mit diesem Werk gelang es Heinrich Kramer, nicht mehr den Abfall vom christlichen Glauben, sondern den Schadenszauber in den Mittelpunkt der Ketzerjagd zu stellen.

Das Werk "Malleus Maleficarum" fand bei den Menschen großen Anklang und wirkte für manche Theologen als Erlösung, da damit die Hexenverfolgung legitimiert wurde und großangelegte Hexenverfolgungen organisiert werden konnten. Die Folge davon war ein deutlicher Anstieg der Hexenverfolgung im Deutschen Reich. Wichtige Prediger der verschiedenen Orden und zahlreiche Berater der Fürsten richteten sich nun in ihrer Lehre nach dem "Malleus Maleficarum" und so wurde die Schrift die weitverbreiteste Dämonologie bis in die Mitte des 17. Jahrhunderts hinein. Bekannt ist, dass der "Malleus Maleficarum" bis 1523 bereits 13 Auflagen zählte, was ungefähr 10.000 Büchern entspricht. Trügerisch war bei der Verbreitung auch die päpstliche Bulle und einige Schriften von anerkannten theologischen Instituten, welche dem "Malleus Maleficarum" vorangestellt waren und somit erweckte das Buch den Anschein, als genieße es die Unterstützung des Papstes, des Kaisers und einer angesehenen theologischen Fakultät der Universität Köln. Nach Kramers Tod ebbte die Hexenverfolgung jedoch in weiten Teilen Deutschlands wieder ab. Sie wurde auch, wie Kramer in seiner Schrift empfohlen hatte, an die weltlichen Gerichte übertragen.

Seit Mitte des 16. Jahrhunderts setzte sich die Hexerei als Sonderverbrechen durch. Durch die damalige Verquickung theologischer Anschauungen und weltlicher Macht galt die Bibel als Quelle aller Erkenntnis und letzte Autorität. So beriefen sich die Hexenverfolger auf Exodus, Kap. 22, Vers 18: "Die Zauberer sollst du nicht leben lassen."
Gegen Ende des 16. Jahrhunderts kam dann der Aberglaube an eine Hexensekte auf und sorgte für die Auslösung der Hexenprozesse ab 1590. Der Höhepunkt der Hexenprozesse wurde in der Zeit des Dreißigjährigen Krieges erreicht und vermischte sich mit dem Gedankengut des "memento mori". Man hatte das Bild des Endes der Welt vor Augen und versuchte die Welt von der "ketzerischen Hexensekte" zu reinigen, da man glaubte, damit den göttlichen Willen auszuführen.

Vera Schott