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 Kategorie C - Deutsche Hooligans

Regisseure: Franziska Tenner
Verlag: Epix

Cover
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Anspruch
Bildqualität
Brutalität
Preis - Leistungs - Verhältnis
Ton
Von der Polizei werden Fußballfans in drei Gruppen unterteilt. Der so genannten Kategorie A gehören die Fußballfans an, die nicht an Gewalt interessiert sind. In der Kategorie B sind die gewaltbereiten Fans, die im Rausch der Gefühle oder des Alkohols auch mal gewalttätig reagieren. Am bekanntesten ist die Kategorie C, dort spricht man von gewaltsuchenden Fans. Allgemein meint man diese Fans, wenn von Hooligans die Rede ist. Auch wenn sie sich als Fußballfans verstehen, finden ihre Kämpfe wegen der starken Polizei-Präsenz im und um die Fußballstadien immer mehr weit abseits der Stadien statt. Mittlerweile gibt es sogar geplante Schlachten an Tagen ohne Fußballspiel, zum Beispiel im Wald, was dann weit über Fußballkrawalle hinausgeht.

Im Vorfeld der Fußball-WM 2006 in Deutschland kam in der Politik die Forderung auf, gegen die gewaltbereiten Fußball-Fans die Bundeswehr in Stellung zu bringen. Ein augenfällig plumper Versuch, das Grundgesetz durch die Hintertür ändern zu wollen, der die junge Filmemacherin Franziska Tenner dazu veranlasste, eine Dokumentation über deutsche Hooligans zu machen. Die Regisseurin wollte sich diese von der Gesellschaft abgeschriebenen jungen Männer näher anschauen, verstehen, warum sie sich erst gegenseitig die Köpfe einschlagen und dann hinterher ein Bier zusammen trinken. Sie hat sich aus mehreren Gründen die Hooligan-Szene in Leipzig ausgesucht. Leipzig war einer der Austragungsorte der Fußball-WM, die einheimischen Hools waren teilweise von ihr ausgesperrt. Weiterhin gibt es in Leipzig zwei verfeindete Fan-Gruppen, deren Feindschaft regelmäßig mit Gewalt ausgelebt wird. Die Rivalität und die Gewalt zwischen den Fans des FC Sachsen und denen von Lok Leipzig erreichen hier ungewöhnliche Härte.

Franziska Tenner möchte zeigen, was es heute bedeutet der „Kategorie C“ an zu gehören, was die Männer denken und fühlen. Dafür interviewt sie Leipziger Hools und Polizisten, besucht Spiele, zeigt Kämpfe, auch Ausschnitte von selbst gedrehten Videos die Schlägereien im Wald zeigen. Auch beleuchtet sie die Maßnahmen seitens des Staates gegen Hools näher und auch das Vorgehen der Polizisten im direkten Kontakt.

Als Specials enthält die DVD Interviews mit Regisseurin Franziska Tenner und Kameramann Mathias Tschiedel, entfallene Szenen, das Interview mit der Regisseurin als PDF und die Kategorisierung von Fußballfans als PDF.

Vorweg sei eines gesagt: Wer im Thema bewandert ist, wird auf der DVD nichts Neues erfahren, höchstens zur speziellen Situation in Leipzig und auch dazu letztlich wenig. Dem Film fehlt ein klarer roter Faden; er greift mehrere Themen auf einmal auf, geht dabei aber nie befriedigend in die Tiefe. Die Regisseurin wollte anscheinend nicht riskieren, ihre Gesprächspartner zu verärgern, denn viele Fans weigerten sich standhaft, mit dem Film-Team zu reden. Außerdem wurde der Film auch mit staatlichen Mitteln finanziert, ein Umstand, den Tenner im Interview öfter betont. Auch wenn sie das wahrscheinlich anders gemeint hat: Ein kritischere Betrachtungsweise der Polizei gegenüber wäre wohl bei den Geldgebern auf wenig Begeisterung gestoßen …

Bewusst klammert die Regisseurin das Thema Politik aus und begründet dies auch scheinbar sinnvoll: Sie wolle einen Film über Hools machen und nicht über Neo-Nazis und das Thema Hooligans nicht auf Rechtsradikalismus beschränkt sehen. Aber wenn es auch unpolitische oder gar linke Hools gibt, erhält die Nicht-Beachtung des Themas schnell einen schalen Beigeschmack. Stellenweise wird es einfach zu deutlich, wie bemüht bei diesem Thema weggeblickt wird beziehungsweise es fällt auf, dass manche Betrachtung dadurch nicht konsequent genug angegangen werden kann.
Zum Thema Fußball-WM und Gewalt bietet die Spiegel TV-Reportage „Ein Sommermärchen“ einfach viel mehr und zeigt besser die Diskrepanz zwischen offizieller Hofberichterstattung und Realität auf. Die spezielle Situation in Leipzig wird in diesem Film dagegen nur oberflächlich angekratzt, der Hass zwischen den Hools von FC Sachsen und Lok Leipzig nicht befriedigend erklärt.
Das Gespräch mit den beiden Polizisten ist sehr unbefriedigend, es wird noch nicht mal erklärt, welche Aufgabe die beiden eigentlich genau haben. Auch verwundern ihr legeres Äußeres und ihr Auftreten.
In den Extras verstecken sich Szenen aus Bratislava, wo Fans das Film-Team auffordern, das Stadion zu betreten, dort würden wehrlose kniende Fans mit Knüppeln geschlagen. Dass sich das Team nicht reintraut, ist verständlich, aber das man das Thema so völlig missachtet? Überhaupt wird das Vorgehen der Polizei wenig kritisch betrachtet, man kann nicht immer nachvollziehen, warum die Polizei gerade so reagiert wie sie es tut.

Aber gut, das Hauptthema sind Angehörige der Kategorie C und ein paar Gesprächspartner hat die Regisseurin ja auch gefunden. Wirklich profunde oder gar neue Erkenntnisse gewinnt der Zuschauer bei den Gesprächen nicht, außer vielleicht, wenn er sich das erste Mal mit dem Thema Hooligans beschäftigt. Es fällt schwer, mit den Gedanken nicht abzuschweifen, denn oft ist inhaltlicher Leerlauf angesagt. Neben den Interviews gibt es Bilder, zum Beispiel im und um die Stadien, aus dem Boxclub und bei der Meldung bei der Polizei.
Ein weiteres Thema, das kurz angeschnitten wird, ist die Kommerzialisierung des Fußballs. Anlass dafür ist der Besuch einer ausländischen Fan-Mannschaft, mit der ein Freundschaftspiel stattfindet. Bis auf etwas O-Ton von Fans gibt es kaum Auseinandersetzung mit dem Thema.

Insgesamt gesehen ist die Ambition für „Kategorie C“ löblich, die Umsetzung ist es leider nicht. Zu viel wird nur angerissen und eine konsequente inhaltliche Linie fehlt. Eine Produktion wie „Kategorie C“ kann man sich im TV anschauen, aber dafür Geld ausgeben ist unnötig. Auch wenn junge Filmmacher gefördert werden müssen: Das geht besser. Und konsequenter!

Bernd Wachsmann



DVD | Disc-Anzahl: 1 | EAN: 4047879400735 | Erschienen: 23. Oktober 2009 | FSK: 12 | Laufzeit: 85 Minuten | Preis: 17,99 Euro | Sprache: Deutsch

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