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Cautio Criminalis - 20. Frage: "Was von der Folter oder Peinlichen Fragen zu halten ist. Ob es wahrscheinlich ist, dass sie häufig auch für Unschuldige Gefahren birgt."

Friedrich von Spee stellt die These auf, dass die Folter die Gefahr bringt, dass Unschuldigen ein Verbrechen angelastet wird, welches sie nicht begangen haben und sich das Deutsche Reiche - wie jedes andere Land, in welchem die Folter angewandt wird - mit nichtverübten, trotzdem gestandenen Verbrechen anfüllt. Diese Kernaussage versucht er auf unterschiedliche Art zu begründen. Dabei geht er vor allem auf die Falschaussagen unter Folter ein, welche die Menschen machen, wenn sie die Schmerzen der Folter nicht mehr aushalten und sie den Tod den Schmerzen vorziehen. Dazu bringt er das Beispiel starker Männer an, welche diese Aussage bestätigen und sagt dann, dass es für Frauen, welche als das schwache Geschlecht gelten, noch schwieriger und fast unmöglich sei, den Qualen der Folter standzuhalten. Dadurch besiegt der Schmerz die Wahrheit und die Angeklagte nimmt durch Falschaussagen und die Denunziation Unschuldiger lieber die ewige Verdammnis auf sich, als nochmals oder weiter gefoltert zu werden. Dabei betont er, dass falsche Geständnisse unter der Folter keine Todsünde sind, wenn man von den Schmerzen übermannt wird.

Friedrich von Spee sagt, dass die Folter zu leichtsinnig angewandt wird, da sie auf unzureichende Indizien hin Verwendung findet, wie beispielsweise auf Gerüchte oder Denunziationen. Obwohl Friedrich von Spee sagt, dass die eigentliche Folter schon als zu gefährlich eingestuft werden muss, fordern manche Richter noch stärkere Folter bei dem Verbrechen der Hexerei. Ebenso haben die Verantwortlichen keine Bedenken wegen der Dauer der Folter und missachten die päpstliche Bulle, welche lange Folterungen untersagt. So geschieht es, dass Angeklagte zu Tode gefoltert, entstellt und lebensunfähig gemacht werden. Die Verantwortlichen jedoch sehen dies nicht als Sünde an. Friedrich von Spee kritisiert die Richter, welche behaupten, dass die Angeklagten ohne Folter gestanden hätten, obwohl sie mehrmals gefoltert wurden und die Wahrheit verbergen. Ebenso stellt Friedrich von Spee die Furcht vor der Folter mit der Folter gleich, da der Angeklagte gesagt bekommt, welche unerträglichen Schmerzen ihn auf der Folter erwarten und er feststellt, dass die Folter leicht angewandt wird und seine Widerlegungen der Anschuldigung ihn nicht davor bewahren kann.

Friedrich von Spee vergleicht die Christen mit den Heiden, welche die Christen bekämpft haben und als barbarisch galten. Die Heiden, so sagt er, haben nur nichtswürdige Sklaven gefoltert, deren Schuld schon vorher feststand, die Christen jedoch foltern jeden und bringen jeden Stand in Gefahr. Zusätzlich verstärke der Übermut der Richter und Henker die Gefahr für Falschaussagen, da diese sich nicht an die Gesetze halten, sondern direkt nach Namen von Mitschuldigen fragen und den Angeklagten die Antworten eingeben, um nachher davon zu profitieren, indem sie sagen können, sie hätten die gleichen Aussagen erhalten. Die Cautio Criminalis zeigt zusätzlich auf, dass die Widerrufung eines erfolterten Geständnissen nicht möglich ist, da der Angeklagte dann sofort nochmals gefoltert wird und dann wieder nicht standhalten könne, wenn er schon der ersten Folter nicht standhalten konnte. Zusätzlich macht die mehrfache Folterung die Hoffnung auf Freilassung zunichte, sodass die Angeklagten die Befreiung im Tod suchen und dafür jede Falschaussage auf sich nehmen.

Aus diesen Punkten zieht Friedrich von Spee die Schlussfolgerung, dass nicht genügend Vorsorge getroffen sei und zahlreiche Unschuldige umkommen. (S. 95)

Auch in dieser Frage warnt Friedrich von Spee wieder die Obrigkeit, damit diese aufgrund ihres Seelenheiles auf die Beamten achten, welche sie bei den Hexenprozessen einsetzen und die Prozesse überprüfen, da die Unwissenheit sie nicht schütze. Dies wird an folgender Stellen deutlich: "Zweimal wehe aber den Fürsten, die strenge die Hexen verfolgen möchten und doch nicht sorgfältiger auf ihre Richter acht geben!" (S. 88)

Friedrich von Spee droht den Verantwortlichen mit dem jüngsten Gericht, vor dem sich alle für ihre Taten verantworten müssen und stellt die Glaubhaftigkeit der Schriftsteller in Frage, welche als Fürsprecher der Hexenverfolgung einige Werke verfasst haben. Namentlich nennt er dabei Remigius, Binsfeld und Delrio. Friedrich von Spee behauptet, deren Werke würden sich auf erfolterte Aussagen und Ammenmärchen stützen. Dadurch wird deutlich, dass er diese Werke für nichtig hält. Er bezieht das Verlieren der Glaubhaftigkeit jedoch nur auf sich, indem er sagt: "Aufrichtig gesprochen, ich weiß schon längst nicht mehr, wie viel ich den Autoren [?] überhaupt noch glauben kann." Dadurch schützt er sich wieder selbst, denn ein offener Angriff auf die genannten Autoren würde ihn wahrscheinlich in den Verdacht der Hexerei bringen.
Das Kapitel schließt mit einem berühmt gewordenem Ausspruch. Spee zitiert hier einen nicht genannten Freund, welcher gesagt haben soll, dass man selbst Ordensangehörige, Prälaten, Kanoniker und andere Gelehrte der Hexerei verurteilen könne, indem man die Folter anwendet. (Seite 96) Dieses Zitat zieht die ganze Situation ins Lächerliche und bringt dem Leser das unglaubliche Geschehen der Zeit in einem ironischen Ton näher.

Vera Schott