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 Eisenhans' Tochter


Cover
Gesamt +++--
Anspruch
Aufmachung
Gefühl
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Sara wächst in der Zeit des Wirtschaftswunders in den 60er Jahren im Saarland auf. Zunächst in ländlicher Idylle und gut geschützt durch die Großfamilie, die von der Großmutter, der Lena-Oma, sowie dem Großvater, der König, wie sie ihn heimlich nennt, angeführt wird.

Meistens ist Sara in ihrer Kindheit auf sich allein gestellt, da ihre Mutter mehr mit sich selbst, ihren unglücklichen Ehen und ihrer Arbeit beschäftigt ist. So kommt es, dass Sara immer wieder bei verschiedenen Tanten wohnen muss, damit die Mutter genügend Zeit zum Geld verdienen hat und ihre eigenen Angelegenheiten regeln kann. In dieser Zeit findet Sara viele neue Freunde, sowohl wirkliche als auch erfundene. Lange sind die Buchstabenschweine, die sie erstmals im ersten Schuljahr besucht haben, ihre Wegbegleiter und stellen allerlei Blödsinn an.

Viele Umzüge führen Sara auch in eine Siedlung, wie sie in dieser Zeit überall in den Industriestädten aus dem Boden gestampft werden. Dort lernt sie Anita und Lilly kennen, die beiden einzigen wirklichen Freundinnen, die sie jemals in ihrem Leben hatte. Das sind die beiden einzigen, die akzeptieren, dass Sara auch öfters in ihre Traumwelt versinkt und dann die Welt um sich herum vergisst.

Schmerzhaft muss Sara auch lernen, dass sich die Welt verändert und aus dem ländlichen Paradies ihrer Kindheit, in ihrer Jugendzeit ein kaltes Neubaugebiet wird. Und ein Brauereigaul, den sie täglich nach der Schule besucht hat, soll durch Autos ersetzt und zum Schlachter geführt werden.

Marion Reichert hat durch die teils sehr exzentrischen Figuren, die sie geschaffen hat, einen Einblick in die Zeit des Wirtschaftswunders gegeben. Einer Zeit, die für viele der Weg zu Reichtum bedeutet, in der aber auch viele Menschen Tag und Nacht arbeiten und trotzdem nur am Rande des Existenzminimums leben. Zwischen der Konfrontation mit alten Nazis, mit Tanten, die nahezu an Religionswahn leiden und dem Erkennen von Inzest in der Kindheit, muss Sara ihren eigenen Weg finden.

Der Autorin ist es gelungen, die Stimmung, die in Deutschland nach dem Wiederaufbau nach dem verlorenen zweiten Weltkrieg und zu Beginn des wirtschaftlichen Aufstiegs der Bundesrepublik Deutschland herrscht, in der Geschichte der kleinen Sara und ihrer Familie darzustellen.

Die Welt zwischen Realität und Wunschdenken – ein modernes Märchen für Erwachsene, das jedoch an manchen Stellen etwas langatmig ist. Dennoch bleibt auch der Humor nicht außen vor. Wenn der Großvater mit Hilfe einer Wasserwaage kontrolliert, ob die Großmutter seine Hemden ordentlich zusammengelegt und gestapelt hat, kann sich der Leser ein Grinsen sicherlich nicht verkneifen.

Besondere Höhepunkte sind jedoch Fehlanzeige. Den einzelnen Handlungen fehlt ein wenig die Unvorhersehbarkeit, so dass alles relativ eintönig wirkt. Während der Inhalt des Buches positiv hervorzuheben ist, bleiben bei der Darstellung, insbesondere durch die fehlende Kurzweil, noch einige Wünsche offen.

Petra Schott



Softcover | Erschienen: 1. August 2009 | ISBN: 978-3936950977 | Preis: 15,90 Euro | 246 Seiten | Sprache: deutsch

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