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 Der nasse Fisch

Serie: Gereon Rath, Band 1
Autoren: Volker Kutscher
Sprecher: Sylvester Groth
Verlag: Argon

Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Gefühl
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Berlin 1929. In der Hauptstadt marschieren die Kommunisten. Sie nutzen die Kundgebungen zum 1. Mai, um – trotz Verbots jeglicher Aufmärsche – für ihre Sache auf die Straße zu gehen. Es kommt zu brutalen Zusammenstößen zwischen Polizei und Demonstranten, viele Unschuldige werden erschossen. Mitten in diesem Chaos ermittelt Kommissar Gereon Rath. Jedoch nicht, wie es sein Wunschtraum ist, bei der Mordkommission, sondern bei der Sitte. Versetzt aus Köln, muss er zunächst einmal im ungeliebten Dezernat E unter Bruno Wolter dienen. Doch der Zufall verhilft dem ehrgeizigen Kommissar zu einer Riesenchance. Er erkennt in einem unbekannten Toten, der der Mordkommission und Hauptkommissar Böhm großes Kopfzerbrechen bereitet, den Mann, der ihn einige Tage zuvor aus dem Bett klingelte, in seine Wohnung stürmte und offensichtlich seinen Vormieter aufsuchen wollte. Die Spur, die dieser Russe namens Boris für ihn bedeutet, führt ihn ins Zentrum des organisierten Verbrechens von Berlin. Der mächtigste und skrupelloseste Unterweltboss scheint daran interessiert zu sein, mit Rath zusammenzuarbeiten. Und je tiefer sich der Kommissar in den Fall verstrickt, umso gefährlicher wird es für ihn selbst. Er muss sogar eine Leiche verschwinden lassen, die unangenehme Fragen heraufbeschwören und seine Karriere bei der Polizei abrupt beenden könnte.
Erst als ihm schwant, wer hinter den grausamen Morden steckt und wie groß die Verschwörung zu sein scheint, begreift Rath, wie nahe er am Abgrund balanciert. Doch wie wird er wieder aus dieser Sache herauskommen und dennoch den Täter überführen?

In seinem vierten Kriminalroman lässt Volker Kutscher die Zeit zwischen dem 28. April und dem 21. Juni des Jahres 1929 auferstehen. Inklusive damaligem Polizeichef, den kommunistischen Unruhen, der Polizeiwillkür während der Mai-Demonstrationen, dem Aufkommen der SA, den erstarkenden Nazis und dem damals pulsierenden Leben in der Großstadt Berlin entsteht das Bild einer Zeit des Umbruchs kurz vor dem Untergang der Weimarer Republik, der Machtergreifung der Nationalsozialisten und dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs.

Kutscher gelingt es nicht nur, diese Zeit lebendig werden zu lassen, er konzipiert auch eine Krimihandlung, die perfekt dort hinein passt und ohne Ecken und Kanten für Hochspannung sorgt. Zu keinem Zeitpunkt wirken die Zutaten gewollt hinzugegeben oder deplatziert. Alles ist aus einem Guss. Vom Kakao (=Kokain) bis zu den versteckten Nachtclubs, von der zerrissenen Polizei, die zwischen Nationalisten, Stahlhelmern, Kommunisten, Politischer Polizei, Presse und Öffentlichkeit kaum mehr ihren eigentlichen Aufgaben nachgehen kann. Und mitten darin ein schwieriger, facettenreicher und nicht in allen Belangen sympathischer Charakter. Dieser Gereon Rath ist brillant ersonnen, eben weil er nicht als reiner Sympathieträger und Held, sondern als ehrgeiziger Einzelkämpfer mit eher dunklen Aspekten einmalig in der Krimilandschaft ist.

Hinzu kommt, dass in diesem Hörbuch mit Sylvester Groth ein äußerst talentierter Sprecher erklingt. Er gibt dem Kommissar ebenso wie den vielen Berlinern (inklusive ihrer „kleinen Sprachfehler“) eine ausdrucksstarke Stimme. Zu Gute kommt dieser Produktion, dass man viele der im Roman erkennbaren Längen herausgefiltert hat. Leider fehlen aber auch sämtliche Anklänge an die schwierige Vergangenheit des Gereon Rath. Nichts erfährt man von den Vorgängen in Köln, die zu seiner Versetzung nach Berlin geführt haben, nichts über Vater, Bruder, Frau oder Freunde. Das ist bedauerlich, lässt sie doch viele Charakterzüge des Kommissars weg, die wichtig für das Verständnis seiner besonderen, eigenbrötlerischen Art der Ermittlung sind.

Dennoch ist dieses Hörbuch sehr gelungen. Es ist spannend, gibt einen wundervoll facettenreichen Einblick in das Berlin der zwanziger und dreißiger Jahre und wartet mit Sylvester Groth als einem Sprecher auf, der den schwierigen Balanceakt zwischen Berliner Slang, Krimi, Zeitgeschichte und persönlichem Drama perfekt meistert.

Die klasse erzählte Kriminalgeschichte, das gelungene Layout der CD-Box, die Qualität der Verpackung und der Aufnahme sowie der äußerst günstige Preis sollten auch der Hörbuchversion – ähnlich dem Buch – zu exzellenten Verkaufszahlen verhelfen. Und dem Hörer hoffentlich zu einer Fortsetzung der Ermittlungsarbeit des Gereon Rath in Berlin.

Stefan Erlemann



CD | CD-Anzahl: 6 | Erschienen: 12. August 2009 | Laufzeit: 438 Minuten | Preis: 12,95 Euro | Sprache: Deutsch

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