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 Die Traumjäger


Cover
Gesamt +++--
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Gefühl
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung


Charles Darling, ein Klempner, lebt mit seiner Frau Joan, seinem Sohn Micah und Lyris, Joans Tochter, in einem Haus im mittleren Westen Amerikas. Das Leben der Darlings ist geprägt vom Alltag, und doch - oder gerade deshalb - jagen alle Familienmitglieder ihren Träumen hinterher: Charles träumt unter anderem von einem alten Jagdgewehr, das einst seinem Stiefvater gehörte und das er nun einer Nachbarin abkaufen möchte - doch die möchte das Gewehr nicht hergeben. Joan träumt von alten Zeiten, von der Liebe, von Romantik. Ihre Gefühle Charles gegenüber sind ihr schon lange nicht mehr klar. Lyris, die als Kind von der Mutter weggegeben wurde und nach einer Odyssee durch Pflegefamilien und Waisenhäuser erst mit sechzehn Jahren wieder zurück zur Familie kam, träumt von einem normalen Leben, von Familienbanden, davon, geliebt zu werden. Micah, der erst sieben ist, träumt wie alle Siebenjährigen von der großen Welt, davon, ihre Bedeutung zu entschlüsseln, denn vieles versteht er noch nicht.
"Die Traumjäger" umfasst einen Zeitraum von einem einzigen Wochenende; in wenigen Tagen geschehen Dinge, die das eintönige Leben der Darlings verändern und ihren Träumen entscheidende Wendungen geben.

Als "einer der besten Romane der amerikanischen Gegenwartsliteratur" wurde dieser Roman bereits gelobt; dieses überschwängliche Urteil lässt den Leser aber doch etwas ratlos zurück, zumal Tom Drury als einer der wichtigsten amerikanischen Autoren der Gegenwartsliteratur gilt. Handwerklich unbestritten ein wirklich gutes Buch, inhaltlich jedoch nicht völlig überzeugend. Romane, die den Alltag von ganz normalen amerikanischen Familien beschreiben, gibt es - vorsichtig gesagt - nicht wenige, und bei "Die Traumjäger" wartet man doch unbewusst auf Wendungen, die das Geschehen vorantreiben, auf Ereignisse, die die Charaktere entlarven und sie zwingen, endlich tätig zu werden. Stattdessen plätschert die Handlung jedoch dahin; man möchte fast sagen bedeutungslos. Nicht den großen Knall erwartet man hier - dieser hätte dem Roman und seiner ruhigen Art auch nicht gut zu Gesicht gestanden -, aber doch endlich Handlung, ein gewisses Maß an Dramatik.

Die Wendepunkte, die die Geschichte letztendlich vorantreiben sollen - und zwar erst sehr spät, nahezu auf den letzten Seiten -, wirken aber eher bedeutungslos und müde, wie die Darlings selbst, sie können den Leser nicht von ihrer Dringlichkeit überzeugen, sind zu wenig ironisch. Die Entfremdung der einzelnen Familienmitglieder voneinander spricht zwar aus der Handlung, ist aber ebenfalls sehr alltäglich, so dass man sich als Leser bald fragt, was einem diese Familie sagen möchte, sie bedeutet uns nicht viel.
Joan beginnt schließlich eine Affäre mit einem anderen Mann, löst sich von der Familie und ihrem eingefahrenen Leben, und doch wirkt dieser Schritt etwas lahm, so wie Drury ihn beschreibt, nicht einschneidend genug. Ein Spiegelbild der Realität zu erzeugen, ist eine schwierige Leistung, und Drury hat diese durchaus gemeistert, doch die Familie Darling ist ihm gar zu alltäglich geraten, so dass man Anhaltspunkte sucht, sich zu identifizieren, sie aber kaum findet.

Ein stilles Buch, handwerklich gut, im Endeffekt aber doch unbefriedigend, weil es insgesamt auch mit gutem Willen beim Lesen zu einfach, zu unspektakulär geraten ist.

Christina Liebeck



Hardcover | Erschienen: 01. August 2008 | ISBN: 9783608936070 | Originaltitel: Hunts in Dreams | Preis: 19,90 Euro | 255 Seiten | Sprache: Deutsch

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