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 Lieben

Nur tot kann er dich lieben


Cover
Gesamt ++++-
Action
Anspruch
Aufmachung
Bildqualität
Brutalität
Extras
Gefühl
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Ton


Tabus gibt es in der heutigen Medienlandschaft, die immer expliziter mit Gewalt und Sex umgeht, kaum noch. Eines der wenigen noch verbliebenen Tabus nimmt sich Filmhochschulabsolvent Rouven Blankenfeld in seinem Abschlussfilm "Lieben" vor. Darin geht es um einen Serienkiller, der Frauen erst lieben kann, wenn er sie getötet hat. Gelingt Blankenfeld die gefährliche Gratwanderung, die bei dieser schwer zugänglichen Thematik zwangsläufig bevorsteht?

Boris (Karsten Dahlem) geht als einsamer Zeitgenosse seinem Job als Flaschensortierer nach und hilft nebenher ehrenamtlich in einer Sozialstation mit. Niemand ahnt, welch dunkles Geheimnis der unscheinbare Mann verbirgt: Nachts tötet er Frauen, um mit ihnen seine nekrophilen Neigungen auszuleben. Eines Tages jedoch trifft Boris auf die alleinstehende Mariet (Stefanie Mühle), die alle Hebel in Bewegung setzt, um ihre verschwundene Tochter zu finden. Die langsam aufkeimende Freundschaft zwischen den beiden kann nur ins Verderben führen - schließlich hat Boris Mariets Tochter umgebracht …

Einen Film mit so kontroversem Inhalt zu drehen, erfordert einen langen Atem und viel Selbstbewusstsein. Rouven Blankenfeld scheint beides zu haben, sonst hätte er wohl kaum eine Abhandlung über Nekrophilie als Regiedebüt realisieren können. Mit Mitteln der Filmstiftung Nordrhein-Westfalen gedreht, ist "Lieben" alles andere als Schmuddelkram. Vielmehr ist es dem Jungregisseur geglückt, eine tiefschürfende Sozialstudie mit Elementen des Horrorkinos zu verquicken und so ein Serienmörder-Drama zu schaffen, das für reichlich Diskussionsstoff sorgt. Krank werden das die einen nennen. Mutig die anderen. Und wieder andere werden haltlos begeistert sein von der Radikalität, mit der Blankenfeld seinen Erstling inszeniert. Alle Standpunkte haben ihre Berechtigung, denn "Lieben" ist trotz der teilweise merklich überkonstruierten Handlung das glaubwürdige Porträt eines Einzelgängers geworden, der seine abnormen Triebe in einer zusammenhaltlosen Gesellschaft geheim halten kann. Blankenfeld zeichnet seinen Charakter Boris facettenreich und ohne geheuchelte Sympathie. Er lässt die schwer verdaulichen Bilder und die vielschichtige Plotline für sich sprechen und reißt Problemfelder an, ohne sie ausdrücklich zu thematisieren. Im Mittelpunkt stehen keine ausufernd brutalen Schockmomente, sondern ruhig und präzise beobachtete Szenen eines Lebens zwischen Perversion, Einsamkeit und allgegenwärtiger Gleichgültigkeit der Außenstehenden. Die fatalen Zusammenhänge dienen nicht dazu, Boris als Opfer hinzustellen, eher im Gegenteil: Er bleibt Täter, denn selbst als er von Mariet Zuneigung erfährt, kann er diese nicht annehmen und muss zwanghaft weiter morden. In diesem Sinne ist auch das starke, doppeldeutige Ende zu sehen, das dramatisch ausklingen lässt, was provokativ begann.

Die DVD von Epix lässt qualitativ keine Wünsche offen, sowohl Bild als auch Ton sind absolut in Ordnung. Mit Deleted Scenes, einem Kurzfilm, Trailern und einem Audiokommentar ist die Silberscheibe reichhaltig ausgestattet. Besonders empfehlenswert: ein interessantes Gespräch zwischen Rouven Blankenfeld und Jörg Buttgereit, der vor mehr als 20 Jahren mit dem thematisch verwandten "Nekromantik" ähnlich kontroverse Wege beschritt.

Fazit: Kein Film für jedermann, aber ohne Frage ein Independent-Highlight, das die Gemüter erhitzen dürfte.

Marc Zeller



DVD | Disc-Anzahl: 1 | Erschienen: 01. April 2009 | FSK: 18 | Laufzeit: 92 Minuten | Originaltitel: Lieben | Preis: 21,99 Euro | Untertitel verfügbar in: Englisch | Verfügbare Sprachen: Deutsch

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