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 Das Jesustuch


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Im Jahre 1270 ruft Ludwig IX. zum siebten Kreuzzug auf. Viele junge Männer greifen zu den Waffen, um gemeinsam mit ihrem König die heiligen christlichen Stätten aus der Hand der Ungläubigen zu befreien. Auch der Adelige Jean-Pierre lässt sich von der Begeisterung anstecken und beschließt als Wiedergutmachung seiner persönlichen Verfehlungen sein Leben in den Dienst dieser heiligen Sache zu stellen. Gegen den Widerstand seiner Familie, die im letzten Feldzug schon einen Sohn verloren hat schließt er sich dem Kreuzzug an. Doch die Fahrt nach Tunis, das die erste Station des Heeres darstellen soll, ist weitaus gefährlicher als angenommen.

Durch einen Sturm von der restlichen Flotte getrennt ist das Schiff, auf dem Jean-Pierre reist, ein leichtes Opfer für sarazenische Piraten. Nach kurzem Kampf wird die französische Besatzung gefangen genommen. Durch die Geiselnahme des französischen Ritters erhofft sich der Emir friedliche Verhandlungen mit der Kreuzfahrerflotte, die inzwischen in Tunis gelandet ist. Jean-Pierre wird im Palast des Emirs mehr als ein Gast denn ein Gefangener behandelt und sobald er von seinen Wunden genesen ist, beginnt er die Gebäude zu erkunden und findet bald in Prinz Khalid einen würdigen Diskussionspartner. Gemeinsam plaudern die beiden jungen Männer über die Unterschiede ihrer Religionen und so manches Vorurteil, das Jean-Pierre den Muslimen gegenüber hatte muss er ablegen, da ihm der Prinz und auch dessen Glaube bald in einem gänzlich neuen Licht erscheint. Durch ihre Freundschaft erkennt er, dass der Islam in einigen Dingen beträchtlich vom Christentum abweicht, doch seine Anhänger glauben ebenso wie auch Jean-Pierre an einen Gott, der sich Frieden für seine Gläubigen wünscht.

Die Verhandlungen zwischen der Kreuzfahrerflotte und dem Emir stehen jedoch unter keinem so günstigen Stern. Zwar willigen beide Parteien in einen offenen religiösen Disput ein, dieser muss jedoch sehr rasch abgebrochen werden, als Beschimpfungen die ruhige Diskussion ablösen. Dennoch gelingt es dem Emir durch einen Friedensvertrag und beträchtliche Tributzahlungen Kampfhandlungen zu verhindern. Die Wartezeit hat das Kreuzfahrerheer durch Hunger und Krankheit geschwächt und so beschließt man wieder zurück in die Heimat zu fahren.

Jean-Pierre jedoch entscheidet sich dafür gemeinsam mit dem Rabbi Nathanael, einem Freund Prinz Khalids, nach Jerusalem zu ziehen und die heiligen Stätten zu besuchen. Auch Nathanael führt mit dem französischen Ritter religiöse Gespräche, die ihm den jüdischen Glauben und sogar Jesus Handeln selbst in einem neuen Licht sehen lassen. Jerusalem und die Geschichte des Neuen Testaments erwacht in den Erzählungen des Rabbis zum Leben. Doch allzu bald muss der Ritter feststellen, dass in seiner eigenen Religion keineswegs solche Offenheit herrscht und so wird er als Christ der Ketzerei beschuldigt.

In diesem geschichtlichen Roman wird ein klares und deutliches Bild der Welt des dreizehnten Jahrhunderts gezeichnet. Mit den Augen des jungen Franzosen erlebt man die Religionen des Islams und Judentums neu und erfährt, mit welcher Ignoranz die christliche Kirche gegen sie vorgeht und nicht fähig ist, bestehende Meinungen zu ändern. Doch die Geschichte um den Ritter selbst ist lediglich eine Hülle für eine tiefere Botschaft, die man zwischen den Zeilen liest. Hier wird sehr deutlich eine Toleranz zwischen Religionen gefordert, die sich im Grunde doch recht ähnlich sind. Wie auch Jean-Pierre haben wir selbst oft Angst vor dem Unbekannten, die sich recht rasch verflüchtigt, sobald wir es wagen über den eigenen Tellerrand zu blicken.

Der Leser lernt hier sehr viel über die jüdische und islamische Kultur sowie über die Geschichte deren Städte kennen. Doch wie auch schon in der Novelle "Nathan der Weise", die genau so ein Verständnis der Religionen predigte, liegt hier mehr Bedeutung auf der Botschaft der Geschichte als auf der Geschichte selbst. Wer einen spannenden Kreuzfahrerroman erwartet wird enttäuscht sein, doch wer sich auf die klaren Worte des Romans einlässt, wird hinterher sehr viel mehr über das Land wissen, in dem Jesus wirkte.

Daniela Hanisch



Taschenbuch | Erschienen: 1. Oktober 2005 | ISBN: 3746621224 | Preis: 8,95 Euro | 583 Seiten

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