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 Ich. Bin. Eine. Mörderin.


Cover
Gesamt +++--
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Gefühl
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung


Die PR-Beraterin, Journalistin und freie Dozentin Claudia Cornelsen kann bereits auf eine lange Reihe an Fachpublikationen in den Bereichen Wirtschaft, Management und Geschichte zurückblicken. Mit "Ich. Bin. Eine. Mörderin." betritt die Autorin Neuland, nämlich die Belletristik. Der sperrige Titel fällt sogleich ins Auge und macht neugierig auf die Handlung. Aber kann Terezas Geschichte die Versprechen halten, die die Inhaltsangabe auf dem Schutzumschlag verspricht?

Tereza ist eine Mörderin. Und aus diesem schrecklichen Grund sitzt sie in einer psychiatrischen Anstalt, wo sich Ärzte und Pfleger mit ihr befassen. Denn zum Zeitpunkt der Tat war Tereza noch viel zu jung, um zu begreifen, was sie getan hat. Vierzehn Jahre ist es nun her, dass sie ihren Zwillingsbruder Gideon erschossen hat. Doch Tereza verleugnet die Tat, will, ja kann es nicht gewesen sein. Sie hat ihren Bruder doch geliebt. Die wahre Mörderin ist vielmehr Terezas und Gideons Mutter; sie liebte ihre Kinder nie, also ist sie doch sicher imstande, ihren Sohn zu töten. Tereza war nur das Instrument zur Tat. In Wahrheit hat Medea Gideon umgebracht, die mythische Medea, die Terezas Vater Jason erst half, an das Goldene Vlies zu gelangen und ihn dann anflehte, sie von ihrem Vater wegzubringen. Sie muss die Tat begangen haben, wenngleich sie alles so geschickt geplant hat, dass kein Verdacht auf sie fallen könnte. Tereza hat schon lange aufgegeben, das den Ärzten zu erklären, sie glauben ihr einfach nicht.
Aber Tereza hat einen Plan. Was schert es sie, dass ihr Arzt, der lieber eine Frau sein möchte, ihr nicht glaubt, und dass sie nie Besuch bekommt. Sie muss nur beweisen, dass Medea die Mörderin ist. Medea, die ihren eigenen Bruder in Stücke hacken ließ, um mit Jason zu entkommen. Medea, die Jason hasste, als der den ihm rechtmäßig zustehenden Thron ablehnte. Oder hat Tereza etwa doch …?

Ein sehr ambitioniertes Romandebüt legt Claudia Cornelsen mit "Ich. Bin. Eine. Mörderin." vor. Sie vereint viele verschiedene Elemente zu einer 351 Seiten umfassenden Mischung aus Drama, psychologischer Studie und einer ganz kleinen Prise Krimi.
Ein besonderes Augenmerk muss auf die verschiedenen Ebenen der Erzählung gerichtet werden. Drei Erzählstränge mutet Cornelsen ihrem Leser zu und liegt damit richtig: Während sich Tereza im Hier und Jetzt der psychiatrischen Anstalt bewegt, wirft sie sowohl einen Blick zurück in die Vergangenheit, erzählt von ihrem Familienleben, ihren Eltern, ihrem Zwillingsbruder, als auch in eine mythische Welt, eine Welt der Sagen und Legenden, in der Medea ihre Mutter ist und Jason hilft, das Goldene Vlies zu beschaffen, damit dieser König werden kann. Diese reizvolle Komposition funktioniert aber leider nur bedingt. Zu unzusammenhängend und verworren werden die Erzählstränge nebeneinander gestellt, ohne einander zu beeinflussen oder überhaupt verknüpft zu werden. Nur selten entdeckt der Leser Passagen, in denen er die mythischen Elemente, Terezas Vergangenheit und ihr Dasein in der Psychiatrie miteinander in Zusammenhang setzen kann.
Die Sprache ist eloquent und dem Geschehen angemessen; der Erzählstrang um Medea liest sich zünftig anspruchsvoll und gediegen, Terezas Dialoge mit ihren Ärzten sind messerscharf und kurz, aber intensiv. Zudem zieht Cornelsen keine abgeschmackten Phrasen und allzu oft gelesene Beschreibungen heran, sondern macht konsequent Nutzen von einer poetischen, markanten Sprache. Das ist die große Stärke dieses Romans, die aus dem bemühten Stückwerk hervorsticht.
Das Ende schließlich ist der Handlung nicht würdig. Völlig überraschend und zudem absolut unvorhersehbar lässt dieses Finale den Leser nicht wirklich befriedigt zurück und verbaut dem Roman eine weitere Chance, zu punkten.

In der Theorie liest sich "Ich. Bin. Eine. Mörderin." wie anspruchsvolle, ambitionierte Kost für Leser, die seichter Unterhaltung nichts abgewinnen können. In der Praxis aber krankt der Roman an zusammenhanglosen Erzählsträngen, die durchaus das Potenzial zu einem sprachlich ganz starken Belletristikbeitrag gehabt hätten. Dennoch darf man gespannt sein auf weitere Romane der Autorin.

Tina Klinkner



Hardcover | Erschienen: 01. September 2008 | ISBN: 9783855350803 | Preis: 19,90 Euro | 351 Seiten | Sprache: Deutsch

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